Fahrradkurrier

588 21 14
                                    

Kürbistumor

Die Ampel sprang auf grün und ich trat in die Pedale, schnell nahm ich wieder Geschwindigkeit auf und ließ die Baustelle hinter mir.
Der eiskalte Wind bließ mir direkt ins Gesicht und selbst durch die Handschuhe hatte ich das Gefühl meine Hände würden erfrieren.
Es war bereits dunkel und die Lichter der Autos rauschten auf der Hauptstraße entlang.
Ich fuhr diese Strecke so oft, dass ich jedes Schlagloch auf dem Fahradweg kannte und sie gekonnt umfuhr.
Vor mir kam die nächste Kreuzung in Sicht, ich beschleunigte noch einmal und schafftes es gerade so über die grüne Ampel.
Die nächste Seitenstraße war auf Grund noch einer Baustelle gesperrt. Ohne lange zu überlegen fuhr ich durch den Spalt zwischen den rot-weißen Aufstellern. Es hatte den Tag über geregnet und große Pfützen hatten sich auf dem unfertigen Weg gebildet.
Unbemerkt verschwand ich wieder von der verlassenen Baustelle und bog in die Straße eines Wohngebiets ein. An einer kleinen Kreuzung zwischen den Häusern standen sich zwei Autos gegenüber und jegliche Vorfahrtsregeln missachtend schüpfte ich an einem der Beiden vorbei.
Mein Weg führte mich weiter über die Autobahnbrücke und als ich den steilen Hang hinunter gerollt war beschleunigte ich so schnell wie ich konnte. Ein schneller Seitenblick auf die vorbeifliegende Kirchenuhr zeigte: Noch fünf Minuten!
Unter allen Umständen müsste ich pünktlich sein, nicht nur weil mein Job sonst Geschichte sein konnte, sondern auch auf mein körperliches Wohl bedacht.
In Rekordgeschwindigkeit brachte ich die lange Staße hinter mich. An der nächsten Kreuzung nahm ich mir nicht die Zeit auf Grün zu warten und in einem passenden Augenblick huschte ich über die vierspurige Fahrbahn und die Staßenbahnschienen.
Lautes Hupen der aprupt bremsenden Autos blieb hinter mir zurück und ich riss den Lenker herum, gerade noch rechzeitig um ein einen beinahe unsichtbaren Stichweg ein zu biegen.
Einige der tiefhängenden Äste schlugen mir ins Gesicht und ich hatte Angst jedem Moment die Turmuhr der Kirche schlagen zu hören.
Ich hätte früher los gemusst, aber das hatte ich auch schon gewusst als ich meinen Schlüssel gesucht hatte.
Ich hatte das Gefühl die Äste hätten einige blutige Kratzer hinterlassen, doch mir blieb nicht die Zeit um die Hände vom Lenker zu nehmen.
Der kleine Weg mündete in eine lange Allee und ich machte mir nicht die Mühe vom Gehweg runter zu fahren. Denn gleichdarauf bog ich in einen dunklen Garagenhof ein. Mein Fahrrad ließ ich an eines der Tor gelehnt zurück und rannte das letzte Stück.
Das große Anwesen lag unmittelbar vor mir und keuchend erreichte ich die verklinkerte Hauswand. Meine Beine waren zittrig und durch meinen abgehackten Atem fühlte sich mein Hals an als hätte ich tagelang nichts getrunken. Für meinen Job fuhr ich jeden Tag eine Menge Fahrrad, doch auch wenn ich dadurch recht fit blieb, war mein Körper so viel geballte Anstrengung nicht gewöhnt.
Ich strich mir einige Stränen aus dem Gesicht und fasste meine langen brauen Haare zu einem losen Zopf zusammen, aus dem sich jedoch sofort wieder Haare lösten.
So leise wie möglich erklom ich die Stufen zur Eingangstür, darauf bedacht mich nicht durch eines der leuchtenden Fenster sehen zu lassen. Egal wie spät ich dran war, ich legte Wert auf unauffälliges Kommen und Gehen.
Ganz leise drehte ich den Schlüssel im Schloss herum und schlüpfte durch die Tür. Ich zuckte erschrocken zusammen als eine unerwartete Person auf einem der Tische in der dunklen Eingangshalle saß. Ich meinte ein leises Kichern zu hören und kurz darauf ging eine gedimmte Lampe an. Mir gegenüber stand ein junger Mann, er grinste mich mit seinen rehbrauen Augen an.
"Bin ich so unheimlich?", wollte er wissen und ich verdrehte die Augen.
"Neu hier?", stellte ich die Gegenfrage. Er nickte "Du musst der sein, der das Geld bringt, lass deine Jacke hier und dann bring den Umschlag ins Büro.", wies er mich an. Er klang sehr bestimmt und würde Wiederspruch kaum gelten lassen, dennoch war er freundlich.
Ich tat was er gesagt hatte und stand kurze Zeit später in dem Imposanten Büro meines Chefs.
"Manuel. Du bist spät heute.", stellte er ruhig fest und sofort entschuldigte ich mich. "Ich weiß, dass das nicht öfter vorkommen wird, ich vertraue dir.", er machte eine Pause und strich seinen schwarzen Anzug glatt.
"Ich weiß du kommst nur zwei mal pro Woche, aber ich hätte für die nächsten drei Wochen tägliche Fahrten für dich. Ein guter Kurierer ist nicht leicht zu finden, also tu mir den Gefallen."
"Natürlich.", antwortete ich und nam einen Zettel mit Adressen entgegen. Zwar hatte er sein Anligen als Bitte formuliert, doch wir wussten Beide, dass er mir auftragen konnte was er wollte. Sollte ihm meine Antwort missfallen könnte ich genau so gut sterben.
"Die Beträge sind höher als sonst, lass dich nicht erwischen. Bis auf die letzte Zahlung lieferst du alles wie immer zu 21 Uhr hier her."
Ich nickte: "Selbstverständlich."
"Patrick wird das Geld in Empfang gehmen."
Damit widmete er sich wieder seinem Schreibtisch und leise verswand ich aus dem Raum.
In der Halle erwartete besagter Patrik mich: "Was wollte er?"
"Er hat wohl einen guten Kunden gefunden. Die nächsten drei Wochen, täglich höhere Beträge.", erklärrte ich kurz und mein Gegenüber zog scharf die Luft ein. "Davon hab ich gehört, sei vorsichtig, die Polizei soll eine Spur haben. Wenn die dich erwischen braucht der Boss nur dir alles zuschieben."
Ich nickte flüchtig und schlüpfte wieder in meine warme Jacke.
"Danke und bis morgen.", verabschiedete ich mich und verschwand dann schnellst möglich.
Das könnte ja was werden.

OneshotzeugWhere stories live. Discover now