#66 Mondlichtfragen

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Etwa eine Stunde später höre ich die Haustür aufgehen, während ich in der Küche stehe und das Abendessen koche. Ich selber habe zwar keinen Appetit, aber meine zwei Schätze ganz bestimmt.

"Hey, mein Engel.", begrüßt Matteo mich und legt seine Arme von hinten um mich. "Hey, wie war das Training?" Ich drehe mich zu ihm um und seine Verwunderung ist ihm ins Gesicht geschrieben. "Gut, wir kommen gut klar mit Jazmín. Aber... Du hast ja so gute Laune. Ist was passiert, gibt es gute Neuigkeiten über deinen Zustand?" Ich schüttele den Kopf. "So schön es auch wäre, aber nein... Wir sind jetzt Tante und Onkel. Onkel Matteo, klingt doch gut, oder?" Er scheint kurz zu überlegen, was ich meine, aber dann breitet sich ebenfalls ein Lächeln auf seinen Lippen aus. "Das Baby von Benicio und Ada ist da?" Ich nickte und er küsst mich. "Tante Luna, das gefällt mir." Ich schmunzele etwas und drehe mich wieder zum Herd. "Was kochst du denn schönes?" Neugierig blickt mein Ehemann über meine Schulter. "Dein Lieblingsessen, mein Schatz. Was macht Lia?", antworte ich und rühre die Tomatensoße in dem Topf um. Die frage erübrigt sich von selber, denn ich höre, wie sie in die Küche tapst. "Mamá!" Schon spüre ich, wie sie sich an mein Bein klammert, und streiche ihr durch ihre Löckchen. "Hallo, meine Maus. Na, hattest du Spaß mit Onkel Nico und Onkel Pedro?" Energisch nickt sie und Matteo nimmt sie auf seinen Arm. "Lia wurde von unseren Freunden fast tot geknuddelt.", lacht er. "Ich finde es schön, dass sie sich alle genauso freuen, dass Lia wieder da ist. Ich liebe sie einfach dafür, dass sie immer für uns da sind.", sage ich. "Ja, sehe ich genauso wie du, Liebling.", meint er und streicht über Lias Wange. "So, mein Wirbelwind, wir gehen jetzt erstmal Hände waschen, denn ich glaube, deine Mamá ist gleich fertig mit Kochen." Damit geht er mit ihr ins Bad und ich decke den Tisch, befülle die Teller und warte dann auf die beiden.


Nach dem Abendessen spielen Matteo und ich mit Lia und ihren Kuscheltieren. Matteo hat sie eine Giraffe in die Hand gedrückt, mir einen Bären und sie selber hat ihr Lieblingskuscheltier, ein Einhorn, in der Hand. Wenn man uns so betrachtet, könnte man denken, wir seien eine glückliche Familie, ohne jegliche Probleme und Sorgen, doch genau das Gegenteil ist der Fall. Und je länger ich hier mit den beiden spiele, desto mehr wird mir klar, dass es immer das letzte Mal sein könnte. Ich könnte jeden Moment umkippen und einfach sterben.

"Waru Mamá einen?", fragt meine Tochter plötzlich. "Was? Mamá weint doch gar nicht.", antworte ich verwirrt und lächle etwas. "Doch, du weinst.", sagt nun auch Matteo und wischt mit seinem Daumen über meine Wange. "Oh... habe ich gar nicht gemerkt.", murmele ich. "Was ist denn los?" Matteo legt die Giraffe neben sich auf den Boden und legt seine Arme um mich. Lia krabbelt zu uns und setzt sich auf meinen Schoß. "Ich habe gerade nur daran gedacht, dass es immer das letzte Mal sein könnte. Das letzte Mal, dass wir hier so zu dritt sitzen. Das letzte Mal, dass wir beide mit der Kleinen spielen." Diesmal spüre ich, wie mir einige Tränen die Wangen herunter laufen, und ich wische sie mit meinem Pulloverärmel weg. "Schatz, so darfst du nicht denken. Es wird alles gut werden, vertrau darauf." Er küsst meine Schläfe. "Ich kann nicht darauf vertrauen! Alle Untersuchungsergebnisse sprechen dagegen, dass ich es schaffen werde! Matteo... wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen."


"Luna, nein... Denk sowas nicht, bitte!" In Matteos Augen glitzern Tränen. "Natürlich wird es ein langer Weg und dein Zustand wird sich nicht von jetzt auf gleich verbessern... Aber du musst kämpfen und optimistisch bleiben... Bitte, Luna... Kämpf für uns, für deine Freunde und deine Familie... Wo ist die Luna hin, die in allem etwas Positives gesehen hat? Die immer ein Lächeln auf den Lippen hat und allen Mut macht? Die nie aufgegeben hat?" Während er das alles sagt, fängt er wirklich an, zu weinen, und ich weine auch. "M-matteo... Das ist alles so schwer für mich! I-ich will ja kämpfen, für euch! Und nur für euch, nicht einmal für mich s-selber!" Er streicht mir über mein Haar. "Du sollst in erster Linie nicht für uns, sondern für dich, kämpfen... Wenn du nicht für dich selber kämpfst, kannst du gar nicht kämpfen..." Ich lehne meinen Kopf gegen Matteos Schulter. "D-du hast ja Recht... I-ich verspreche dir, dass ich bis zum letzten Moment kämpfen werde." "Versprich es nicht mir, versprich es dir selber." Er drückt einen Kuss auf mein Haar und ich nicke. "Dann so.", hauche ich. Wenn ich es wirklich will, kann ich es dann schaffen? Kann ich dann wirklich gesund werden?


"Es ist schon spät, ich bringe dann mal Lia ins Bett.", meint Matteo dann und steht auf. "Okay, ich bin im Wohnzimmer.", sage ich und gebe meiner Tochter noch einen Gute-Nacht-Kuss, dann gehe ich runter und will, wie gerade gesagt, eigentlich ins Wohnzimmer gehen, aber irgendwie zieht es mich gerade in unseren Garten, also schnappe ich mir schnell eine Strickjacke von der Garderobe bei der Haustür und gehe raus.

Draußen weht ein leichter Wind, die Sonne ist schon komplett untergegangen und der Mond leuchtet hell am Himmel, mit ihm die Sterne, sie spiegeln sich in unserem Pool. Ich setze mich auf eine der Sonnenliegen, die neben dem Pool stehen, und blicke einfach in den Himmel. Es ist alles so ruhig, als wäre die ganze Welt gerade friedlich. Als hätte niemand Sorgen, als wäre die Welt glücklich. Aber das ist sie nicht, es gibt überall Leid und Trauer, Menschen, die im Krieg leben müssen, oder Menschen, die genauso krank sind wie ich.

Ich spüre, wie meine Augenlider immer schwerer werden, also lege ich mich auf die Liege, blicke aber weiter in den Himmel.

Gibt es vielleicht noch anderes Leben, als dieses hier auf der Erde? Wenn ja, sind diese Kreaturen dann glücklich? Oder müssen sie auch leiden? Können sie auch an Leukämie erkranken, so wie ich es bin? Wie lange leben sie dann überhaupt? Und wissen sie dann, dass es uns Menschen hier auf der Erde gibt?


Und mit diesen ganzen Fragen in meinem Kopf fallen mir meine Augen zu und ich schlafe ein...



Zur Zeit sind die Kapitel eher so Lückenfüller... Aber bald wird's wieder spannender! Das Finale steht nämlich vor der Tür... Was passiert da wohl und hat dies dann sogar irgendwelche Folgen? Ihr könnt mir ja mal in die Kommis schreiben, was so eure Vermutungen sind, was passieren könnte ^^


Lutteo - Alles perfekt, oder doch nicht?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt