Kapitel 22 "Die Wahrheit ist.."

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"Klar kannst du reinkommen!", maulte ich meinen Oberarzt an und schlug die Tür krachend  ins Schloss. Benjamin achtete gar nicht auf mich, sondern ging einfach in mein Zimmer durch. Simon stand in der Küchentür und wollte etwas sagen, doch ich hob eine Hand und schüttelte den Kopf. Missmutig und schon wieder ein wenig geladen, ging ich ebenfalls in mein Zimmer und fand den Blonden an meinem Fenster stehend vor. "Was willst du hier?!", fauchte ich, als ich meine Zimmertür hinter mir schloss. Er drehte sich zu mir um und sah mir in die Augen. "Ich will  mit dir reden." Ich ließ mich auf meinen Sitzsack nieder und schaute ihn herausfordernd an. "Was genau willst du mir den nun wieder erzählen? Was kommt denn jetzt?" Er schaute mich weiterhin angespannt an: "Ich wollte dir nur sagen, dass Luisa dir nichts übel nimmt. Es ist besser so, dass die Wahrheit jetzt raus ist." Sein Blick wich jetzt meinem aus und sah wieder aus dem Fenster. "Die Wahrheit ist jetzt also raus?! Dann hätte ich jetzt auch gerne die Wahrheit. Ich kenne dich doch Benjamin Harrison! Diese plötzliche Trennung, die Heirat! Was hast du dir davon erhofft? Wollten deine Eltern dass du Luisa heiratest?! Jetzt rück doch endlich mal mit der Wahrheit heraus!" Inzwischen war ich aufgesprungen und stand ihm wütend gegenüber. Benjamin strich sich  müde durch die Haare und sah mir für einige Augenblicke einfach nur in die Augen. „Du willst die Wahrheit hören? Die Wahrheit ist eine lange Geschichte." Ich schaute Benjamin eindringlich an: „Erzähl es mir." Er atmete noch einmal tief durch und fing dann an zu erzählen: „Ich habe mit Luisa studiert und war auch schon echt gut mit ihr befreundet. Es war ein langer Tag im Krankenhaus gewesen und ich wollte einfach nur noch nach Hause. Wir haben beide im Studentenwohnheim gelebt und dorthin war ich auch gerade auf dem Weg. Ich stand an einer roten Ampel und als sie auf grün umschaltete, bin ich losgegangen. Als ich ungefähr in der Mitte der Straße war schoss ein Motorrad um die Ecke und ich konnte nicht mehr ausweichen. Er erfasste mich frontal und das Letzte an dass ich mich erinnern  kann war, dass ich durch die Luft geschleudert wurde. An den Aufprall auf dem Boden erinnere ich mich schon überhaupt nicht mehr. Luisa war gerade vom Einkaufen gekommen und hatte den Unfall mitbekommen. Wenn sie nicht genau in diesem Moment gekommen wäre, hätte ich das Ganze sicher nicht überlebt. Sie hat sofort erste Hilfe geleistet und das war mein großes Glück. Ich lag danach etwa zwei Monate im Koma und keiner konnte meinen Eltern sagen ob und wie ich jemals wieder aufwachen würde. Für meine Eltern und meinen Bruder war das wohl die schlimmste Zeit ihres Lebens. Selbst die besten Ärzte und doch so hilflos. Als ich dann endlich wieder aufwachte, waren die Ärzte sich sicher, dass ich ohne Luisas sofortige Hilfe wenig Chancen auf eine vollständige Heilung gehabt hätte. Oder den Unfall vielleicht gar nicht erst überlebt hätte. Ich hatte alle schlimmen Verletzungen nach etlichen Monaten überstanden und das grenzte wirklich an ein Wunder. Die Jahre danach haben meine Eltern und ich immer wieder versucht Luisa in irgendeiner Weise etwas zurück zu geben. Ich wollte einfach nur, dass sie weiß, wie dankbar ich ihr dafür bin, dass sie mein Schutzengel war. Sie meinte zwar immer, unsere tiefe Freundschaft wäre ihr Dank genug, aber ich wollte ihr einfach mehr zurück geben. Dann kamst du in mein Leben Kath. Du hast mir gezeigt, was es heißt zu lieben und geliebt zu werden. Ich war nie glücklicher als in der Zeit mit dir. Doch dann ist ihre Großmutter gestorben und sie sollte ihr Erbe erst bekommen, wenn sie verheiratet ist. Luisa hat nie viel von Beziehungen gehalten, wollte keine und war glücklich mit dem Leben, das sie führte.  Für ihre kleinen Patienten war sie immer Tag und Nacht da. Ihr großer Traum war es mit dem Geld aus ihrem Erbe eine Stiftung für bedürftige Kinder zu gründen.  Doch als es dann soweit war, hat sie mir total enttäuscht erzählt, dass sie ihr Erbe nicht ausbezahlt bekommt, da sie nicht verheiratet war. Verdammt ich hatte einfach das Gefühl ihr helfen zu müssen. Sie sollte ihren Lebenstraum verwirklichen können, egal was es mich kostet. Also habe ich ihr vorgeschlagen, dass ich sie heirate und sie dann so ihr Erbe bekommt. Erst hat sie abgelehnt und gemeint sie sucht nach anderen Wegen, doch als diese alle nicht erfolgreich waren, hat sie meine Hilfe doch angenommen. Dann musste ich mich von dir trennen. Ich hätte es niemals durchhalten können, wenn ich gewusst hätte dass du immer noch auf mich wartest und mich immer noch liebst. Außerdem wusstest du so von nichts wenn wir wirklich auffliegen würden. Desto weniger von dem Plan wussten desto besser. Und seien wir ehrlich, du hättest mich diesen Plan niemals durchziehen lassen. Aber Kath, du musst mir glauben, ich liebe dich und zwar nur dich." Er hatte sich inzwischen auf mein Bett gesetzt und sein Gesicht in seine Hände vergraben. Mir rannen inzwischen Tränen über die Wangen. Auf der einen Seite konnte ich ihn so gut verstehen, dass er seine angebliche "Lebensschuld" begleichen wollte, doch auf der anderen Seite machte mich seine einsame Entscheidung einfach nur unglaublich wütend. Man hätte diese Sache auch anders klären können. "Es tut mir so leid. Ich hatte niemals vor dir so weh zu tun. Du hattest das überhaupt nicht verdient." Benjamins Stimme war nur noch ein leises Flüstern. Ich wischte mir energisch die Tränen aus dem Gesicht und konnte seine Anwesenheit nicht mehr länger ertragen. "Bitte geh!" Er schaute mich an und stand dann auf. "Es tut mir wirklich unendlich leid." "Geh!" Ich drehte mich von ihm weg und hörte kurz darauf nur noch seine Schritte und dann fiel meine Zimmertür ins Schloss. Da hatte ich sie nun. Die Wahrheit.

 Ich hatte meinen Freunden nicht erzählt, was Benjamin mir an diesem Abend gesagt hatte. Meiner Meinung nach ging sie das nichts an und ich wollte nicht, dass diese Lüge vielleicht aufflog und alles umsonst war. Ein paar Tage hatte ich darüber nachgedacht war den Abend, das Geständnis immer wieder in meinem Kopf durchgangen. Dann hatte ich eine Entscheidung getroffen. Eine Entscheidung die bei meinen Mitbewohnern auf völliges Unverständnis gestoßen war. Doch von nichts und niemanden ließ ich mich jetzt noch davon abbringen. Also stand ich nun hier, vor dem Büro von Professor Harrison. Ich atmete noch einmal durch und klopfte dann leicht an der Tür. "Herein!", erschalte es auch sofort. Noch einmal tief durchatmend drückte ich die Klinke herunter und betrat das Büro. "Miss Black! Wie kann ich ihnen denn helfen?" Der blonde Professor sah mich freundlich an und deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Mit einem  großen Kloß im Hals setze ich mich und schaute dann kurz aus dem Fenster um mich wieder zu sammeln. "Miss Black?" Ich schloss noch einmal kurz die Augen und richtete sie dann auf Professor Harrison. "Ich würde gerne aus persönlichen Gründen in ihr anderes Krankenhaus in Los Angeles versetz werden."


So ihr Lieben,

jetzt ist die ganze Geschichte ans Licht gekommen. Könnt ihr Benjamin verstehen? Und wie findet ihr Kaths Reaktion auf dieses Geständnis? 

Hoffe euch hat das Kapitel gefallen!

Eure Bella <3


Doktor KotzbrockenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt