Kapitel 6 "Er ist es nicht wert!"

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Wie ich den restlichen Arbeitstag überlebt hatte, war mir noch immer ein Rätsel. Jedes mal wenn Benjamin in meine Nähe gekommen war, flüchtete ich panisch aus dem Raum. Als der Tag endlich zu Ende war schleppte ich mich mit einer gewissen Verzweiflung nach Hause. Da Anila heute Abend ein Date hatte, fuhr ich mit der Bahn nach Hause. Natürlich hätte ich ihr schreiben können, dann hätte sie mich bestimmt noch nach Hause gefahren, jedoch wollte ich nicht, dass sie sich Sorgen um mich machte. So wie ich meine beste Freundin kannte, hätte sie ohne zu Zögern ihr Date abgesagt und wäre bei mir zu Hause geblieben. Doch eigentlich wollte ich nur für mich alleine sein. Verzweifelt kämpfte ich gegen die Tränen an, die sich den ganzen Tag schon nach oben kämpfen wollten. Endlich an der richtigen Haltestelle angekommen, verließ ich die Bahn und lief schnell zu unserer Wohnung. Am Wohnhaus angekommen, musste ich auch noch die Treppe in den dritten Stock nach oben laufen, da unser Aufzug immer noch nicht wieder repariert worden war. An der Haustür angekommen, liefen die Tränen nun endgültig über meine Wangen. Verzweifelt schluchzte ich auf. Endlich aufgeschlossen, drückte ich die Tür gleich hinter mir wieder zu und lies mich an der Wand daneben nach unten auf den Boden gleiten. Er war verheiratet. Nur drei Monate nachdem er mich verlassen hatte, hatte er sie geheiratet. Sie kannten sich schon ewig. Immer wieder schossen mir diese Sätze durch den Kopf. Wie lange ich da schon am Boden saß, wusste ich schon gar nicht mehr. Mein Blick war immer noch auf die weiße Wand mir gegenüber gerichtet, als ich plötzlich hörte wie sich der Schlüssel im Schloss drehte und die Tür wurde mit Schwung aufgemacht. Durch meine etwas dumme Sitzposition bekam ich die Tür volle Kanne ab. "Was? Shit Kath.. Alles gut? Warum sitzt... Warum weinst du?", fragte Leander schockiert. Simons Stimme ertönte hinter im: "Was? Warum weint sie? Was hast du denn jetzt schon wieder gemacht Blondi?" Die beiden Jungs knieten vor mir und sahen mich besorgt an. "Kath?" Ich schluchzte wieder auf und schüttelte dann den Kopf. Leander nahm mich hoch und trug mich auf das Sofa. Simon ging währenddessen in die Küche und kam nach ein paar Minuten mit einem Kakao zurück. "Sollen wir Anila anrufen?", fragte Simon ratlos, als ich nach zehn Minuten schluchzen immer noch nichts gesagt hatte. "N-Ne-Nein!", wimmerte ich und trank wieder einen Schluck meines Kakaos. "Dann sag uns doch bitte was passiert ist?!" Simon saß auf der einen Seite und Leander auf der anderen Seite. Wieder wurde für eine Zeit lang geschwiegen. Gerade als Leander nach seinem Handy greifen wollte, wisperte ich: "Es war einfach ein schrecklicher Tag. Jungs seid mir nicht böse, aber ich will einfach nur noch in mein Bett." Zitternd befreite ich mich aus der Decke, die die Jungs über mich gelegt hatten und stand auf. "Okay.. Wenn du doch noch was brauchst, oder reden möchtest, dann weißt du ja wo wir zu finden sind." Nickend winkte ich den Beiden zu und lief wieder in mein Zimmer zurück. In meinem Zimmer angekommen, fand ich einen riesigen gewaschenen Kleiderstapel. Seufzend räumte ich ihn in den Kleiderschrank. Als ich die Tür wieder schloss, konnte ich mein Spiegelbild betrachten. Meine dunkelbraunen Locken hatten sich schon wieder aus meinem Dutt gelöst und hingen in Strähnen herunter. Meine smaragdgrünen Augen wirkten durch die Tränen glasig. Diese hatten auch dazu geführt, dass meine Wangen leicht rötlich waren. Wütend wischte ich mir die Tränen aus meinem Gesicht. Warum interessierte es mich überhaupt ob er verheiratet war oder ob er Single war? Warum interessiert es mich was er machte? Immerhin hatte er mich verlassen. Drei verdammte Monate nachdem er mich abgeschossen hatte, war er verheiratet. Mit einer Frau die er schon ewig kannte. Erneut schluchzte ich auf. Niedergeschlagen ließ ich mich auf den schwarzen Sitzsack fallen. Mein Zimmer war in einem hellen pastellrosa gestrichen. Die eine lange Wand, war mit einer großen Fensterfront versehen, an der kurzen Seite stand gleich am Fenster mein riesiges Doppelbett. Dieses war ein weißes Polsterbett auf dem ich immer haufenweise Kissen liegen hatte. Gegenüber des Bettes, an der anderen kurzen Seite, stand ein großes Bücherregal, in einem schönen hellen Holz und davor ein schwarzer Sitzsack. Ebenfalls neben den Bücherregal stand ein passender Schreibtisch. An der anderen langen Seite stand mein, zum Bett passender, Kleiderschrank mit einer großen Spiegelfront. Immer wieder kreisten meine Gedanken um den blonden Arzt, der nun mein Oberarzt war. Alexandre war total begeistert von ihm, da Benjamin ebenfalls Motorrad fuhr. Er hatte mir erzählt, dass sie sich nach der Überprüfungsoperation noch lange unterhalten hatten. Anscheinend setzte sich unsere neuer Oberarzt, nach der Operation, noch mit dem jeweiligen Assistenzarzt zusammen und besprach den Verlauf des Eingriffes. Mit Alexandre hatte er nach dieser kleinen Besprechung noch weiter über das Motorrad fahren gesprochen. Seitdem war mein angeblich bester Freund nicht mehr zu hundert Prozent auf meiner Seite, auch wenn er mir das immer wieder weismachen wollte. Immer weiter drehten sich die Gedanken in meinem Kopf. Die Sätze von Luisa wiederholten sich immer und immer wieder.

Doktor KotzbrockenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt