Kapitel 8

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Es war Anfang April, ein Freitag. In genau Fünf Tagen würde der Herr zurückkehren. Ich war schon sehr gespannt auf seine Rückkehr, doch im Moment erledigte ich die erste Aufgabe meines heutigen Arbeitsplanes.

Aufgaben, Leona:

- Handtücher austauschen (Badezimmer)

- Lüften (Ballsaal)

- Mittagessen vorbereiten

- Kerzen austauschen (Ball- und Speisesaal)

- Staubwischen (Badezimmer für Gäste)

- Staubwischen (Gemeinschaftsraum)

Ich trug einen Korb, gefüllt mit cremefarbenen, flauschigen Handtüchern, ins Badezimmer und legte jeweils zwei davon neben jedes Waschbecken. Ähnlich wie die Seifenstücke, schienen auch die Handtücher etwas nach Vanille zu duften. Nun sammelte ich die benutzten Handtücher ein und brachte sie in die Waschküche.

Kurz darauf ging ich zum Ballsaal. Hier sollte ich lüften. Also ging ich zum Fenster, stellte mich auf die Zehenspitzen und streckte mich, bis ich den Fenstergriff erreichte. Dann öffnete ich ruckartig das Fenster und eine warme Frühlingsbrise wehte herein. Mit etwas Mühe öffnete ich auch die restlichen Fenster. Draußen zwitscherten die Vögel. Also warf ich einen Blick hinaus und musste lächeln. „Was für ein schöner Tag", staunte ich. Der Himmel war blau und wolkenlos, die Sonne schien und die Pflanzen blühten auf. Die Vögel zwitscherten fröhlich zu mir herunter und ich gab ihnen pfeifend eine Antwort. Es war schön, zu sehen, wie die Natur aus ihrem Winterschlaf erwacht war. Ich hätte fröhlich sein müssen, doch wieder konnte ich Bianca's Rat nicht befolgen. Denn ich machte mir Sorgen. Ich machte mir Sorgen um meinen kleinen Freund. Tagelang hatte ich ihn nicht gesehen. Hoffentlich war ihm nichts passiert.

Gegen Vormittag betrat ich die Küche. Hier wartete Elisa schon auf  mich. Zusammen sollten wir das Mittagessen vorbereiten. Während Elisa sich um die Kartoffeln kümmerte, schnitt ich Karotten und Blumenkohl klein. Zusammen mit vielen Erbsen gab ich alles in einen Topf und ließ das Ganze auf dem Herd köcheln. In Gedanken versunken schaute ich zu, wie der Dampf von dem Topf nach oben stieg. Es sah ein bisschen aus, wie der Rauch, der im Winter aus dem Schornstein quoll. „Leo, ist alles in Ordnung? Du siehst besorgt aus", riss mich Elisa zurück in die Realität. „Ähm... ja", sagte ich und begann, ihr beim Kartoffelschälen zu helfen. „Na, komm schon. Was ist los?", hakte sie nach. Seufzend erzählte ich ihr, wie der weiße Rabe meine Kette kürzlich „angegriffen" hatte und dass ich ihn seit diesem Tag nicht mehr gesehen hatte. „Stimmt, ich habe ihn auch schon eine Weile nicht mehr gesehen", gestand Elisa nachdenklich. „Aber weißt du, er ist schließlich ein Tier. Ich weiß, du magst ihn, Leo und er ist sehr zutraulich, aber er ist kein Mensch. Und das mit deiner Kette... Naja, Elstern wollen auch immer glitzernde Dinge haben. Vielleicht verhält er sich ähnlich." „Eli, ich habe nicht das Gefühl, er sei wie eine Elster oder irgendein anderes Tier. Ich habe das Gefühl, er versteht mich. Er denkt, wie ich!" Ich sah meiner Schwester überzeugt in die Augen. Sie blickte mich jedoch an, als hätte ich den Verstand verloren. „Du hältst mich für verrückt, nicht wahr?" „Du tust so, als wäre das etwas Schlechtes", antwortete Elisa kleinlaut. Ich musste grinsen und auch sie begann zu kichern. Nach einer Weile ergriff meine Schwester jedoch noch einmal das Wort: „Leo, es ist egal ob verrückt oder nicht verrückt, hab' noch etwas Geduld. Er taucht bestimmt bald wieder auf." Zu diesem Zeitpunkt konnte jedoch keine von uns beiden ahnen, wie richtig sie mit dieser Aussage liegen würde.

Nach dem Mittagessen schnappte ich mir einige Kerzen und ging zurück in den Ballsaal. Nachdem ich die Fenster geschlossen hatte, begann ich, diese zu verteilen. Jedes Zimmer des Hauses war mit Kerzen ausgestattet. Es war schön, den kleinen Flammen bei ihren flackernden Tänzen zuzusehen und außerdem sah jeder Raum sofort etwas gemütlicher aus. Man musste nur ein paar Kerzen verteilen. Auch im Speisesaal verteilte ich einige Kerzen auf dem Tisch und den Schränken. „Das sieht schön aus", stimmte Dorothea mir zu. Sie sollte nun die Tischdecken waschen und zum Trocknen aufhängen. Also beschloss ich, mich mit einem Lappen zu bewaffnen und das Gäste-Badezimmer von Staub zu befreien.

Die Geheimnisse des HerrnWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu