30. Kapitel

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Inzwischen ist es Dienstag Mittag. Mir geht es einfach nur dreckig. Ich wollte nicht, dass es jeder mitbekommt, aber das ist inzwischen auch schon zu spät. Vicky hat mich heute in der Pause zur Seite genommen und mich gefragt, was am Sonntag geschehen ist, da ihr die ganze Zeit schon aufgefallen ist, dass irgendetwas faul ist. Ich habe erst nicht geantwortet, nur geschwiegen und überall hingesehen nur nicht zu ihr.

„Louis, ernsthaft.." versucht sie es erneut und mit treten Tränen in die Augen. Ich will nicht darüber sprechen, ich möchte nur, dass es vorbei geht. Ich will mein Leben weiterleben und bin trotzdem noch nicht bereit dazu, meinen Gedanken Luft zu geben, weil sie sich dann verflüchtigen könnten. „Ich bekomme ja schon den Eindruck, dass Harry dich abserviert hat." sagt sie halb im Spaß, halb ernst, und ich schüttle sofort den Kopf.

„Nein, nein hat er nicht." erwidere ich zu schnell und wische mir übers Gesicht. Ihre Augen werden groß und ungläubig sieht sie mich an. „Moment... du hast ihn abserviert?" Ich antworte ihr nicht, aber das reicht offensichtlich aus. „Du hast den britischen Prinzen in den Wind geschossen?" wiederholt sie und ich schlucke. „Vicky..." - „Was!? Wieso das denn plötzlich?! Ich dachte zwischen euch läuft es so gut!" sagt sie aufgebracht und traut noch nicht so ganz ihren Ohren.

„Victoria.." seufze ich. „Es ging einfach nicht, ich lebe in keiner Disney-Welt. Er hat Pflichten.. er.. es wäre jetzt zu viel, um es dir zu erzählen, aber es hat einfach nicht funktioniert, okay?" Sie versteht die Stumme bitte, mich damit in Ruhe zu lassen und mich nicht weiter auszuquetschen und nickt. „Gut.. wenn du reden willst, weißt du, dass du immer zu mir kannst." Ich lächle leicht und nehme sie in den Arm. „Danke, Vicky." murmle ich und drücke sie kurz an mich, bedacht, auf ihren Bauch zu achten.

Den ganzen Tag verbringe ich damit, das Interview zu bearbeiten, versinke aber so sehr in der Arbeit, dass ich nicht mehr wirklich an Harry denke, sondern, als Wortkombinationen, Rhetorik und Syntax.

Das Bild von ihm, welches sein Fotograf uns hat zukommen lassen, wird auf dem Cover erscheinen. Es wurde gemacht, bevor wir im Palast angekommen sind und ich muss einfach sagen, dass ihm diese adlige Kleidung verflucht gut steht. Es ist heiß, so einfach ist das. Schnell klicke ich das Bild wieder weg, es ist nicht meine Aufgabe, das Cover zu gestalten und deswegen werde ich das auch nicht tun. Morgen früh werde ich an dem Interview den Feinschliff vornehmen und dann zu Miss Tremblay hoch schicken.

Bis Samstag ist eigentlich noch Zeit, aber die möchte ich anders verbringen; über andere Leute schreiben, vielleicht einen Schauspieler oder so. Ich fahre meinen Computer herunter und gehe zum Auto, wo ich nur kurz auf Zayn warten muss. Dieser sieht aus, als würde er im Stehen einschlafen. „Kurze Nacht gehabt?" frage ich amüsiert und er verdreht die Augen, grinst dann aber sofort. „Kurz? Nein, verdammt lang, und verdammt gut." antwortet er und schmunzle.

„Hab ich mir schon gedacht." antworte ich und er startet den Wagen. „Oh Gott, Louis. Dieser Mann ist unglaublich. Ernsthaft. Ich bin ja spontan zu ihm gefahren und trotzdem war er fast fertig mit kochen! Und er kann es so gut. Oh und sein Haus ist so wahnsinnig schön!" schwärmt er weiter und hört gar nicht mehr auf. „An den Wänden sind ganz viele Fotografien, viele in Schwarz weiß und die meisten sind von ihm. Du musst sie mal sehen, sie sind fantastisch! Er hat ein Bild aus dem Palast auf den Platz herunter gemacht, ganz früh morgens, ich würde es am liebsten bei uns aufhängen. Aber er meinte, dass er es nicht veröffentlichen wird, er hatte gerade nichts zu tun und musste in dem Zimmer ein Set aufbauen für das Weihnachtsfoto der königlichen Familie. Der Schnee war deswegen so gut wie unberührt." erzählt er mir lebhaft.

„Und er hat einfach ein eigenes kleines Studio in seinem Haus, glaubst du das? Er meinte, er will mich mal fotografieren." sagt er dann und errötet ein wenig. Ich sehe ihn perplex an und frage gespielt schockiert „Seit wann willst du denn in die Porno-Branche?" - „Alter!" beschwert er sich sofort und wirft mir eine strafenden Blick zu. „Doch nicht so! Keine Nacktfotos. Was ist bei dir falsch gelaufen?" fragt er und wir fangen beide an zu lachen. „Zu viel." grinse ich und er nickt zustimmend. „Ja, allerdings!"

Dann lächelt er verträumt. „Jedenfalls hat er gestern Abend... Nacht gesagt, dass er gerne ausprobieren würde, wie ich durch die Linse seiner Kamera aussehen würde, er ist sich wohl sicher, dass die Bilder verdammt gut werden." - „Ach?" skeptisch mustere ich ihn und er verdreht die Augen. „Wieso bist du eigentlich so scheiße zu mir?" fragt er im Scherz. „Naja, bei so vielen Komplimenten, wie du von Liam bekommst, wächst ein Ego immer mehr und ich dämme es einfach wieder ein bisschen ein." erwidere ich scheinheilig." - „Du und deine Ausreden."

Er parkt das Auto eine Seitenstraße weiter und wir steigen aus. Die Post öffne ich sofort, aber es ist nur Werbung. Augenrollend frage ich mich, wieso wir nicht schon längst einen dieser Bitte-keine-Werbung-einwerfen-Sticker an unseren Briefkasten geklebt haben. Das sollten wir mal tun. Ich weiß aber, dass ich es bis morgen sowieso wieder vergessen habe und mich bald das gleiche erneut fragen werde.

Zayn macht sich nur noch ein Sandwich und verwirrt sehe ich ihn an. „Oh ich war heute in der Mittagspause essen." - „Mit Liam?" - „Was? Nein, mit Maisie." erwidert er verwundert und ich stehe auf, um mir auch Abendessen zu machen. Da unsere Küche heute noch nicht ihren Dienst abtreten soll, gibt es für mich ebenfalls ein Sandwich und ich lasse mich zu Zayn aufs Sofa fallen.

„Hat Harry sich gemeldet?" fragt er dann aus heiterem Himmel und ich schüttle den Kopf. „Nein." antworte ich forsch. „Ist ja gut." murmelt er entschuldigend. „Weiß Liam es?" will ich dann wissen und irritiert sieht er mich an. „Wie kommst du darauf?" - „Er ist dein Freund?" erwidere ich, aber er verneint. „Ich habe mit ihm nicht darüber gesprochen. Keine Ahnung, ob Harry es ihm erzählen wird, aber das wäre dann ja seine Sache. Schließlich betrifft es ihn ja auch. Aber nein, ich habe es ihm nicht erzählen."

Ich nicke, weiß aber nicht, ob ich das jetzt gut finde oder nicht. Liam wirf es bestimmt von Harry erfahren. Sie sind irgendwie befreundet und im Schloss bleibt bekannter Maßen sowieso nichts wirklich lange geheim. Wie davon noch nie etwas an die Presse kommen konnte, ist mir allerdings schleierhaft.

Schnell erinnere ich mich daran, dass es nicht mehr mein Problem ist. Ich brauche mir darüber keine Gedanken mehr zu machen, keine Bedenken mehr zu haben, dass mich jemand auf der Straße erkennen könnte, dass ich bald kein Privatleben mehr haben und überall mein Gesicht in der Presse sehen könnte. Nein, die Zeiten sind um. Ich schließe kurz die Augen und versuche so gut es geht, den aufkommenden Schmerz zu verhindern, wegzusperren. Klappt nicht.

Zayn verschwindet an diesem Abend recht schnell in seinem Zimmer und ich bleibe alleine in unserem Wohnzimmer sitzen. Ich verüble es ihm nicht, ihm sind hier schon die Augen zugefallen und wirklich Lust ihn in sein Zimmer und sein Bett zu tragen, hatte ich dann doch nicht. Wenn Zayn einmal eingeschlafen ist, dann pennt er wie ein Stein. Einmal habe ich die Spülmaschine ausgeräumt und mir sind gleich zwei Töpfe auf einmal aus der Hand gerutscht. Wir haben damals noch nicht lange zusammen gewohnt und ich habe leise geflucht. Ich war mir sicher, dass ich ihn geweckt habe, aber als ich ins Wohnzimmer geschaut habe, war es nicht so.

Zayn hat geschlafen wie ein Stein. Er nicht mitbekommen, dass es verdammt laut gescheppert hat. Ich frage mich zwar immer noch, wieso er dann von seinem Wecker wach wird, aber er sagt, es ist einfach so. Es hat sich jedenfalls bis heute nicht verändert. Wenn Zayn schläft, kann ich so viel Krach machen, wie ich will, er wacht nicht auf, selbst wenn ich ihn wecken wollen würde.

Ich bleibe noch eine Weile sitzen, schaue irgendeine Dokumentation, von der ich aber nicht wirklich etwas mitbekomme. Eigentlich tue ich es nicht, weil ich sonst alleine in meinem Zimmer wäre und meine Gedanken wieder zu laut werden würden. Was gibt es besser, als sich Löwen in freier Wildbahn anzusehen und sich zu fragen, wie es wohl wäre, sie mal in echt zu sehen, so anmutig und frei und wild. Tja, leider kann ich mich nicht mal eben in Afrika vor meinem Leben verstecken, schade aber auch.

Irgendwann schalte ich dann den Bildschirm aus. Ich penne selbst schon fast, weswegen ich mich ins Badezimmer schleppe und einige Minuten später die Lichter in der Wohnung ausmache. Immer, wenn ich die Augen schließe, sehe ich Harry vor meinem inneren Auge. Ich werde noch wahnsinnig, wenn das so weiter geht. Seufzend drehe ich mein Kissen um, damit es etwas kühler ist und zwinge mich, nicht schon wieder die Decke oder den Schrank anzustarren. Ich sollte langsam wirklich mal schlafen, selbst wenn ich dann wieder von Harry träume. 

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Tja, Louis geht es echt scheiße, aber wen wundert das schon. Wie findet ihr Liams Idee Zayn zu fotografieren und auszuprobieren, wie er sich als Fotoobjekt so macht? 

Love L 

This OneWhere stories live. Discover now