Chapter 74

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"Entschuldigung..." murmelte ich und nahm Lukas' Hand in meine. "Wo waren wir?" fragte ich unschuldig. "Ria will auch Teller zerdeppern." lachte Meggy. "Och das war doch nur n Spaß. Was heute niemand meine Späße versteht. Schlimm..." wehrte sich Ria. "Du bist süß..." lächelte ich sie an. "Ich wünschte, dass würden auch mal die ganzen Jungs sehen. Ich bin gefühlt die einzige die Anwesend ist die single ist. Ich hab da keine Lust mehr drauf. Ich will mich auch mal bei jemandem auf den Schoss setzen und ich will auch so verliebt sein, so unbeschwert und einfach glücklich..." sagte sie und schaute ganz besonders Lukas und mich an. "Ich will auch eine so schöne Liebesgeschichte." Irgendwie fühlte ich mich schlecht. Nicht weil ich etwas hatte was sie sich wünschte, sondern weil ich sie nicht verstand. Ich fühlte mich schlecht, weil mir nichts einfiel womit ich sie hätte trösten können. Ich weiß nicht wie es ist unter vielen die einzige zu sein die single ist und ich weiß auch nicht wie alleine sie sich fühlen muss. "Ria, es ist scheiß egal ob Jungs sehen das du süß bist oder nicht. Du bist wie du bist und das ist gut so. Du brauchst nicht irgendeinen Kerl der dir das beweisen oder bestätigen muss. Aber sieh es mal positiv. Ich bin inzwischen so an ein Leben mit Lukas gewöhnt, dass ich...Moment.. Jungs haut nochmal kurz ab. Wir müssen hier jetzt ein ernsten Mädelsgespräch führen!" sagte ich und stand auf, damit Lukas aufstehen konnte. "Die Frau hat gesprochen..." sagte Lukas und so verschwanden alle Männer.

"Wo war ich?" fragte ich in die Runde. "Sie soll es positiv sehen..." half Julie mir auf die Sprünge. "Ach ja richtig... Ich bin inzwischen so an Lukas gewöhnt, dass ich nicht mehr ohne ihn Leben könnte. Unser Alltag ist aufeinander abgestimmt und wir entscheiden alles zusammen, aber eigentlich ist das nicht gut. Weil das macht mich abhängig. Angenommen irgendwas würde passieren und ich wäre auf mich alleine gestellt. Ich wüsste nicht wie ich überhaupt alleine leben kann. Wer würde mir helfen Entscheidungen zu treffen? Wer würde mir helfen den Haushalt zu schmeißen? Keiner, weil ich ganz plötzlich alleine wäre. Ich wüsste nichts mehr mit mir anzufangen. Ich wäre überhaupt nicht lebensfähig alleine. Du hingegen hast alles was eine selbstständige Frau braucht. Du hast eine Arbeitsstelle, eine Wohnung, du weißt wer du bist und kennst dich und deine Angewohnheiten, du bleibst dir selbst treu, weil du dich für niemanden verstellst. Du kannst einfach machen was du willst und sein wer du sein willst. Du musst dich an keine Regeln oder Zeiten halten. Du bist Frei. Du hast eine Identität die nur du dir geschaffen hast. Meine ist sehr von Lukas definiert. Du definierst dich aus dem was du sein willst und wie du wirklich bist. Das bewundere ich an dir. Du bist eine starke unabhängige junge Frau. Und wenn du dir eine Zukunft mit jemanden wünscht, dann tu das mit jemanden den du wirklich liebst und nicht aus Verzweiflung den Erstbesten." Ich hatte mich so da rein gedacht, dass ich gar nicht mehr wusste über was wir ursprünglich geredet hatten. "Wow. Das war wunderschön." sagte Julie in die Stille hinein und wischte sich eine Träne weg. Auch Ria hatte sichtlich mit den Tränen zu kämpfen. Das war ich so nicht von ihr gewohnt. "Du hast mich inspiriert! Bist du mir böse, wenn ich jetzt gehe?" fragte sie vorsichtig. Ich schüttelte lächelnd den Kopf. Ria umarmte mich stürmisch und lief dann davon.

"Hanna, darf ich dich was fragen?" fragte Faye, die den ganzen Abend über verdächtig still war. "Ja klar." antwortete ich ihr lächelnd. "Bereust du es, dass du diese ganze Zeit alleine nicht hattest? Du hast so davon gesprochen als hättest du gerne diese Zeit gehabt um deine Identität zu finden." Ich wusste schon immer, dass Faye voller Überraschungen steckte, aber diese Frage habe ich nicht mal von ihr erwartet. "Mh, ich weiß nicht. Das ist dieses typische 'Was wäre wenn...?' Vielleicht wäre ich jetzt anders, wenn ich Lukas erst später oder gar nicht kennengelernt hätte, aber ich bin zufrieden mit dem was ich jetzt habe und mit dem wer ich bin, also beschwere ich mich nicht. Ich konnte mich nie wirklich ausprobieren, aber das finde ich nicht schlimm. Andere haben geraucht, gekifft und sich die Birne mit Alkohol zugekippt, während ich Lukas hatte. Bereuen tue ich es auf keinen Fall!" sagte ich überlegt. "Wie ist das bei euch? Fühlt ihr euch in eurer Beziehung zerdrückt, eingeengt oder so. Wisst ihr was eure Identität ist, was euch definiert..." fragte Faye nun an alle gerichtet. Alle dachten nach, jeder war irgendwo in seiner eigenen Welt verschwunden und dachte über sein Leben nach. "Ich würde nicht eingeengt sagen, aber ich denke, dass eine Beziehung einen auf jeden Fall in der Entscheidungsfähigkeit lähmt. Immer wenn ich etwas entscheide muss ich auch daran denken, was V dazu sagen würde und wie er entscheiden würde. Versteht ihr was ich meine? Man entscheidet immer für zwei..." sagte Meggy.
Wir redeten noch lange darüber und jeder äußerte sich mal dazu. Es war sehr interessant, weil man sich einfach besser kennen lernte und zu verstehen lernte. Man entwickelte Dankbarkeit für das was man hatte und man merkte woran man vielleicht noch arbeiten müsste.

Später hoben wir die Stimmung wieder etwas, indem wir Musik spielten und anfingen zu tanzen. Ich tanzte mal mit V, mal mit Leo. Auch mit Luis und Daniel hatte ich kurz das Vergnügen, aber irgendwann musste ich mich wieder setzen, weil mir schwindelig wurde. "Vielleicht solltest du besser nach Hause gehen..." sagte Luis, der sich eigentlich gerade von mir verabschieden wollte. Viele gingen jetzt nach Hause, weil es schon halb 1 in der Nacht war und wir morgen eine Hochzeit zu feiern hatten.

"Lukas? Ist es okay, wenn ich die Fliege mache? Ich bin echt voll fertig..." sagte ich und schaute ihn fragend an. "Ja klar, es sind eh nicht mehr so viele da. Geh ruhig." Lukas strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und gab mir einen Kuss auf die Stirn. "Macht nicht mehr so lange, ja?" sagte ich und stand auf, nur um mich direkt wieder hinzusetzen um nicht umzukippen. "Moment, ich hole dir erstmal ein Wasser." Er ging schnell und kam mit einer Wasserflasche wieder. "Hier." sagte er und drückte mir die Flasche in die Hand. Ich trank sie fast in einem Zug leer und stand dann erneut auf. "Ich fahre dich schnell okay?" sagte er und eh ich widersprechen konnte, zog er mich schon zum Auto. "Hast du was getrunken?" fragte ich ihn, weil ich mir nicht sicher war ob er ganz nüchtern war. "Nur ein Bier und das ist inzwischen auch schon fünf ein halb Stunden her." sagte er, aber es war mir eigentlich egal, weil mein Wunsch nach meinem Bett inzwischen so groß war, dass mir egal war wie ich dorthin kommen würde.

Endlich zuhause angekommen sagte ich nur kurz meinen Eltern Hallo und fiel dann wie tot ins Bett. Ich hatte es gerade noch so geschafft mir das Kleid vom Körper zu streifen.

Kiss me (Lukas Rieger FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt