Chapter 60

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Sobald ich im Auto saß rief ich Julie an. "Hanna? Was ist los? Gibt es was neues von Lukas?" fragte sie direkt. "Nein, aber ich fahre jetzt zu ihm. Stefanie war so lieb mir für das Wochenende frei zu geben. Das heißt aber, dass du mehr zu tun hast." sagte ich. "Ach, gar kein Problem. Ich verstehe das." antwortete sie. Ich konnte sie lächeln hören! Danke Julie! Du bist die Beste. Bis später." Wenn ich könnte würde ich sie umarmen. "Tschüss! Und fahr vorsichtig. Nicht das du auch noch im Krankenhaus landest." sagte sie und legte auf.

Kurz vor Berlin rief ich Faye an, die mir inzwischen ihre Nummer gegeben hatte. "Hey Faye. Kannst du mir die Adresse vom Krankenhaus geben? Ich bin gleich in Berlin." sagte ich. Sie suchte kurz die Adresse raus und ich gab sie bei Google Maps ein. Laut Google waren es noch 10 Minuten Fahrt, aber dank Verkehr und gefühlt tausend Ampeln brauchte ich 20 Minuten. Ich parkte das Auto und ließ außer meinem Handy erstmal alles stehen und liegen. Ich betrat das Krankenhaus und sah mich erstmal um, als ich direkt von einer Schwester gefragt wurde ob man mir helfen könnte. "Ja äh, ich suche Lukas Rieger." sagte ich. "Sind sie ein verwandter von ihm?" fragte sie höflich. "Ich bin seine Freundin!" erwiderte ich und sie erklärte mir wo ich hin muss.
Ich folgte ihrer Anweisung und auf den letzten Metern rannte ich fast. Vor der Tür, atmete ich nochmal kurz tief ein und öffnete sie dann leise. Lukas redete mit seinem Handy, wahrscheinlich ein Live-Stream auf Instagram. Er erklärte, dass es einen Grund gab für seine nicht vorhandene Aktivität. Er unterbrach sich selbst, als er mich bemerkte. Er strahlte mich an, als hätte ihm jemand die schönste Nachricht der Welt überbracht. "Entschuldigt bitte, meine bezaubernde Freundin hat gerade den Raum betreten. Ich mache später nochmal einen Stream." sagte er zu seinem Handy und beendete den Livestream. Ich hatte also Recht. Ich lief schnell zu ihm und umarmte ihm fest. Dabei kullerten mir ein paar Tränen die Wange runter. "Weißt du eigentlich was für Sorgen ich mir um dich gemacht habe?" fragte ich ihn und fing richtig an zu weinen. Das war nichts neues. Lukas richtete sich langsam auf um mich besser umarmen zu können. Wir blieben lange in dieser Umarmung und es gab im Moment nichts was mich mehr getröstet hätte. Er roch nach einer Mischung aus Krankenhaus und Schweiß, aber das störte mich gar nicht. "Kannst du mir das Wasser neben dir reichen?" fragte er mich leise. Ich löste mich von ihm und drehte mich zur Seite um an das Wasser zu kommen. Genau in dem Moment piepte plötzlichem eine Maschine neben ihm und eine Schwester betrat schnell den Raum, schob mich beiseite um ihn eine Sauerstoffmaske aufzusetzen. Er hatte die Augen geschlossen und die Maschine hörte erst auf zu piepen als das Sauerstoffgerät an war. Die Schwester verschwand wortlos wieder und ich war mir selbst überlassen. Lukas war bewusstlos. Karsten hatte mir nicht gesagt, dass die Atemaussetzer was mit der Bewusstlosigkeit zu tun hatten. Ich musste mich einen Moment setzen um das zu verkraften. Es macht mich verrückt zu wissen, dass mein Baby bewusstlos da liegt und nicht eigenständig atmen kann. Ich weiß wie es ist nicht laufen zu können. Ich habe mich aufgeregt sowas selbstverständliches nicht zu können, aber wie muss es dann sein, nicht atmen zu können. Ich will es mir lieber nicht vorstellen.
Während er so reglos vor mir lag, fiel mir erst auf, wie schlimm er eigentlich aussah. Seine Wangen waren eingefallen und er war noch dünner als sonst. Sein Kopf war mit einem dicken Verband verbunden, sodass man seine wuscheligen Haare nicht sah. Seine ganze linke Gesichtshälfte wurde von einem dicken blauen Fleck geschmückt und seine Lippe war an zwei Stellen aufgeplatzt.
Es war schrecklich. Ich will nicht wissen wie weh das tat. Als ich seine Hand nahm sah ich, dass seine Knöchel aufgeplatzt waren und getrocknetes Blut dran hing. Eine Träne nach der anderen lief über meine Wange. Ich drückte seine Hand und küsste sie leicht.

Die Tür öffnete sich und Faye betrat den Raum mit zwei MC Donalds Tüten in der Hand. Sie lächelte mich aufmunternd an und holte sich einen zweiten Stuhl und setzte sich neben mich. "Hey Hanna. Ich freu mich dich endlich Mal sehen zu können. Lukas redet praktisch nur von dir!" grinste sie. Ich beneidete sie um ihre gute Laune in dieser Situation. Sie hatte aber auch im Gegensatz zu mir schon eine Woche Zeit gehabt um sich an Lukas' Anblick zu gewöhnen. "Hallo." krächzte ich. "Hunger?" fragte sie und hielt eine der Tüten hoch. Ich nickte und nahm ihr dankend die Tüte ab. Die andere stellte sie auf den Tisch neben uns. "Wie lange bleibt er bewusstlos?" fragte ich sie leise. Wir beobachteten ihn beide. "Nicht lange. Maximal 10 Minuten. In den letzten Tagen war er immer mies drauf nachdem er wach wurde. Hat nur rum geheult und so." sagte sie. Ich lächelte kurz und wischte mir die Tränen weg. "Danke für das Essen." sagte ich nochmals und aß ein paar Pommes. "Klar, kein Ding. Lukas wollte das ich ihm was hole, weil er das Krankenhaus Essen nicht leiden kann. Und weil er so schrecklich dünn ist, habe ich ihm den Wunsch erfüllt." lächelte sie. Dieses Mädchen hat einfach ein Dauerlächeln. "Ach, hast du schon was wo du übernachtest?" fragte sie und ich schüttelte den Kopf. "Das ist gut, du kannst das Zimmer von Lukas haben. Das wird ja gerade nicht benutzt." erklärte sie. "Stimmt, daran hab ich gar nicht gedacht." sagte ich. "Achso und als Info, ich bin die Schwester von Lukas. Die Ärzte lassen mich sonst nicht zu ihm. Ich wollte nicht sagen, dass ich seine Freundin bin, weil... Naja ich will nicht, dass das jemand mitbekommt und dann gehen wieder Gerüchte rum oder so. Übrigens finde ich es total cool, dass du nicht so eifersüchtig bist oder so. Ich mein du musst dir bei mir keine Sorgen machen. Und bei Lukas sowieso nicht. Der ist treu wie ein Schlosshund." plapperte sie weiter. "Weil ich dich liebe!" krächzte Lukas neben uns. "Du bist wieder wach!" sagte ich erfreut. Er zog sich die Sauerstoffmaske vom Gesicht und drückte einen Knopf an der Sauerstoffmaschine, welche augenblicklich verstummte. "Boa ich will auch was essen!" sagte er, als er das Essen auf meinem Schoss sah. "Das hast du auch dringend nötig, Keule." sagte Faye und reichte ihm die Tüte. Eine Zeit lang herrschte gefräßige Stille, außer Faye. Die textete uns fröhlich von oben bis unten zu. Lukas und ich tauschten mehrmals amüsierte Blicke. Nachdem wir fertig mit essen waren, nahm ich wieder Lukas' Hand in meine. Er betrachtete mich als hätte er mich Jahre nicht gesehen. "Mensch, was'n los Keule? Heute bist du wohl Mal gut drauf?" fragte Faye. Als sie keine Antwort bekam schnappte sie sich den Müll und verließ das Zimmer mit den Worten. "Ich geh dann Mal."

Kiss me (Lukas Rieger FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt