Kapitel 27

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Während die anderen nach mir suchten, zog ich mich in Shus Zimmer zurück. Sie würden erfolglos bleiben mit ihrer Suche, und das war mir nur recht. Der Tag hatte sowieso kaum Gutes gebracht. Ein bisschen Ruhe würde mir jetzt gut tun. Ich schmiss mich aufs Bett und verschänkte die Arme hinter dem Kopf. Ich merkte jetzt jedoch, wie verflucht müde ich war. Es war alles so anstrengend gewesen... Das war das erste Mal, dass ich mich nach Schlaf sehnte. Ansonsten hatte ich eher das Problem, dass ich nie schlafen konnte. Es dauerte gar nicht mal lang, bis ich einschlief.

Piep. Piep. Und es ging schon wieder los. Mittlerweile rechnete ich mit so etwas. Piep. Piep. Diesmal kehrte die vertraute Stimme des Arztes zurück und die beiden Stimmen von dem Jungen und dem Mädchen, die ich beim letzten Mal gehört hatte. "Hört mal, ihr beiden... Kann ich euch etwas fragen? Aus Interesse?" fragte der Arzt. Es blieb still, also ging ich davon aus, dass sie lediglich nickten. "Wie war... Raiden denn so, wenn seine andere Seite zum Vorschein kam? Seine andere Persönlichkeit?" Das Schweigen blieb für einige Momente, bevor der Junge antwortete: "...Er war anders. Er war... aggressiv. Er war... kühl. Allein seine Aura schien eine Kälte zu verbreiten; eine... eine stille Drohung. Dieses Gefühl war schon fast unnatürlich... Und seine Stimme war auch anders. Sein Tonfall war anders. Er war kalt und einfach nur... bösartig. Aizen ist fast das komplette Gegenteil von Raiden. So was wie... ein Schatten. Man erkennt ihn nicht mehr." Schon wieder dieser Name. Aizen. Ich fasste es noch mal für mich zusammen: Dieser Raiden schien irgendeine Art... zwiegespaltene Persönlichkeit zu haben. Seine andere Seite hieß also Aizen und war dezent gruselig. Irgendwie bewegte das etwas in mir und das trieb mir schon wieder die Fragezeichen ins Hirn. Ich hasste das! Außerdem ergaben diese Träume keinen Sinn! Es waren immer fast dieselben und es ging immer nur um diese eine Person. Um Raiden. Raiden. Rai... Ich erinnerte mich daran, dass diese Silbe das einzige war, woran ich mich erinnern konnte. Ich hatte Raito draus gebastelt. Aber was... was war, wenn... diee Träume eine Bedeutung hatten? Vielleicht war mein Name ja Raiden und nicht Raito... Andererseits... aus meinen Träumen konnte ich entnehmen, dass Raiden im Koma lag und ich war hellwach und mitnichten im Koma, also... vielleicht doch eher nicht... Vielleicht hatten diese Träume auch gar nichts mit mir zu tun, sondern mit jemandem anders. Einer Person, die ich eventuell vergessen hatte... Einem Freund. Oder so. Das beantwortete allerdings nicht, warum ich ziemlich viele Ähnlichkeiten mit dem hatte, was ich von ihm wusste... Angefangen mit der Tatsache, dass ich eine Panikattacke hatte, als ich oben auf er Klippe stand. Es war frustrierend, nichts zu wissen, aber ich glaube, das ist jedem klar.

Ich erwachte und mein Blick wanderte sofort zu der Uhr neben mir. 5 nach 5. Wann ging die Sonne auf?! Ich sprang aus dem Bett und hechtete zm Fenster. Es war noch dunkel draußen. Gott sei Dank. Ich griff nach Shus Sense und schnallte sie mir auf den Rücken, bevor ich das Zimmer verließ. Es war gespenstisch still. Anscheinend war um diese Zeit selten einer wach. Ich schlug den Weg zum Gefängnis ein und hörte stimmen von drinnen. "Gehen Sie vorsichtig mit dem Psycho- Pokémon um. Legen Sie ihm so schnell wie möglich das Head-Gear an, damit seine Psycho-Kräfte für Sie ungefährlich sind." Sie waren also schon da. Sehr gut. Das hieß, dass ich direkt loslegen konnte. Ich schob die Tür auf und die drei Leute, die im Gefängnis standen, sahen zu mir. "Shu." sagte einer. "Guten Morgen, Professor." begrüßte ich ihn. "Was suchen Sie hier?" fragte der Professor mit verschränkten Armen. "Vorbei schauen." antwortete ich. "Haben Sie nichts Besseres zu tun?", "Nein. Lieutenant Shiori ist fix und fertig und im Moment stehen keine Missionen an. Ich kann allerdings nicht wirklich schlafen, also dachte ich, ich beobachte den Prozess." Ich hoffte, das war überzeugend genug. "Sie denken viel zu viel und oft viel zu viel Humbuk." erwiderte der Professor. "Sie würden uns bei der Arbeit behindern, Shu. Das wissen Sie. Tut mir Leid." Musste ich sie ernsthaft angreifen? Diese Option wollte ich mir bist zum Schluss aufheben, wenn es gar nicht mehr ging. "Langweilen Sie sich woanders", forderte der Forschungsleiter mich auf. Okay, das hier war wohl der Schluss. Ich griff nach hinten und legte die Hand um die Sense. "Ich gedenke, zu bleiben." sagte ich kühl und funkelte ihnen entgegen. "Es tut mir Leid, meine Herren, aber ich gehe erst, wenn ich meine Freunde befreit habe.", "Sie sind nicht Shu Toriyama." sagte der Professor mit belegter Stimme. "Du bist es, Raito.", "Ganz recht. Und glaubt mir, wenn ich euch sage, dass ich nicht zulasse, dass ihr mich verratet. Ich hätte euch früher oder später sowieso überrumpelt... Sieht so aus, als wird es eher früher als später." Ich zog die Sense und sie fing Feuer. Meine Gegner gingen in Kampfstellung und zogen ihre eigenen Waffen. Einer von ihnen beging den Fehler, mich direkt anzugreifen. Ich schickte ihm eine Welle aus Schatten entgegen und er verschwand darin. Dann sprang ich in die Luft und schwang die Sense, um Flammen loszuschicken. Der Professor generierte ein grünes Schild, das die Flammen von sich fern hielt. Ein Schutzschild. Ich wusste allerdings, dass er es nicht zwei mal hintereinander verwenden konnte. Ich landete auf dem Boden und griff direkt an. Der Professor wich einem Sensenhieb von mir aus, als der dritte Typ mit einem Schwert angriff. Ich sprang zurück und er folgte mir. Ich ließ eine Hand von der Sense und griff nach seinem Handgelenk, um das Schwert von mir fernzuhalten. Dann streckte ich mein Bein und ließ mein Knie in seine Seite krachen. Er heulte auf, ich ließ ihn los und schickte eine Finsteraura auf ihn. Er wich zurück und ich setzte zum Gegenangriff an. Die Klinge der Sense hinterließ einen Schnitt an der Schulter des Typen, als er auszuweichen versuchte. Er ächzte. "Gute Nacht", sagte ich ohne jegliche Emotion, als ich mein Bein hinter seins hakte, während er taumelte, und es unter ihm wegriss. Er fiel. Ich drehte meine Sense und stieß ihm das Ende des Griffs mit Kraft gegen den Kopf. Er blieb bewusstlos mit einer Platzwunde an der Stirn liegen. Die anderen beiden griffen an. Der Professor hatte selbst ein Schwert, das nun grün leuchtete. Eine Gewaldro-Klinge. Er rammte es in den Boden und Ranken schossen auf mich zu. Ich fackelte sie mit einem Inferno ab, als ich von hinten ein Knie gegen den Rücken gedonnert bekam. Ich ächzte und ging zu Boden. Das tat weh. Das tat ziemlich weh. Kurz darauf wickelten sich neue Ranken um mich und fesselten mich. Ich fluchte. "...Du hast verloren, Raito." sagte der Professor abfällig. "Du liegst am Boden und kannst nichts tun." Die Sense lag neben mir und ich hob den Kopf. "...Falsch..." keuchte ich. Und dann schickte ich mich in den Körper des Professors. Shus Körper sank zusammen. Ich bewegte das Schwert und ließ ihn gegen die Wand krachen, an der er besinnungslos herunter glitt. Dann wandte ich mich dem anderen Typen zu. Der wich zurück. "Du hast vom Professor Besitz ergriffen!!", "Das habe ich." sagte ich kalt und der Typ wich vor mir zurück. Er hatte Angst. Seine Hände zitterten und seine Knie schlotterten. Ich verengte die schwarzen Augen und ging einen Schritt auf in zu. Er drehte sich um und lief davon. Das konnte ich nicht passieren lassen. Ich streckte neue Ranken aus, die sich um seine Beine schlangen. Er fiel. Panisch trat er um sich und versuchte dann, die Ranken mit den Händen zu lösen, doch ich ließ weitere davon um seine Handgelenke schließen und hob ihn in die Luft. Er hing da wie ein verängstigts Häufchen Elend. Ich ging auf ihn zu und blieb vor ihm stehen. Ich sah zu ihm herauf. "Nun..." sagte ich.. "... was mache ich jetzt mit dir?", "B-bitte... tu mir nicht weh!", "Hör auf zu jammern, ich habe nicht dich gefragt." antwortete ich und ein leichtes Lächeln schlich mir dann ins Gesicht. Eine Ranke legte sich um seinen Hals und zog sich zusammen. Er schnappte nach Luft und Tränen bildeten sich in seinen Augen. "Bi... tte...!!" Ich ignorierte sein Flehen und zog die Ranke sogar noch enger zusammen. Bald verlor er das Bewusstsein. Ich ließ ihn fallen und ging sicher, dass ich ihn nicht aus Versehen getötet hatte. Als das nicht der Fall war, drehte ich mich um. Meine Hemmschwelle schien während des Aufenthalts hier deutlich heruntergesunken zu sein. Ich steckte das Schwert weg und suchte dann nach einem Schlüssel für die Käfigtüren. Ich fand ihn und ging zu den Käfigen. "Starker Auftritt, Raito!" rief Psiana aufgeregt. Ich winkte nur ab. "Kein Thema." Ich drehte den Schlüssel im Schloss und öffnete die Tür. Psiana sprang aus dem Käfig und strich mir um die Beine. Ich streichelte sie lächelnd. "Ich habe versprochen, dass ich wiederkommen würde." Dann drehte ich mich zu Absol und befreite auch ihn. Als er die Füße auf den Boden des Labors gesetzt hatte, sah er zu Psiana, deren Augen aufglühten. "Was jetzt?" hallte seine Stimme wenig später in meinem Kopf wider. "Jetzt hauen wir ab." antwortete ich. "Ich weiß schon, wie. Die meisten schlafen noch. Kommt, mir nach." Ich wandte mich der Tür zu und eilte schnellen Schrittes aus dem Labor. Die Pokémon folgten mir.

Pokémon: Subconscious MindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt