Kapitel 26

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Der Raum war nicht beleuchtet. Ich schloss die Tür hinter mir und suchte nach einem Lichtschalter. Ich tastete an der Wand entlang, bis ich einen fand und betätigte ihn. Die Lichter blitzten auf und erhellten den Keller. Kisten mit allerlei Zeugs stand hier rum. Ich konnte Kartoffeln, Getreide und Obst erkennen. Ich fackelte nicht lange und lehnte meinen Körper gegen die Wand. Ich wusste, dass ich mich zu beeilen hatte, wenn ich eine Chance haben wollte, hier rauszukommen. Dennoch entschied ich mich dazu, erst nach dem Schacht zu suchen, der mir die Gelegenheit der Flucht ermöglichte. Ich erspähte ihn in der Decke. Ich wusste, dass er einen Knick machte, weshalb man ihn als Ausweg benutzen konnte. Gut, nun da das geklärt war, sollte ich mich lieber daran machen, Absol und Psiana zu befreien. Ich schaltete das Licht wieder aus und machte, dass ich hoch kam. Ich bog nach rechts in den Gang ab und ich lief schnell, rannte jedoch nicht. Je weniger auffällig ich mich machte, desto besser war es. Ich begegnete einer Menge Leute, doch ich beachtete sie nicht. Sie sahen mir nach, dachten sich aber nichts dabei. Bald erreichte ich das Pokémon-Gefängnis. Es gab Wachen. Natürlich gab es Wachen. Eine Frau trat auf mich zu. "Lieutenant Akazawa! Was führt Sie hierher?", "Ich möchte mir die Pokémon ansehen." antwortete ich fest. Die Frau nickte. "Selbstverständlich." Sie nickte und trat zur Seite. "Ich will Sie nicht an ihrer Aufgabe hindern!" Im Körper einer Autoritätsperson zu stecken, was nützlich, wie ich feststellen musste. Ich trat in den Raum, der im Dämmerlicht gehalten war. Käfige stapelten sich an der Wand. Viele von ihnen boten Platz für ziemlich große Pokémon. Aber der Großteil von ihnen war leer. Absol und Psiana schienen die einzigen Pokémon zu sein, die sich hier im Moment aufhielten. Ich entdeckte sie in zwei Käfigen weiter hinten. Ich lief darauf zu. Psiana fauchte mich an, als sie mich sah, doch ich hob die Hand. "Alles okay! Ich bin's.", "Raito?" fragte sie. Ich nickte und zog Shus Schlüsselbund hervor. Es hingen tonnenweise Schlüssel dran, also hoffte ich auch welche zu finden, die es vermochten, die Zellen zu öffnen. Die chlüssellöcher der Zellen wirkten klobig und groß, also probierte ich es erst mit dem größten Schlüssel. Der passte nicht. Ich probierte weiter, doch keiner der Schlüssel passte in das Loch. "Shit." fluchte ich. "Im Ernst? Der Typ hat so viele Schlüssel, aber keinen einzigen, der in dieses mistverdammte Loch passt?!" Ich rüttelte an den Gitterstäben, aber sie ließen nicht nach. Natürlich nicht. Sie waren gegen Pokémon-Attacken resistent. "Raito...", "Ich hol euch hier raus, versprochen." meinte ich. "Aber ich brauche den Schlüssel... Der Forschungsleiter hat einen, aber er ist zurzeit nicht hier..." Psiana sah zu Absols Käfig und dann hörte ich seine Stimme. "Sie werden morgen früh kommen", sagte er. "Um uns zu holen. Vor Sonnenaufgang. Vielleicht ist das deine Chance... Wäre der Forschungsleiter hier, hätten sie uns bestimmt gleich geholt." Ich schwieg und nickte dann. "...Gut... Ich kann einen Versuch unternehmen.", "Wo ist dein Körper?", "In einem Keller.  Aber ich denke, ich sollte ihn besser irgendwo anders verstecken... Ich lasse euch nicht draufgehen, verlasst euch drauf. Wir schaffen es zusammen hier raus." Ich sah wieder zu Psiana. "Versprochen. Wartet auf mich, in wessen Gestalt auch immer ich hier dann rumlaufen werde." Sie nickte. Ich drehte mich wieder um und verließ das Gefängnis, als der Alarm losging. 
"Achtung, achtung! Der Junge aus Labor 3 ist entkommen! Er stellt eine potenzielle Gefahr da! Alle sind dazu aufgefordert, nach ihm zu suchen!" brüllte jemand in den Lautsprecher. Na klasse, auch das noch. Irgendeiner von den beiden Kloppis, die ich im Labor verprügelt hatte, war wieder bei Bewusstsein und hatte mich verraten. Und ich wusste, dass ich dasselbe nicht mit Shu riskieren konnte. Der Typ wusste, ich wessen Körper ich steckte. Wenn er aufwachte, war ich dran. Und ich musste es bis morgen hier drin irgendwie überstehen. Ich überlegte fieberhaft, was ich tun konnte. Ich musste meinen Körper verstecken... Aber wo? 
Nach längerem Überlegen wurde mir bewusst, dass ich ihn hier raus schaffen musste. Und mir wurde ebenfalls bewusst, dass es für mich notwendig war, in Shus Körper zu gehen, damit er den Mund hielt. Also lief ich zum Keller zurück und schaltete das Licht wieder ein. Vielleicht war es mir auch möglich, meinen Körper in einer der Kisten zu verstecken... Ich sah mich um und untersuchte dann die Kisten. Einige waren leer. Gut. Ich schob eine in eine Ecke zu den ganzen vollen Kisten und legte dann meinen Körper hinein. Ich hoffte bloß, dass niemand auf die Idee kam, die Kisten genauer zu untersuchen. Ich legte noch eine Decke drüber, damit sie wie eine dieser Kartoffelkisten aussah. Bitte, lass nichts schief gehen. Ich drehte mich wieder um, als ich  ein leises Stöhnen von draußen hörte. Shit. Shu wachte wieder auf. Schnell verließ ich den Raum und wechselte den Körper. 

In Shus Körper hatte ich heftige Kieferschmerzen und ich war etwas benommen, aber besser das als verpetzt zu werden. Shioris Körper schlug neben mir auf und auch sie ächzte. Schnell machte ich, dass ich auf die Beine kam und tat so, als würde ich mich um sie sorgen. "Lieutenant Akazawa! Sind Sie in Ordnung?" Sie setzte sich auf. "Shu..." Dann sprang sie auf die Füße und zeigte mit dem Dolch auf mich. "Wer bist du? Bist du du oder bist du ER?", "Wovon redest du?" fragte ich und stellte mich doof. "Der Junge. Raito. Er ist entkommen.", "Ich weiß", antwortete ich. "Eben kam die Durchsage aus dem Labor." Dann bekam ich eine Idee, wie ich dafür sorgen konnte, dass keiner meinen echten Körper fand. "Ich wollte eben im Keller nachsehen, ob er sich dort versteckt hält, als ich Sie hier fand, Lieutenant. Sie sind wohl die Treppe herunter gestürzt.", "Er war in mir..." keuchte sie. "War er das? Nun, die Tatsache, dass sie hier unten sind, ist ziemlich verdächtig... Entweder ist er wirklich hier runter geflohen oder bereits durch den Schacht nach draußen gelangt. Ich werde es überprüfen. Sie brauchen etwas Ruhe, Lieutenant. Ich kümmere mich schon darum." Und mit diesen Worten betrat ich wieder den Keller und tat so, als würde ich suchen. Natürlich suchte ich nicht, aber ich musste den Anschein erwecken, dass ich es tat. Nach einer Weile trat ich wieder nach draußen. "Fehlanzeige... Hier ist er nicht. Dann ist er wohl tatsächlich durch den Schacht abgehauen... Einige Kisten wurden unter ihm gestapelt." Shiori knirschte mit den Zähnen. "Er ist uns durch die Lappen gegangen...", "Ja... Sieht so aus. Vielleicht sollten wir ausschwärmen und draußen nach ihm suchen." Shiori nickte. "Ich kümmere mich drum!" Sie sprintete die Treppen wieder hoch. Ich atmete aus. Sie hatte es mir abgekauft. Uff. Damit hatte ich sie zumindest vom Hals und niemand würde hier runterkommen und nachsehen. UND, was noch viel besser war, viele von ihnen würden in den nächsten Stunden draußen sein. Damit lief ich weniger Risiko, mich zu verraten. Ich musste bis morgen warten... Dann würde ich die Chance auf eine Flucht haben. Ich hoffte, dass mir bis dahin niemand auf die Schliche kam. 

Pokémon: Subconscious MindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt