26. PENG, PENG, PENG

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»Schießstand?«, frage ich. Fox nickt.

Und hier stehe ich jetzt mit einem Gewehr, um zwei fünfzig leichter, und versuche (erfolglos) diese doofen Plastikenten abzuknallen, während Fox daneben steht und sich scheinbar prächtig mit dem Besitzer des Standes zu verstehen scheint.

Ich verfolge deren Gespräch nicht. Dieser Mist erfordert mehr Konzentration, als erwartet. Verärgert fixiere ich die gelben Enten und will schon abdrücken, da werde ich plötzlich gestoppt. 

»Du machst das alles falsch.«

»Na, besten Dank auch!«, schnaube ich.

»Bei deiner Haltung fängt es schon an. Und das Gewehr musst du so nehmen.«

Er tritt hinter mich und legt seine Arme und Hände auf meine. Ich spüre seine Brust an meinem Rücken und mein Atem wird flach. Sanft korrigiert er meine Haltung, das Kinn auf meiner Schulter. Er riecht nach Herbst und Mann. Er riecht gut.

»Und jetzt hebst du... genau.« Seine Worte kitzeln mich an meiner Wange. »Jetzt.« Ich drücke ab – und treffe meine erste Plastikente!

»Jaaa, nimm das!«, rufe ich enthusiastisch. Fox nickt schlicht, als wäre es sowieso klar gewesen, dass ich treffe. Was es wahrscheinlich auch war.

Der Standbesitzer – Marke mittleres Alter, Bierbauch, kariertes Flanellhemd, gelber Nikotinschnauzer – lacht dröhnend.

»Nicht schlecht Junge, gar nicht mal schlecht. Erinnerst mich an mich selber in deinem Alter.« Das möchte ich stark bezweifeln.

»Magste auch mal schießen?«

Fox lächelt charmant, was an und für sich schon ein ungewöhnlicher Anblick ist. »Nein, lass stecken.«

»Halber Preis für dich«, versucht er ihn zu ködern. Ich will schon empört aufschreien, da sagt er: »Okay, was soll's.«

Das ist verdammt unfair, ich musste den vollen Preis zahlen! Für das Geld hätte ich mir eine Zuckerwatte kaufen können. 

»Gewinnste was Schönes für deine hübsche Freundin«, sagt der Typ mit einem Augenzwinkern in meine Richtung. Gerade als ich den Mund öffne, um zu protestieren und klarzustellen, dass ich definitiv nicht Fox' Freundin bin, bringt Besagter mich mit einem Blick zum Schweigen. Es ist der ›Ich habe einen Plan‹-Blick. Ich seufze lautlos und schieße einen ›Also schön, die Bühne gehört dir‹-Blick zurück. 

Irgendwie erschreckend, dass wir uns mittlerweile gut genug zu kennen scheinen, um uns ohne Worte verstehen zu können. 

Konzentriert bringt er sich in Position und fixiert die munter vorbei schwimmenden Enten. Und dann ist alles nur noch ein einziges ›PENG, PENG, PENG‹.

Ich wusste gar nicht, dass es möglich ist, diesen Hebel am Gewehr so schnell zu betätigen, dass er einem vor den Augen verschwimmt. Akribisch wird eine Ente nach der anderen abgeknallt, absolut gnadenlos. Ich fühle mich, als wäre ich in einer verzerrten Version eines Westerns gelandet. ›Sherrif Fox und die Invasion der Plastikenten‹, oder so ähnlich.

Als er fertig geballert hat, sagt erstmal keiner etwas. Dann dröhnt der Typ vom Stand: »Jawoll, so macht man das! Wenn du noch das Herz da oben triffst ohne den Rand zu berühren, kannst du deinem Mädel noch 'nen schönen Hauptgewinn aussuchen.«

Eine Papierscheibe mit einem Herz in der Mitte hängt über dem Kopf des Besitzers.
Das Herz hat einen so fetten Rand, dass ich das Weiß in der Mitte zuerst gar nicht bemerkt habe.

»Na, viel Spaß...«, grummele ich sarkastisch. Fox schießt mit einen warnenden Seitenblick zu. »... Schatzibabe«, schiebe ich hinterher. Jetzt sieht er mich an als hätte ich komplett den Verstand verloren. Zuckersüß lächelnd lege ich das Kinn auf die Schulter und zwinkere. Irritiert blinzelnd wendet er sich ab.

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