15. Voll drauf

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»Ich habe da jemanden getroffen, Tom. Ein Kumpel von Jack.« Fox' Miene bleibt unbewegt.

Ich räuspere mich kurz, dann fahre ich fort: »Ich glaube, dass er auf Drogen ist und irgendwas über Jack weiß, das er mir nicht sagen will. Du kannst ganz sicher was aus ihm rauskriegen, oder?« Fox wiegelt den Kopf von einer Seite zur anderen, als würde er über meine Worte nachdenken, sie abwägen.

»Ich bin gerade selber noch an einem Typen dran, aber bei dem ist eigentlich nicht viel zu holen...« Er holt tief Luft und pustet sie resigniert wieder aus. »Okay, ich mach's. Geh zuerst zurück und such dir irgendeinen stillen Platz, ich kümmere mich um diesen Tom.« Ich nicke knapp, dann steige ich aus dem Wagen und laufe mit schnellem Schritt zurück.

Als ich wieder am Eingang vom Club stehe, werde ich vom Türsteher direkt reingewunken, was die Leute in der Schlange nicht so lustig finden. Einen Stempel oder etwas in der Art habe ich nicht bekommen, also vermute ich, dass er sich die Gesichter der Leute merkt...? Keine Ahnung. Wäre auf jeden Fall eine echt reife Leistung, bei so vielen Gästen. 

Jack hat es immer geliebt, feiern zu gehen und ich habe ihn geliebt. Aber selbst dann bin ich so selten mitgegangen, wie es mir nur möglich war – und wenn ich es getan habe, dann nur wegen ihm. Er hat mich deshalb immer ›prüde‹ genannt, was mich damals nicht besonders gestört hat.

Als ich aber jetzt so drüber nachdenke, verursacht es einen Stich in meiner Magengegend. Wer nennt seine Freundin schon ›prüde‹? 

Sofort macht sich ein schlechtes Gewissen in mir breit, weil Jack momentan was weiß ich durchmachen könnte... und ich habe nichts Besseres zu tun, als schlecht von ihm zu denken. 

Ich setze mich ans Ende der Bar und mache von meinem Anspruch auf einen gratis Cocktail Gebrauch.

Kritisch betrachte ich die Karte und entscheide mich am Ende für einen Strawberry Mojito.
Mit großem Tamtam bereitet der Barkeeper mein Getränk zu. Ich ziehe die Brauen hoch.
Was soll das hier am Schluss werden, ein Cocktail oder eine Zirkusnummer?

Er schmeißt mit einem selbstgefälligen Lächeln mit allerlei Sachen um sich (zum Beispiel mit: Flaschen, Früchten und zu meinem Leidwesen auch Messern) bis endlich der Cocktail fertig ist.

Mit einer Geste, als würde er mir das königliche Zepter auf einem Samtkissen überreichen, stellt er das Glas vor mir auf den Tisch. »Äh, danke...« Er scheint auf irgendwas zu warten. Ich blinzele dümmlich, dann dämmert es mir. Trinkgeld!

Zurzeit bin ich leider alles andere als flüssig, also zucke ich entschuldigend mit den Schultern. Er sieht mich kurz mürrisch an, dann macht er sich auf den Weg zu einem neuen Kunden am anderen Ende der Theke. 

Ich drehe mich mit dem Rücken zur Bar, um den Raum überblicken zu können. Leider kann ich Fox noch nirgends entdecken, aber vielleicht habe ich ihn auch einfach bloß übersehen.

Gelangweilt nippe ich an meinem Mojito und lasse den Blick über die tanzende Menge schweifen. Tanzen? Naja, so kann man das ja nicht wirklich nennen...

›Wild umeinander zucken‹ trifft es wohl besser.

Ich kann weder Fox, noch jemand anderen, den ich kenne, sehen. Tief atme ich durch und muss direkt husten. Die Luft ist echt widerlich hier drinnen. Sie scheint mittlerweile praktisch nur noch aus Körperausdünstungen, schlechtem Frauenparfüm und üblem Rasierwasser zu bestehen.

Ich trinke den letzten Rest meines Cocktails aus und stelle das Glas irgendwo auf der Theke ab. Dann beschließe ich, draußen ein wenig frische Luft zu schnappen. 

Als ich durch die Tür gehen will, stolpere ich fast über einen am Boden liegenden Plastik-Shotbecher. »Hoppla...«, nuschle ich. Der Mojito war schon nicht ohne, wie ich zugeben muss.
Und ich hätte ihm vielleicht auch nicht so schnell trinken sollen, vor allem, weil ich härteres Zeug als Bier nicht so gut vertrage. Mir ist tatsächlich ein wenig schwummerig zumute.

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