2. Partytime

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Völlig entkräftet schließe ich meine Wohnungstür auf und lasse mich auf den Boden sinken. Obwohl diese Position etwas unbequem ist, habe ich absolut kein Bedürfnis danach aufzustehen.
Stille. Einfach völlige Stille.

Naja, nicht ganz.

Gerade fahren ungefähr zehntausend Autos an meinem Haus vorbei, aber für eine bessere Wohnlage reicht mein Geld einfach nicht.
Ich seufze leise. So wie es momentan aussieht könnte es sogar sein, dass ich mir nicht mal mehr diesen Ein-Zimmer-Witz leisten kann...

Ich werde auf der Straße landen, wenn ich nicht bald etwas unternehme.

In Momenten wie diesen könnte ich mir in den Hintern treten, weil ich mich nicht besser um meine Bildung gekümmert habe! Stattdessen ist ein Mittelschulabschluss alles was ich vorzuweisen habe. Leider habe ich in meinem Leben weder Beratung, noch Zuspruch in irgendeiner Form bekommen. Ich muss schon seit sehr langer Zeit selber sehen, wo ich bleibe. Meine Eltern waren und sind da alles andere als unterstützend.

Da fällt mir ein, dass es schon ewig her ist, dass ich mit meiner Mutter gesprochen habe.
Das letzte Mal war zu ihrem Geburtstag und der war vor etwa neun Monaten – an meinen hat sie erst gar nicht gedacht.

Mit meinem Vater ist es ähnlich, wobei der sich noch zumindest einmal im Monat bei mir meldet um zu fragen, wie es mir geht.
Aber eine richtige Verbindung ist da nicht wirklich.

Plötzlich durchbricht ein schriller Ton die
Fast-Stille und ich zucke heftig zusammen.
»Was zum...?« Mein Handy. Ich habe ganz vergessen, dass es das auch noch gibt. Irgendwie erwarte ich fast, dass es meine Mutter oder mein Vater ist – vielleicht Verwandtschaftstelepathie oder etwas in der Art – aber es ist Robin aus der Arbeit. Unwillkürlich durchfährt mich ein wütender Stich in der Magengegend.

Zuerst will ich gar nicht rangehen, aber nach seinem fünften Versuch, mich zu erreichen, hebe ich dann doch genervt ab. »Was?«, brumme ich missmutig. »Ella! Wie geht's?«, trällert er nervig gut gelaunt. »Spar's dir, du Heuchler!«, spucke ich aus.

»Au, das hat wehgetan!« Grimmig presse ich die Lippen aufeinander und zische: »Gut!«

Schweigen. Dann ein lautes Ausatmen.
»Was hätte ich denn tun sollen, Ella?«

»Ach, ich weiß nicht, wie wär's mit auf meiner Seite stehen?«, keife ich.

»Klar, damit ich dann auch meinen Job verliere? Es reicht doch schon, dass es einen von uns getroffen hat!« Darauf weiß ich nichts zu erwidern...

Wenn er für mich eingestanden wäre, hätte er seinen Job höchstwahrscheinlich mit mir zusammen verloren, das stimmt wohl.
Ist es denn so egoistisch von mir, dass ich ihn trotzdem gern als Unterstützung in dieser Situation gehabt hätte?

Gedankenverloren lege ich den Kopf schief.
Ja, das ist es wohl irgendwo, wie ich mir selbst eingestehen muss.

»Hey...Du weißt, dass mir das Ganze sehr leid tut.«

Ich nicke, dann fällt mir ein, dass er mich ja nicht sieht und ich krächze: »Ja, ich weiß.«
Ein paar Sekunden schweigen wir einträchtig.  Dann ruft er: »Das hätte ich fast vergessen: Heute findet eine Lagerfeuerparty bei Janina statt, komm doch mit! Die halbe Welt wird da sein.«

Janina ist berüchtigt für ihre Hammer-Partys bei denen immer die unglaublichsten Dinge passieren. Angeblich soll dort mal ein betrunkener Typ einem anderen die Faust in den Mund gesteckt und dann nicht mehr herausgekriegt haben, sodass sie dem Kerl mit der Faust im Mund den Kiefer brechen mussten, um sie rauszubekommen.

Oder ein anderes Mal war es wohl so, dass im Garten von ihrem kleinen Anwesen ein Geist umgegangen sein soll – etwa fünfzehn Leute schwören Stein und Bein darauf. Nun ja.

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