5. Hier ist nichts

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›Das Rennen beginnt? Was für ein melodramatischer Typ‹, denke ich belustigt und unterdrücke ein Lachen. Fox sieht mich skeptisch von der Seite an, während wir nebeneinander laufen. Wohin genau wir eigentlich laufen, weiß ich noch nicht.

»Hast du was im Hals stecken?«, fragt er. Perplex blicke ich ihn an. »Wieso sollte ich was im Hals stecken haben?«

Er zuckt die Schultern. »Das Geräusch, das du da von dir gegeben hast, klang, als wärst du am Ersticken. Lass das mal besser, von mir kriegst du keine Erste-Hilfe-Leistung.«

Das kann er doch nicht ernst meinen. »Was bist du denn für einer?!«, murmle ich entgeistert. Das Gefühl, durch das Treffen mit ihm gerade einen riesigen Fehler zu begehen, verstärkt sich.

Er zuckt bloß desinteressiert die Schultern. Was für ein Blödmann. Doch es ist nicht so, als hätte ich nicht gewusst, worauf ich mich da einlasse, nicht wahr? Wir gehen weiter still nebeneinander her.

Mit jedem Schritt, den wir tun, lastet die Stille zwischen uns schwerer auf mir. Wieso sagt er nichts? Kann er mir nicht wenigstens klar machen, wohin die Reise geht? Mir irgendeinen Hinweis geben? Er startet nicht einmal den Versuch, Smalltalk mit mir zu führen. Es sieht nicht danach aus, als würde er das Schweigen in nächster Zeit brechen. Aber ich bin eigentlich zu stolz, um es zu tun... Andererseits nervt das langsam wirklich.

Ich räuspere mich. »Wohin gehen wir denn jetzt?«, frage ich nun doch. Er seufzt genervt. »Das wirst du dann schon merken.«

»Aber –«

»Jetzt hör auf zu nerven!«, zischt er.

Ich reiße die Augen auf. Mann, was ist dem bloß über die Leber gelaufen?

Nach und nach scheinen wir die belebte Hauptstraße und damit auch die Zivilisation hinter uns zu lassen. Der breite Trampelpfad, der durch einen etwas abgelegenen Park mit ranzigen Ententeichen führt, wird von Minute zu Minute schmaler.

Soweit ich das erkennen kann, führt er in eine Art Wäldchen. Langsam aber sicher verstummen jegliche menschengemachte Geräusche. Mit einem Mal bin ich mir Fox' Gegenwart nur allzu bewusst...

Ich bin hier ganz allein mit ihm. Dabei kenne ich ihn doch gar nicht!

Oh, mein Gott. Was zur Hölle habe ich mir bloß dabei gedacht, mit einem wildfremden Kerl, der mir auch noch sehr unsympathisch vorkommt, allein in einen Wald zu laufen?! Hat mir die schwelende Sorge um Jack ein paar Gehirnzellen zu viel weggebrannt?! Bin ich eigentlich völlig verblödet?! 

All diese Gedanken kreisen in einem wilden Strudel durch meinen Kopf, während mein Herz schneller und schneller pocht.

Mit einem Mal tauchen wieder Bilder von einem Axt-schwingenden Fox in meinem Kopf auf und ehe ich so richtig weiß, was ich da eigentlich tue, drehe ich mich ruckartig um und renne los. »Hey, was –?!«

Schon bald höre ich seine Rennschritte hinter meinen. Panik steigt in mir auf und versengt meine Eingeweide wie Lava.

»Jetzt bleib doch stehen! Bist du völlig durchgeknallt?!«

Seine Schritte werden schneller bis sie so dicht hinter mir sind, dass ich fast meine, seinen Atem im Nacken zu spüren – doch vielleicht spielt mir meine überbordende Angst da auch nur einen Streich. Aber, dass er sich dicht hinter mir befindet, ist keine Einbildung, soviel steht fest!

Ich verspüre einen weiteren Anflug von Panik, als mir bewusst wird, dass meine Lungen dieses wilde Rumgerenne nicht mehr lange mitmachen. Scheiße, wieso war ich bloß immer zu faul um Jack ins Fitnessstudio zu begleiten? Jetzt hab ich den Salat!

FoxtrottWhere stories live. Discover now