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Die folgenden Tage waren einfach nur grässlich.
Die Wahrheit von Logan gehört zu haben war nicht leicht und schmerzhaft, aber ich wollte es so. Keine Ahnung, wie ich es schaffte, Tag für Tag die Ruhe zu bewahren, aber ich war alles andere als ruhig. Meine Gedanken kreisten nur noch um Logan, Joseph und meine Mutter. Unvorstellbar, dass Logan der Sohn des Möders meiner Mom ist.
Mit keinen konnte ich über die ganze Sache reden, mit keinem. Niemand würde es verstehen, niemand würde mit der Situation etwas anfangen können, nichtmal meine Familie. Und so musste ich mich alleine durchschlagen, Tag für Tag.
Logan wollte ich, so gut es ging, aus dem Weg gehen, obwohl ich das schon vorher tat. Aber nicht um die Erinnerungen an uns zu verdrängen, zumindest nicht nur, sondern weil ich nicht wusste, was das für uns bedeuten würde. Es ist immerhin so, dass meine Gefühle nicht mit einem Klick abgestellt werden konnten.
Mein Hass und meine Wut auf ihn waren gelindert. Ich verstand nun, warum er sich mit mir angefreundet und indirekt ausgefragt hatte, wäre ich in seiner Position, hätte ich vermutlich dasselbe getan.
Tja, aber leider bin ich in einer anderen Position, in der, in welcher man verletzt wird und ich kann den Schmerz nicht einfach von mir streichen, nur weil ich die Wahrheit gehört hatte.
Aber ich musste Logan gar nicht aus dem Weg gehen, weil er nicht in der Schule war untzwar bereits einandhalb Wochen nicht.
Die ersten Tage machte ich mir keine Gedanken, ich war sichtlich froh ihm nicht überraschend über den Weg zu laufen, aber je mehr Zeit verging, desto nachdenklicher wurde ich. Logan würde niemals so lange zu Hause bleiben, außer er hatte eine heftige Grippe - allerdings hatten wir Frühling.

Es war nun also Donnerstag und ich hatte mich mit Rosy gerade bei ihr zum lernen getroffen, als ich unabsichtlich nervös mit meinem Bein wippte.
"Sag mal, hast du irgendwie zu viel Kaffe heute gehabt, oder warum bist du so hibbelig?", fragte sie schließlich.
"Hm?" Ich hörte auf, mit meinem Bein zu schaukeln und sah von meinem Buch auf.
"Du bist irgendwie seit Montag nicht ganz du selbst, ist irgendwas, dass dich nervös macht?"
Abrupt setzte ich mich gerade auf. Mir war nicht aufgefallen, dass ich die Tage so abwesend war.
"Ich ..." Mir viel auf die schnelle keine Antwort ein. "... es ist die Freundin meines Dads, alles noch ein bisschen verwirrend", log ich, lächelte kurz und hielt das Buch in die Höhe meines Gesichts, um nicht von meiner besten Freundin ertappt zu werden, allerdings schob sie das Buch zur Seite. Mit hochgezogener Augenbraue sah sie mich an.
Unauffällig zuckte ich mir meinen Schultern und sah zum vermutlich hundertsten Mal auf mein Handy.
"Und warum starrst du immer auf dieses Ding?", fragte Rosy zusätzlich und wies auf mein Telefon.
Ich rechnete nicht damit, dass mir Logan etwas schreiben würde, damit er sein Verschwinden aufklären würde, aber ich hoffte es ein kleines bisschen, nur um der Gewissheitwillen.
Wieder zuckte ich nur die Schultern.
"Cole", log ich schon wieder und drehte es um.
Rosy beließ es dabei, wofür ich ihr sehr dankbar war, und redete wieder über den Stoff von Chemie.
Ich hörte ihr nur mit einem Ohr zu, ich nahm mein Handy und legte es vor die Buchseiten, das Buch stellte ich auf und tat so, als würde ich ihr folgen.
Ich war wirklich keine Stalkerin, aber ich schaute auf sämtlichen Plattformen nach, ob Logan etwas gepostet hat, geschweige denn das letzte Mal online war.
Rosy stoppte mit ihrem Vortrag und sah mich an. Ruckartig nahm sie mein Buch samt meines Telefons weg und sah auf mein Display.
"Rosy!", jammerte ich und versuchte ihr das Ding noch aus den Händen zu entreißen, ohne Erfolg.
Ich sah sie an und studierte ihre Emotionen: Unbegreifen oder vielleicht doch Verwirrung.
"Annabelle, erklär mir das, sofort!"
Jep, eindeutige Verwirrung!
"Es ist nicht das, wonach es aussieht." Ich suchte nach Worten.
"Also dann stalkst du nicht gerade deinen Ex?" Ihr Sarkasmus war nicht zu überhören.
"Doch, also nein! Ich ...", versuchte ich zu erklären, aber wie konnte ich das Offensichtliche leugnen.
"Es ist nur, seit Tagen ist Logan nicht mehr in der Schule, und ich weiß nicht, warum es mich so stört."
Nachdenklich sah sie mich an. "Das ist mir nicht Mal aufgefallen und jetzt, wo du es sagst, stimmt es."
Minuten des Schweigens übertrumpfte unsere Stimmung.
"Also", zog ich lang. "Weißt du etwas?"
Wieder dachte meine Beste Freundin nach.
"Ich weiß nur, dass vorletzten Samstag Logan kurz bei uns war, um mit Josh zu sprechen", antwortete sie langsam.
Aber natürlich, Josh!
Logan hatte mir erzählt, er wäre der Einzige, der über ihn und seinen Vater Bescheid weiß, dass heißt, nur mit ihm kann Logan reden. Und Josh ist vermutlich der Letzte, der ihn gesehen hat.
Ich nahm mein Handy zur Hand und tippte unauffällig eine Nachricht ein:
'Wir müssen uns treffen.'

Good Badboy ?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt