Kapitel 3 - So sieht man sich wieder.

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Zuhause angekommen machte meine Mutter noch einen riesen Aufstand wie ich denn in einer komplett fremden Stadt so lange weg bleiben konnte und dass sie sich Sorgen gemacht hätte. Ich gab nur zurück wir wären ja nicht gerade nach New York gezogen und das mir ja schließlich nichts passiert sei. Anschließend ging ich hoch in mein neuen Zimmer und nahm erstmal eine ausgiebige Dusche bevor ich mich in Jogginghose und einem viel zu großen T-Shirt auf meine Couch legte. Ich dachte über den heutigen Tag nach und hätte am liebsten gleichzeitig geheult und gelacht. Geheult weil ich jetzt wirklich endgültig aus Berlin weg war und meine beste Freundin jetzt schon wahnsinnig vermisste. Wie gerne hätte ich ihr jetzt von dem Vorfall mit Julian erzählt aber anrufen wollte ich sie um 23 Uhr nun auch nicht mehr. Außerdem hatte ich wahnsinnige Angst vor meinem ersten Schultag morgen. Ich war einfach schlecht darin neue Leute kennen zu lernen und eine neue Klasse sind definitiv zu viele neue Leute auf einmal. Als ob das nicht schon genug Probleme für einen ersten Tag in einer neuen Stadt wären habe ich mich also auch direkt mal richtig blamiert. Doch wäre mir dieses, zugegeben sehr peinliche, Missgeschick nicht passierte hätte ich wahrscheinlich kein einziges Wort mit Julian gewechselt und unser Gespräch im Café war viel zu schön als dass ich es missen wollen würde. Auch wenn ich kaum etwas über ihn wusste und immer noch nicht darauf gekommen war woher er mir bekannt vorkommt war ich total neugierig darauf ihn vielleicht näher kennen zu lernen. Plötzlich fiel mir ein, dass wir ja nicht einmal Nummern ausgetauscht hatten und seinen Nachnamen kannte ich auch nicht. Damit fiel so ziemlich jede Möglichkeit raus irgendwie noch mal mit ihm in Kontakt zu kommen. Es sei denn es wurde jetzt zur Gewohnheit, dass ich ihm Milchshakes über den Pullover kippe. Ich hätte mich am liebsten selbst geohrfeigt dass ich an so etwas wie ihn nach seiner Nummer zu fragen nicht gedacht hatte. Das war mal wieder typisch ich. Da lerne ich einmal einen gut aussehenden und netten Jungen kennen und mein Gehirn schaltet anscheinend total auf Leerlauf.

Ich schaltete also frustriert den Fernseher an und ließ mich von einer Reality Show ablenken. Irgendwann zwischen 0 und 1 Uhr schlief ich dann ein...

Am nächsten morgen um 6:15 Uhr klingelte mein Wecker gefolgt vom persönlichen Weckruf meiner Mutter. "Schatz, dein erster Schultag fängt an! Du musst aufstehen" rief sie. Ich quälte mich also aus dem Bett und schlurfte lustlos in mein Badezimmer. Nachdem ich mir die Zähne geputzt und das Gesicht gewaschen hatte blieb ich vor dem Spiegel stehen und sah mich an. Ich sah wirklich schrecklich aus. Meine schwarzen Haare standen in alle Richtungen und ich würde Stunden brauchen daraus eine Frisur zu machen also kämmte ich sie nur grob durch und knotete sie zu einem Dutt zusammen. Mit Concealer kaschierte ich die Ränder unter meinen grünen Augen. Dann legte ich Mascara und Lipgloss auf und zog mir die Augenbrauen nach.

Zurück in meinem Zimmer schlüpfe ich in eine blaue Jeans, einen weißen Pullover und Chucks bevor ich mit meiner Schultasche nach unten ging. "Guten Morgen. Willst du was frühstücken?" begrüßte mich meine Mutter doch ich schüttelte nur den Kopf. "Da ist ja jemand gut gelaunt..." sagte mein Vater der gerade von oben kam und sich im Vorbeigehen einen Apfel aus der Küche nahm "Ich fahr dich gleich zur Schule ich muss eh daher" teilte er mir dann mit. Na wenigstens musste ich nicht mit dem Bus fahren. 

Vor der Schule ließ mein Vater mich also raus und wünschte mir viel Spaß. Ich machte mich auf den Weg in das Sekretäriat wo ich meine Bücher und meinen Stundenplan bekam. Ich hatte in der ersten Stunde Mathe. Es fing also genauso beschissen an wie ich mir das vorgestellt hatte. In meiner Klasse angekommen wurde ich erstmal von meinem neuen Lehrer vorgestellt. Natürlich glotzten mich alle an aber nach einigen Minuten interessierte sich kaum jemand noch für mich und darüber war ich wirklich sehr froh. In meiner Mittagspause bekam ich plötzlich eine WhatsApp von meinem Vater. 'Hey Süße. Ich hoffe dein erster Schultag läuft gut und du verstehst dich mit allen. Ich wollte dir nur kurz Bescheid sagen, dass wir später zu meiner Arbeit fahren. Mein Chef möchte gerne meine Familie kennen lernen. Nimm dir also bitte nichts vor! Bis später :*'

Klasse. Mein Vater hatte gerade jedes bisschen gute Laune, dass ich durch den nicht ganz katastrophalen ersten Schultag in mir hatte, komplett zerstört. Damit konnte ich mir mein Vorhaben mich so sehr aus der Arbeit meines Vaters rauszuhalten wie nur irgendwie möglich direkt sonst wo hinschieben. Ich hasste Fußball und das letzte worauf ich Lust hatte war ein Besuch im Stadion des FC Schalke. Wahrscheinlich noch mit gratis Stadiontour. Zuhause angekommen zog ich mich also nur schnell um und machte mich etwas frisch bevor wir uns auch schon auf den Weg zur 'Veltins-Arena' machten, wie mein Papa stolz verkündete. 

Angekommen begrüßte uns ein etwas älterer grauhaariger Mann. "Na wenn das nicht mein neuer Lieblingsmitarbeiter ist!" rief er meinem Vater entgegen und nahm ihn kurz in den Arm. Ich weiß nicht genau was es war aber irgendetwas an diesem Mann war mir sofort unsympathisch. Er ging weiter zu meiner Mutter und gab ihr einen Kuss auf die Handfläche "Sie sehen toll aus!" sagte er zu ihr und meine Mutter lächelte nur gequält. Ich kannte sie viel zu gut um zu wissen, dass ihr die Situation mehr als unangenehm war. Zu letzt kam er auf mich zu und hielt mir die Hand hin. "Du bist dann bestimmt Anna hab ich Recht?" Ich nickte nur und schüttelte seine Hand. Ich wusste seinen Namen immer noch nicht aber anscheinend hatte er auch nicht vor ihn mir zu verraten. "Wie wäre es denn wenn wir den Jungs beim Training zu gucken?" schlug er nun uns alles vor. Mein Vater war sofort Feuer und Flamme und wir alle folgten ihm runter zum Platz. 

Nach ca. 10 Minuten in denen ich irgendwelchen Typen dabei zugesehen hatte wie sie sich gegenseitig Bälle zu spielten kam von Rechts plötzlich ein Junge aus der Kabine auf meinen Vater zu. "Guten Abend, Sie sind bestimmt Herr Mailänder oder? Ich bin Julian" Beim Klang seiner Stimme und seines Namens zuckte ich zusammen und meine Mutter sah mich an. "Hallo Julian. Nenn mich doch Stephan. Das ist meine Frau und dort hinten ist meine Tochter..." 

"Anna!?" fiel Julian ihm ins Wort und sah mich mindestens genauso schockiert an wie ich ihn. Vor mir stand tatsächlich der Junge dem ich gestern noch mein gesamtes Getränk quer über den Pulli gegossen hatte und zu allem Überfluss trug er ein Trikot des FC Schalke. Bitte lieber Gott das durfte doch nun wirklich nicht wahr sein... 

"Ihr kennt euch?" fragte mein Vater etwas verwirrt und meine Mutter sah nur zwischen mir und Julian hin und her. "Flüchtig" sagte ich in die Richtung meines Vater und lächelte ihn an. Dann zog ich Julian am Oberarm näher zu mir und flüsterte : "Können wir mal kurz reden. Alleine." Er nickte nur und wandte sich dann an den grauhaarigen Mann und meine Eltern. "Ich führ Anna mal etwas rum!" Alle waren einverstanden und so zog er mich mit sich in die Umkleidekabinen. Auf dem Rücken seines Trikots stand die Nummer 10 und der Name Draxler. 

Kaum hatte er die Tür geschlossen platzte es aus mir heraus. "Würdest du mir das bitte mal erklären?!"

Du & Ich - Ein Leben lang | FF Julian DraxlerWhere stories live. Discover now