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„Hey", sagte ich und Nate setzte sich neben mich.
„Wie viele Stunden hast du noch?", fragte er interessiert und ich dachte kurz nach.
„Zwei."
„Ich auch. Hast du Lust, danach etwas essen zu gehen? Chinesisch oder so?"
Ich nickte.
„Chinesisch klingt gut."
„Okay. Wie kommst du eigentlich hier klar? Ich meine, du bist ja noch nicht lange hier."
„Gut. Ich habe ja Evelyn und dich."

Er lächelt verschmitzt.
„Was würdest du nur ohne mich machen, Prinzessin?"
Ich guckte ihn entnervt an.
„Vermutlich wäre ich immer noch in dem Glauben, alle an dieser Schule wären modebewusst."
„Nein, du fängst jetzt nicht wieder mit meinen Sandalen an", wehrte er sich grinsend und ich guckte ihn mitleidig an.

„Vielleicht können wir ja heute Nachmittag neue Schuhe für dich kaufen...", überlegte ich laut.
„Die sind neu!"
„Die sehen aus, als wärst du durch ein Zeitportal ins 17. Jahrhundert gesprungen und hättest sie dort aus einer verstaubten Kiste mit der Aufschrift: Nicht aufmachen! Flöhewarnung! rausgewühlt."
„Ich wusste nicht, dass es so anstrengend wird, mit einer angehenden Modedesignerin befreundet zu sein."
Ich verdrehte schmunzelnd die Augen.

„Du kannst ja mal darüber nachdenken, ob...", begann ich, doch er unterbrach mich.
„Hey, stopp! Dieses Gespräch ist total irrelevant, da es zu nichts führen wird. Ich bleibe bei meiner Meinung."
„Sturrkopf."
Er verschränkte die Arme vor der Brust und reckte das Kinn in die Luft. „Okay, okay. Ich höre ja schon auf. Aber nur, wenn du dich nicht so aufspielst", gab ich mich geschlagen und ein Lächeln breitete sich auf Nates Gesicht aus.
„Na also, Prinzessin."

  In dem Moment kam Elyas auf uns zu. Er wirkte gestresst und schaute sich immer wieder um.
„Habt ihr Eve gesehen?", fragte er und ich nickte.
„Ja. Sie war eben noch hier. Warum?"
„Egal. Wohin ist sie gegangen?"
Ich stutzte, beschloss dann aber, mich nicht in seine Angelegenheiten einzumischen.
„Sie ist in die Richtung gegangen", ich deutete nach hinten. „Danke. Ach ja, hast du Lust, Übermorgen mit uns ins Kino zu kommen?"
Elyas zog die Augenbrauen hoch und sah eher genervt aus.
„Wer ist wir?", fragte ich.
„Brandon, Roxy, Eve und ich. Wer sonst?"

Anscheinend hatte Elyas echt keine gute Laune. Keine Ahnung, ob das bei ihm jemals vorkommt. Es war ja wohl nicht gerechtfertigt, mich gleich anzumotzen, nur weil ich eine klare Definition von „Wir" forderte. Ich hatte Angst nachzufragen, in welchen Film sie gehen wollten. Ich wollte keinesfalls, dass Elyas Laune sich weiter verschlechterte. Obwohl es echt wissenswert wäre. Ich halte mich grundsätzlich von Sience-Fiction-Filmen fern. Meistens passiert darin irgendetwas völlig Unrealistisches. Ich mag keine unrealistischen Handlungen. Ich versuche, mir immer vorzustellen, was ich in der Situation machen würde und das führt dann meistens dazu, dass ich mir meinen eigenen kleinen Film ausdenke und die Hälfte von dem, was sich auf der Leinwand abspielt, verpasse.

„Ich komme mit", sagte ich und bemerkte Nates stechenden Blick von der Seite. Aber ganz ehrlich: Nur wegen seiner komischen Verschwörungstheorie musste ich nicht auf meine Freunde verzichten.
„Okay. Dann um sechs in der Stadt."
Elyas machte, dass er davon kam und ich wand mich scheinheilig Nate zu. „Es ist deine Entscheidung. Ich kann dir so oft ich will sagen, dass du diesen Menschen nicht trauen kannst und..."
„Ich werde trotzdem weiter etwas mit ihnen machen", beendete ich seinen Satz und Nate schnaubte.

„Wir treffen uns nach Unterrichtsschluss vor der Schule", sagte er und stand auf. Ich nickte grinsend, auch wenn ich wusste, dass Nate es nicht mehr sehen konnte. Der Flur war mittlerweile wie leergefeg, ,und ich ließ noch ein paar Sekunden meine Beine baumeln. Die nächste Stunde fing in ein paar Minuten an.
Ich hatte Schlimmeres erwartet. Ich hatte erwartet, dass ich keine Freunde finden würde. Dass ich in den Klassen hinterher hängen würde. Ich hatte erwartet, dass Catherine ein Monster oder so etwas war.

Doch so war es nicht.
Und darüber war ich froh.
Dann sprang ich auf und ging in den Unterricht.

○ ○ ○ ○ ○

Die letzte Stunde verging langsam und langweilig. Ich war mit den Gedanken schon bei meiner Verabredung mit Nate. Es war kein Date. Man trifft sich nicht zu einem Date wenn man nur befreundet ist. Das macht zumindest für mich Sinn.

Ich hatte keine Ahnung, wie Nate darüber dachte. Vermutlich dachte er gar nicht. Es war nur ein treffen zum Essen. Unter Freunden. Da gab es gar nichts zu Denken. Hätte ich ein Date, würde ich mich niemals zum Essen verabreden. Ich wäre nicht besonders scharf darauf, mir vor dem Jungen essen rein zu schaufeln. Vor anderen Leuten essen ist mir generell unangenehm. Aber bei Nate war es etwas anderes. Ich schämte mich nicht. Vielleicht lag es nur daran, dass die neue Umgebung mich lockerer machte. Oder ich redete mir das nur ein. Aber insgesamt dachte ich dafür, dass ich es eigentlich für unnötig hielt, schon viel zu lange darüber nach.                                  Die Mathematikstunde ging an mir vorbei wie im Flug.

Manchmal trägt das Glück Socken in SandalenDove le storie prendono vita. Scoprilo ora