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Als ich den Klassenraum betrat, fiel mein Blick als erstes auf zwei bestimmte Mädchen. Na toll. Natürlich mussten Blondie und Katzenauge auch im Französischkurs sein. Beide hatten ihre Handys in den Händen und schienen sich nicht sonderlich für ihre Umgebung, geschweige denn ihre Mitmenschen zu interessieren.

Ich legte meine Bücher auf einen freien Platz und wartete, bis die Lehrerin hereinkam. Sie war klein und zur Abwechslung mal nicht blond (Ja, bisher hatte ich den Eindruck, dass 90% in dieser Schule blonde Haare hatten). Außerdem war sie ein wenig pummelig, was ihr aber echt gut stand. Ich mochte sie auf Anhieb.

Als sie die Tür öffnete, warf ich einen schnellen Blick nach hinten. Blondie und Katzenauge hatten ihre Handys mittlerweile weggelegt und ihre Hände auf dem Tisch gefaltet. Sie sahen eher so aus, als wären sie in einem Kloster und nicht in einem Klassenzimmer.

„Guten Tag ihr Lieben!", begrüßte uns unsere Französischlehrerin. „Ich bin Madame Roux, für die, die neu sind". Sie zwinkerte mir zu und ich lächelte.

„Also Gut. Attention, wir machen mit dem Thema Paris weiter. Schlagt die Seite 34 auf!"
Ich tat, was sie sagte und nahm die Seite in Augenschein.

Da meldete sich Blondie hinter mir.
„Oui, Miss Evens?", sagte Madame Roux und Blondie räusperte sich.

„Mein Vater war letztes Jahr mit mir in Paris. Wir haben uns alles angeschaut, was es zu sehen gab. Den Eiffelturm, den Louvre, Notre Dame, die Champs-Elysées und so weiter! Ich möchte später mal nach Paris ziehen, deshalb freue ich mich schon, so viel darüber zu lernen wie möglich!", sie strahlte Madame Roux an.

O Gott. Das war ja Schleimen auf ganz hohem Level. Dass Blondie sich so eingeschmeichelt hatte, war für mindestens die Hälfte der Klasse fremdschämend. Darauf wettete ich.

„Schön! Ich freue mich, dass manche von ihnen anscheinend schon wissen, wo sie in der Zukunft leben wollen", sagte Madame Roux.

Ich hatte mir noch nicht viele Gedanken darüber gemacht. Ich dachte immer, mein Dad und ich würden noch lange in einer Wohngemeinschaft leben. Nur wir Beide. Doch jetzt, wo ich Catherine mit in die Planung einbeziehen musste, wurden diese Pläne über den Haufen geworfen. Auch, wenn sie wahrscheinlich eh nur die Träume eines siebenjährigen Kindes waren.

Was ich nach der Schule mit meinem Leben anfangen sollte, weiß ich also noch nicht. Ich weiß nur, dass ich später gerne zwei Kinder hätte. Und ich wäre Modedesignerin. Aber wahrscheinlich werde ich in Hollywood bleiben. Ich werde mich mit der Zeit bestimmt daran gewöhnen, hier zu leben, und dann nicht mehr weg wollen.

Die Französischstunde verging wie im Flug und ich mochte Madame Roux mit der Zeit immer mehr. Ihr schriller Style passte nicht ganz so gut mit ihrem eigentlich ziemlich ruhigen Charakter zusammen, aber trotzdem harmonierte es irgendwie.

Als die Stunde zu Ende war, packte ich langsam meine Sachen zusammen. Anders, als die Anderen, die sofort nach Hause wollten, ließ ich mir extra ein wenig Zeit. Ich hatte es nicht eilig.

Da Dad und Catherine nicht erwähnt hatten, dass sie mich abholen würden, ging ich nicht davon aus, dass dies passieren würde.

Ich fuhr aber auch gerne mit der Metro. Zum einen musste ich mich sowieso daran gewöhnen, und zum anderen fand ich es wirklich interessant, Metro zu fahren. Die vielen total unterschiedlichen Gesichter waren faszinierend. Manche Leute waren gestresst, andere sahen traurig oder müde aus und manche strahlten über das ganze Gesicht. Ich stellte mir gerne vor, wohin diese Leute wohl fuhren.

Ich packte meine Tasche und machte mich auf den Weg zum Ausgang. Auf der Wiese vor dem Schulgebäude lag eine karierte Decke, auf der ein paar Jugendliche saßen. Bei näherem Hinsehen erkannte ich, dass eine von ihnen Evelyn war.

„Hey Chloe! Komm doch zu uns!", rief sie mir zu und mehrere andere Schüler drehten sich zu mir um. Erst zögerte ich einen Moment lang.

Doch dann fiel mir ein, dass ich ja eigentlich noch viel Zeit hatte. Also ging ich auf Evelyn zu und legte meine Tasche auf den Rasen.

Es waren noch drei andere Schüler da, ein Mädchen und zwei Jungs. Das Mädchen hatte türkise Haare, die in alle Richtungen abstanden. Außerdem trug sie dicken, schwarzen Eyeliner und knallroten Lippenstift. Im Gegensatz zu ihr sah Evelyn aus wie ein braves Schulmädchen.

Einer der Jungs war blond und hatte einen leichten Anflug von einem Bart, was schrecklich bei ihm aussah.

Der zweite Junge hatte sehr markante Gesichtszüge, dunkle Haare und trug ausschließlich Markenklamotten.

Evelyn stellte uns einander vor. Das Mädchen neben ihr hieß anscheinend Roxy. Der Name des blonden Jungen mit der schwarzen Nietenjacke war Elyas und der dritte war anscheinend Brandon Stevens.

Ich erinnerte mich an Katzenauges Warnung von heute Morgen. Sie würden mich fertig machen, wenn ich mich an ihn ranschmeißen würde. Brandon sah schon gut aus, war aber definitiv nicht mein Typ. Da mussten sie sich also keine Sorgen machen.

Manchmal trägt das Glück Socken in SandalenDove le storie prendono vita. Scoprilo ora