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Auch wenn mein Dad und ich früher schon in einem sehr großen Haus gewohnt hatten, war dieses mindestens doppelt so groß. Dieses Gebäude konnte es mit dem weißen Haus aufnehmen.

Und der riesige Vorgarten war nicht weniger beeindruckend. Erst jetzt sah ich die Frau, die im Türrahmen lehnte. Sie lächelte strahlend, hatte blonde Haare die ihr in Locken über die Schultern fielen und einen Traumkörper.

Mein Dad hatte dieselbe Haarfarbe und dieselben großen, blauen Augen wie sie. Ich kam mir neben den beiden ein wenig fehl am Platz vor, da ich meine brünetten Haare und meine grün-braunen Augen von meiner Mom geerbt hatte. Sie sah mit der Augenfarbe wunderschön aus, da es bei ihr wie ein Farbverlauf war. An den Rändern waren sie Braun und weiter zur Pupille wurde es dann immer grüner.

 Meine Augen waren ein Mischmasch aus beiden Farben und es sah aus, als hätte jemand einen braunen und einen grünen Farbeimer gegen eine Leinwand geschmissen und sich dann darauf übergeben.

„Da seid ihr ja endlich!" strahlte Catherine uns an. „Du musst Chloe sein!" rief sie und schüttelte mir dabei begeistert die Hand, was ich, vielleicht nicht ganz so enthusiastisch, erwiderte.

„Ich hoffe ihr hattet einen guten Flug. Wie gefällt dir das Haus, Chloe?", nun hörte sie sich eher etwas zaghaft an.

„Es ist... schön. Ungewohnt groß, aber schön", antwortete ich und schenkte ihr ein kleines Lächeln. Schließlich räusperte sich Dad und ging ins Haus, da Catherine noch zu sehr damit beschäftigt war, mich von oben bis unten zu betrachten.

„Hey Cath, du hast mir gar nicht erzählt, dass unser Nachbar eine Vogelscheuche ist!", rief mein Dad von drinnen und Catherine machte sich nun auch endlich auf den Weg ins Haus.

„Ach, Schatz! Das ist Mr. Dawson! Er hat anscheinend eine Schwäche für Strohhüte und Einteiler", kicherte Catherine und ich kniff die Augen zusammen, als sie das Wort „Schatz" verwendete. Mein Dad hatte Mom immer Cherié genannt. Der Gedanke daran überkam mich so plötzlich, dass mir die Luft wegblieb. Doch er war genauso schnell weg, wie er gekommen war.

„Chloe Schätzchen, willst du reinkommen, oder auf der Fußmatte übernachten?", drängte Catherine lächelnd. Chloe Schätzchen. Tja, das war wohl L.A. Um ehrlich zu sein, hätte ich liebend gern auf der Fußmatte geschlafen. 

Mein Gefühl dabei, in diesem Haus zu übernachten war nicht sonderlich gut. Nicht, weil ich Angst vor Mördern oder Ähnlichem gehabt hätte, die sich in diesem riesengroßen Haus hinter jeder Ecke versteckt haben könnten (okay, deswegen auch, aber diese Vermutung war ziemlich peinlich und unbegründet).

Der Hauptgrund, warum ich mich vermutlich nicht wohl fühlte war: Es würde total anders riechen. Ich weiß, es ist auch ein bisschen albern, aber ich bin mit dem Geruch nach Lavendelblüten und Vanille 16 Jahre lang eingeschlafen und aufgewacht.

Das lag daran, dass mein Dad jeden morgen Parfum benutzte, welches eben nach Lavendel und Vanille roch. Als wir umzogen sortierte er es jedoch mit den Worten „Catherine ist allergisch gegen Lavendel - ich werde mir wohl ein neues Parfum kaufen müssen" aus.

Ich war stinksauer. Tatsächlich war der Geruch nach Lavendel und Vanille für mich immer die Definierung für Zuhause gewesen. Aus diesem Grund war ich so wütend auf Catherine und ihre ganzen Allergien gewesen, dass ich das Fläschchen mit dem Parfum heimlich eingesteckt hatte. Es lag also genau in diesem Moment in meinem Koffer.

Nun war ich doch ziemlich neugierig, wie mein Zimmer wohl aussehen würde. Ich schätzte, es würde ziemlich groß sein. Vielleicht hatte ich ja sogar ein Bodentiefes Fenster? Deshalb ging ich schließlich doch in das Haus. Es gab keinen Flur, sodass man direkt das große Wohnzimmer betrat. Wohnzimmer und Küche waren lediglich durch einen großen, offenen Türrahmen getrennt. 

In der Küche gab es dann wieder einen kleinen, abgetrennten Bereich mit Küchenschränken, Herd, Kühlschrank und Ähnlichem. In der Ecke stand ein riesiger, weißer Tisch mit drei Stühlen.

Viele kleine Details verzierten den Raum und ließen ihn, ehrlich gesagt, doch ziemlich gemütlich wirken.

Das Bad, sowie die Schlafzimmer waren in der oberen Etage. Abseits des Wohnzimmers führte eine kurze Wendeltreppe nach oben. Dort kam man in einen Flur, von dem fünf Türen abgingen. Das Schlafzimmer, das Bad, die Abstellkammer und mein Zimmer. Außerdem gab es doch tatsächlich einen Kinoraum! Mit einer Leinwand, Popcornmaschine und allem drum und dran.

Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, also sagte ich nichts dazu. Als ich die Tür zu meinem Zimmer aufstieß, hielt ich den Atem an.

Ich hatte ein großes, bodentiefes Fenster mit grauen Vorhängen. Davor stand ein Boxspringbett. Die restlichen Möbel in meinem Zimmer gefielen mir ganz gut, auch wenn sie aussahen, wie einem Wohnmagazin entsprungen und bestimmt schmerzhaft teuer waren. Ich grub meine Zehen in den weißen Flokatiteppich und hörte, wie Schritte die Treppe hochkamen.

Manchmal trägt das Glück Socken in SandalenWhere stories live. Discover now