VIII: von Sonnenaufgängen und Küchendiensten

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DIENSTAG

Martha nahm etwas auf ihrem Gesicht war. Sie öffnete verschlafen ihre Augen. Till zog hastig seine Hand zurück, mit der er eine Strähne aus Marthas Gesicht gestrichen hatte. Sie schreckte hoch.

"Dann war das also doch kein mieser Traum." Martha seufzte. "Leider nein."

"Shit, wir müssen in die Schule! Wie viel Uhr hat es?", fragte Martha erschrocken.

"Schau dich doch mal um!", sagte Till lachend. "Die Sonne geht gerade erst auf."

Martha sah sich um. Till hatte Recht, die Sonne stand noch tief über dem Horizont und tauchte die Umgebung in warmes rötliches Licht. "Das ist wunderschön." Damit meinte sie nicht nur die Landschaft. Tills blonde Locken schimmerten leicht rötlich und seine blauen Augen strahlten.

Till nickte. "Wollen wir trotzdem schon zurückgehen? Die anderen machen sich bestimmt schon Sorgen."

"Okay." Martha seufzte. Till stand auf und Martha gab ihm seine Jacke zurück.

"Till?" Till drehte sich fragend zu Martha um. "Ja?"

"Danke."

"Für was?", fragte Till verwundert.

"Dafür, dass du mit mir hiergeblieben bist." Till lächelte.

"Danke, dass du nicht mehr sauer auf mich bist.", erwiderte er.

Schweigend liefen Till und Martha nebeneinander her. Die Luft war noch sehr kühl. Martha fröstelte und schlang ihre Arme fest um ihren Oberkörper.

"Hier." Till zog seine Sweatshirtjacke aus und gab sie Martha. "Zieh die an."

Martha lächelte ihm dankbar zu. Till legte seinen Arm um ihre Schulter und zog sie näher an sich. Martha konnte nicht glauben, dass sie sich in seinen Armen so wohl fühlte.

Als sie in die Nähe des Internats kamen, nahm Till seinen Arm von ihrer Schulter und sie brachten etwas Abstand zwischen sich.

Frau Schiller stand vor der Eingangstür und telefonierte. Als sie die beiden erblickte, nahm sie das Telefon vom Ohr und kam auf die beiden zu.

Als sie bei ihnen ankam, stemmte sie energisch die Hände in die Hüften. "Wo seid ihr die ganze Nacht lang gewesen?"

"Es tut uns leid Frau Schiller, ehrlich.", entschuldigte sich Martha.

"Was habt ihr euch dabei gedacht? Ihr sollt sofort ins Direktorat kommen.", erklärte Frau Schiller wütend.

"Können wir uns noch kurz frische Klamotten anziehen?", fragte Till.

"Sofort!" Frau Schiller drehte sich um und stampfte ins Internat.

"Oh, man." Martha stöhnte genervt auf.

Zögernd klopft Martha an der Tür des Direktorats. "Herein." Till öffnete die Tür und sie traten in das Direktorat. Herr Chung und Frau Stocker warteten bereits mit ernsten Mienen auf sie.

"Setzt euch.", sagte Herr Chung streng. Martha und Till taten, was ihnen gesagt wurde.

"Es wurde uns zugetragen, dass ihr die letzte Nacht nicht im Internat verbracht abt. Ist das richtig?", fragte Frau Stocker.

"Ja, das ist richtig." Till kratzte sich am Kopf.

"Wo wart ihr?" Frau Stocker richtete ihren Blazer.

"Im Wald." Frau Stocker und Herr Chung blickten sich verwundert an. "Im Wald? Warum das denn?"

"Ich wusste nicht, wo ich schlafen sollte. Till war im Wald joggen und ist dann bei mir geblieben.", erklärte Martha.

"Hat das Problem mit dem Schlafplatz etwas mit der Situation mit Kasimir zu tun?", fragte Herr Chung.

"Sie wissen davon?", fragte Martha ungläubig. Herr Chung nickte.

"Wer auch immer von euch das gewesen ist, ihr seid wirklich zu weit gegangen! Kleine Rivalitäten sind völlig in Ordnung, aber ihr habt es nun wirklich übertrieben. Diese Aktion wird Konsequenzen haben." Frau Stocker fuhr sich über die Schläfen. "Wer von euch war es?"

Till warf Martha einen kurzen Blick zu. "Ich war es und wollte es Martha in die Schuhe schieben."

Martha atmete tief ein. "Nein, ich war es. Ich wollte, dass alle denken, dass Till es gewesen ist." Till schaute sie schockiert an.

"Das stimmt nicht! Ich weiß nicht, warum Martha das erzählt, aber es stimmt auf jeden Fall nicht!"

"Till, du musst das nicht machen, nur um mich zu schützen."

"Stopp, es reicht." Frau Stocker klopfte mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. "Dreimal pro Woche Küchendienst, bis ihr die Wahrheit sagt." Sie lächelte siegessicher.

"Können wir jetzt gehen?", fragte Martha unbeeindruckt.

"Sicher. Zieht euch etwas Frisches an und kommt dann wieder in die Schule.", erwiderte Herr Chung.

Sobald Martha die Tür geschlossen hatte, zischte Till wütend: "Warum hast du das getan?"

"Ich habe die Konsequenzen reduziert." Martha zuckte mit den Schultern. "Warum schaust du mich so komisch an?"

"Warum ich komisch schaue? Ich bin daran schuld, dass Kasimir sich von dir getrennt hat, Nele dich hasst, du im Wald übernachtet hast und jetzt auch noch dreimal pro Woche Küchendienst hast!"

Tills Augen wurden glasig. "Weißt du eigentlich, wie schlecht ich mich deswegen fühle?"

Martha umarmte ihn fest. "Es ist okay." Sie bemerkte, wie dieses wohlige Gefühl wieder in ihr hochkroch. "Und noch was, du erzählst Nele und Kasimir nicht die Wahrheit."

Till hob eine Augenbraue. "Warum das denn?"

"Denke doch mal nach. Wenn wir die ganze Sache auflösen, ist allen klar, dass du für die Streiche verantwortlich bist. Und was, wenn sie dir dann dein Sportstipendium wegnehmen? Dann war es das mit dem Leistungssport!"

"Aber jetzt hast du so viel Stress wegen mir."

"Oh, nein." Sie deutete auf eine Gruppe Schüler, die das Schulhaus betraten. "Die ersten Schüler kommen schon. Ich habe keinen Bock auf die blöden Blicke."

"Einfach nicht darauf achten und weitergehen.", rat ihr Till.

Als die erste Gruppe Schüler an ihnen vorbeilief, starrten sie, sagten aber nichts. Es kamen noch weitere vier Schüler, bevor der erste seinen Mund aufmachte. "Erst Feindschaft und jetzt Freundschaft, oder wie?" Till schüttelte belustigt den Kopf.

"Schau mal, da kommen Nick und Timo.", sagte Martha und zeigte in die Richtung, aus der sie angeradelt kamen.

Till und Martha - eine Schloss Einstein-LovestoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt