Kapitel 20: Bojutsu

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Len hatte um Valis Willen sein riesiges Schwert weggelegt und stand dem jüngeren nun ohne Waffe gegenüber, dennoch hatte Vali... Sagen wir mal, er hatte Respekt.

Als nach einer weiteren verschwendeten Minute noch immer nichts geschah, verdrehte der Wächter die Augen, griff nach Valis Waffe und zog einmal kräftig daran, wodurch Vali zu Boden ging.

Schmerz durchzuckte Valis Schulter, doch er stand so schnell er konnte wieder auf und versuchte ein gleichgültiges Gesicht zu wahren.

So würde das doch nie etwas werden! Er wusste doch nicht einmal, was er tun sollte!

Noch einige Male besiegte Len ihn, ohne dass er auch nur ansatzweise versuchen konnte, etwas dagegen zu tun.
Frustriert stampfte Vali auf.

Eine Hand tippte ihm auf die Schulter und er fuhr herum, er hätte die Person beinahe angeschnauzt (blödes Temperament), doch im letzten Moment hielt er inne, denn es war kein Anderer als Askan selbst, der dort hinter ihm stand.

Der Ase beugte sich vor, rückte Valis Helm zurecht und meinte dabei leise:
"Len wiegt sich in Sicherheit. Ich schlage vor, du achtest mal auf seine Füße, seine Beinarbeit ist echt fürchterlich! Und benutz endlich deinen verdammten Stock."

Askan zwinkerte ihm zu:"Angst brauchst du keine zu haben, wehtun kannst du ihm nicht. Viel Spaß. "

Mit diesen Worten drehte sich der Mann um und ging, einen vollkommen verwirrten Vali zurücklassend.

Len guckte ihn fragend an:
"Willst du noch kämpfen oder sollen wir für heute Schluss machen?"

"Nein.", sagte Vali und seine Stimme klang sicherer als er sich dabei fühlte.

"Na gut.", sagte Len überrascht und machte einen Schritt auf ihn zu, doch Vali wich zur Seite aus, als der Wächter versuchte, ihm einen Stoß zu versetzen.
Len grinste, was Vali ein bisschen verängstigte.

Hilfe. Was habe ich getan?

Len versuchte erneut, Vali einen Schlag zu versetzen, doch dieses Mal war er vorbereitet und wirbelte den Hanbo in der Luft herum und traf Len damit an der Schulter.
Der Angriff war zwar nicht besonders effektiv, aber immerhin verschaffte er ihm eine Sekunde zum Nachdenken.

Sein Blick wanderte zu Lens Füßen und er grinste, als er begriff, was Askan gemeint hatte.
Also ein fester Stand sah anders aus!

Vali duckte sich unter Lens nächstem Angriff weg und stieß den Stock zwischen dessen Knöchel, was den Wächter zum Wanken brachte.

Len fluchte, griff nach Valis Rückenpanzer und riss den jüngeren zu Boden.
Vali schnappte nach Luft, als ihm der Aufprall die Lungen zusammendrückte.

Lens dunkle Hand erschien wenige Sekunden später in seinem Blickfeld und ergriff diese dankbar.

Ihm war etwas schwindelig, als er wieder auf den eigenen Füßen stand und als ihm jemand auf die Schulter tippte, meinte er für kurze Zeit Askan vor sich zu sehen.
Eisblau.

"Vali? Alles klar, Mann?"

Er blinzelte und die stechend blauen Augen gehörten nicht zu Askan sondern zu seinem Bruder.

Er nickte, blinzelte einen Schweißtropfen weg, der ihm die Schläfe hinunterrann und ihm wurde klar, was er für eine Lachnummer darstellen musste, nassgeschwitzt und völlig außer Atem, mit einem Stock als Waffe, von dem er nicht einmal wusste, wie er ihn benutzen sollte.

"Können wir für Heute aufhören? Es ist doch sicherlich bald Mittag..."

Obwohl er sich letztendlich doch nicht so abgrundtief schlecht geschlagen hatte, war er irgendwie frustriert. Er hatte immer mehr das Gefühl, dass er einfach nicht in diesen ganzen mythischen Kram hineinpasste.
Genauso wenig wie er auf die Erde gepasst hatte, passte er hierher und er wollte am Liebsten in Tränen ausbrechen. Das war so unfassbar ungerecht!!

Es war ihm beinahe unheimlich, wie seine Gefühle so stark von gut in schlecht umschlugen.

"Ehm, klar. Ich... Ich finde dich und bringe dich zum Essen wenns soweit ist. Ist wirklich alles in Ordnung?"

"Ja."

Vali drehte sich um und ging, um den Stab wegzulegen.

"Und, hat mein Vorschlag dir geholfen?"

Er zuckte zusammen und drehte sich um.

Weißblonde Locken, blasses Gesicht, Eisblaue, schmale Augen.
Askan.

Er sieht aus wie der Winter in Person, kam es Vali in den Sinn, doch er tat den seltsam poetischen Gedanken mit einem Kopfschütteln ab.
Der Ase war doch nicht Jack Frost!

Askan legte fragend den Kopf schief.

"Ähh...ja. Aber ich glaube nicht, dass ich jemals ein auch nur halbwegs passabler Kämpfer sein werde", sagte Vali bedrückt.

Narfis Onkel nickte wissend:
"Ich kenne das Gefühl, vertrau mir. Aber ich bin mir sicher, dass der Tag kommen wird, an dem wir uns gegenüber stehen und es mir... Nun... Nicht allzu leicht fallen wird, dich zu besiegen."

Askans kühler Blick blieb gleich, doch er lächelte verschmitzt und auch Vali musste instinktiv schmunzeln:
Klar, Askan war ein Mann von der aufmüpfigen Art, aber er mochte ihn irgendwie.

"Auf Wiedersehen, Prinz Vali", murmelte Askan, drehte sich um und verließ leichtfüßig die Halle.

Vali blickte noch eine Weile nachdenklich auf die Stelle, an der der Mann gestanden hatte, dann ging auch er, nur um an der Tür in einen gehetzten Loki hineinzurennen.

"Bei Odins Bart!", fluchte dieser, dann erkannten die Smaragdgrünen Augen seinen Sohn und er nickte entschuldigend:
"Verzeih, ich.. Komme gerade von Bauger und der.... Mistkerl konnte nicht anders, als die Hälfte von Asgards Kerker gegen mich aufzubringen."

Besorgt musterte Vali Loki, doch zu seiner Erleichterung war der blaue Fleck aus dem Gesicht seines Vaters verschwunden.

" Das muss hart für dich sein. ", sagte er leise.

Loki nickte erneut, dann trat ein panischer Ausdruck in sein Gesicht:
"Tut mir wirklich furchtbar Leid, aber ich muss unbedingt zu Thor. Ich muss Bauger irgendwie davon abhalten Lügen über mich in die Welt zu setzen."

Vali machte den Weg frei und beobachtete seinen Vater, wie er mit langen Schritten hinter der nächsten Ecke verschwand.

Er hatte Kopfschmerzen, es gab so viel für ihn zu verarbeiten und das nicht-vorhandensein von jeglichen Uhren hatte ihm sein Zeitgefühl vollends genommen.
Er war einfach nur müde und fertig.

Ich muss diesen Bauger selbst einmal sehen, dachte er: ich will selbst hören, was er zu sagen hat.

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Lokison- WolfheartedWhere stories live. Discover now