Kapitel 13: Liebe ist eine Illusion

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Loki schlich beinahe auf sie zu, so langsam ging er,  er wirkte blass, blasser als sonst. Vali starrte ihn eventuell etwas zu sehr an, aber wer sollte es ihm verübeln: immerhin sah er Loki das erste Mal so nah vor sich.
Seinen Vater.
Auch wenn er das Wort nur dachte und nicht laut aussprach fühlte es sich einfach unglaublich gut an.
Vater.

"Narfi, was macht er hier?!", fragte Loki, seine Stimme zitterte irgendwie.

In Valis Kopf schrillten die Alarmglocken. Loki schien ganz und gar nicht belustigt.

Narfi blinzelte schnell und wich Lokis grünem Blick aus.

Endlich guckte Loki in auch einmal an, doch Vali brachte kein Wort raus. Plötzlich fiel ihm ein, dass der Mann vor ihm nicht nur sein Vater war, sondern auch jemand der 80 Menschen umgebracht hatte.
An einem einzigen Tag!

Er fühlte sich unbehaglich.

"Vali.", schnurrte Loki beinahe, wandte den Kopf ab und gab Narfi dabei beinahe beiläufig einen Stoß vor die Brust.
Narfi stolperte, keuchte überrascht auf und ging mit einem dumpfen Geräusch zu Boden.

Mit offenem Mund beobachtete Vali, wie sein Vater seinen Bruder am Hals packte und ihn so hart gegen die Wand drückte, das dessen Rückrat knackte.

Vali warf Thor einen Blick zu, doch der schien nicht einschreiten zu wollen. Was war hier los?!

"Ich hatte dir befohlen, dass du ihn NICHT hierher bringst!"

Narfi winselte und rutschte an der Wand herunter, als Loki ihn losließ. Er würgte und hustete und Vali starrte seinen Vater fassungslos an.

Was war gerade passiert?
Das konnte doch nicht... Loki war Narfis VATER!

Narfis sonst so stechend eisblauen Augen wirkten stumpf, er sah hilfesuchend zu Vali hinüber.
Dieser stand nur wie angewurzelt da, starrte Loki an, der mit leerem Blick ins Nichts starrte, mit dem Rücken zu Vali.

Endlich drehte sich Loki um und... Lächelte.

"Tut mir Leid.", flüsterte er. "Aber mach dir keine Sorgen um Narfi. Er ist nicht... wichtig."

Valis Gedanken rasten, Ekel erfüllte ihn, immer und immer wieder spielte sich die Szene wie sein Vater seinen Bruder am Genick packte und gegen die Wand stieß in seinem Kopf ab.
Wieso
Und diese Worte. Diese absolut abstoßenden, widerlichen Worte.
Er ist nicht wichtig.
Mach dir keine Sorgen.

Loki grinste ihn an und wiederholte:
"Er ist nicht wichtig."

Es fühlte sich an wie ein perfider Alptraum, doch das war die REALITÄT.

Wut. Brodelnde, kochende, zischende, glühend heiße Wut schoss ihm durch die Adern.
Wie konnte ein Vater seinem Sohn so etwas antun? Wie konnte man nur so unglaublich MIES sein?

Gerade Loki musste das Gefühl doch kennen, als minderwertig angesehen zu werden!

Wie konnte er zulassen dass sich Narfi auch so fühlte.

"Du widerst mich an.", knurrte er mit der fremden Stimme und Blut lief ihm über die Hände, als die schwarzen Wolfskrallen durch seine Fingerkuppen brachen.
Alles wirkte verlangsamt, er nahm viel mehr wahr, viel mehr kleine Dinge, die er vorher nicht bemerkt hat. Er hörte die Wände des Raumschiffs ächzen, er hörte Stimmen über ihm und unter ihm und von überall her tönen. Er sah alles viel klarer, viel schärfer. Als hätte er einen alten Röhrenfernser gegen einen 4K Flachbild ausgetauscht.
Er konnte die Hinterhältigkeit in Lokis Augen funkeln sehen und hörte dessen Herzschlag, der sich bei Valis Anblick deutlich verschnellert hatte.

Er konnte Lokis Angst förmlich riechen.

"Oh, ich bin widerlich, hm?", flüsterte Loki und zog nachdenklich die Brauen zusammen.
"Dabei bist du doch das Monster..."

Vali stieß einen wütenden Schrei aus, einen heiseren, jaulenden Laut, ein Aufheulen, nicht unähnlich dem eines Wolfes.

Loki zuckte nicht einmal zusammen, als Vali ihn von den Füßen stieß und ihm die Krallen in die Brust schlug.
Er grinste nur sein Zähnebleckendes Grinsen und beobachtete hämisch Valis Mühe, gegen ihn zu kämpfen. Nur gab er keinen Widerstand.
Er machte keinerlei Anstalten sich zu wehren.

Valis Muskeln schmerzten, sie waren seinen Kräften noch nie so lange ausgeliefert gewesen, noch nie so kontrolliert.
Es war deprimierend, dass sein Vater, auch wenn er den Mann vor sich, unter sich, lieber nicht so nennen wollte, so viel stärker war als er.
Loki schien keine Schmerzen zu spüren und doch war sein Blut überall verteilt. Oder der Trickster war einfach sehr gut darin, Schmerzen zu vertuschen.

Vali ließ erschöpft die Arme hängen, starrte auf Lokis Brust, wo die von ihm erschaffenen Kratzspuren innerhalb von Sekunden verheilten und Tränen brannten in seinen Augen.
Wie konnte Loki nur so unglaublich mies sein? Er hatte ja nicht einmal große Erwartungen an seinen Vater gehabt, aber Loki Odinson war eine einzige Enttäuschung. Brutal und frei von jeglicher Liebe.

"Interessant...", schnurrte Loki sanft und strich über Valis Wange, die mit einem grauen, Fellähnlichen Flaum bedeckt war.

"Ist das die Wut?"

Seit langer, langer Zeit meldete sich Narfi auch einmal wieder zu Wort. Er schien wie aus einer Trance erwacht.

"Vali, zügele dich, du darfst nicht-"

Vali drehte seinen Kopf ruckartig in Richtung seines Bruders:"Ich darf nicht WAS?! Ihm das geben, was er verdient hat! Er ist so abartig widerwärtig und springt mit dir um als wärst du sein Diener und nicht sein Sohn!"

Narfis Blick wanderte an Valis Kopf vorbei und hinter ihn und Vali konnte gerade noch schnell genug reagieren, bevor die Klinge von Lokis Messer sich in seine Schulter gebohrt hätte.

Er starrte Loki ungläubig an.

Der Eisriese legte den Kopf in den Nacken und begann heiser zu lachen.

Das war zu viel.

Valis Fass war damit zum überlaufen gebracht, er hatte die Nase gestrichen voll von dieser merkwürdigen Kreatur, die sich selbst Loki und sein Vater nannte.

Kurzerhand griff er nach dessen Genick und, unerwartet, stoppte Lokis lachen.
Es war grauenvoll still im Kronsaal.

Loki's Augen wirkten gläsern, sein Blick verschwommen.

Vali konnte seinen Herzschlag hören, der überraschenderweise raste, als ob Loki Angst hatte zu sterben. Dabei drückte er den Gott noch verhältnismäßig sanft zu Boden.
Wieso hatte Loki Odinson solch eine Angst?

Er fühlte sogar, wie dessen Herz gegen den Brustkorb donnerte, wie es wie wild pumpte, beinahe war ihm, als könne er das Adrenalin, das Lokis Adern durchströmen musste beinahe riechen!

"Was wirst du nun tun, Sohn. Mich töten?"

Und obwohl Loki absolut gelassen klang, wusste Vali, dass er es nicht war.
Selbst das Trugbild, das die Illusion aufrecht erhielt, sein Vater wäre ein Arse wie Thor und die anderen Asgardianer flackerte, Loki konnte sich nicht mehr darauf konzentrieren es heraufzubeschwören.

Schließlich verschwand es völlig und Lokis blasse Hautfarbe verwandelte sich in das dunkle blau der Eisriesen und seine grünlich blauen Augen wurden rot und niederträchtig wie ihr Charakter.

Vali lächelte schief:"das passt doch viel besser zu dir..."

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Lokison- WolfheartedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt