Kapitel 7: Götter

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Ein einziges Wort brannte sich in seine Gedanken:

Lokison.

"Das kann nicht dein Ernst sein! Sprechen wir über den selben Loki?!"

Wenn Vali so recht darüber nachdachte war er sich selbst garnicht sicher, über welchen Loki er überhaupt redete. Klar hatte Clark immer Witze darüber gemacht, dass er Lokis Sohn wäre (der Name Lokison zog Witze dieser Art nahezu an), doch selber hatte er sich nie die Mühe gemacht etwas über den Typen herrauszufinden.

Er versuchte mit aller Kraft alles abzublocken, was in irgendeiner Weise damit zutun hatte, wer er tatsächlich war. Klar, er war Vali Lokison, ein Waisenjunge mit Aggressionsproblem, ein 15-jähriger Junge mit mittelguten Noten in der Schule und keinen richtigen Freunden, doch wer war Vali Lokison wirklich?

Wo kam er her, wer waren seine Eltern? Waren sie tot, krank, obdachlos, minderjährig oder einfach Arschlöcher gewesen?

Wollte er all das überhaupt wissen, oder würde ihn das nur noch mehr deprimieren?

Was war seine Aufgabe? Und was hatte gerade der Gott Loki damit zu tun?

Narfi biss sich auf die Unterlippe, alle Farbe schien aus seinem Gesicht gewichen zu sein.

Er hatte zu viel gesagt.

"Oh mein Gott. Wir sprechen über denselben Loki!", lachte Vali bitter auf. Wie perfide, dass ihm gerade dieser Nachname hinterlassen wurde! Die steckten doch alle unter einer Decke.

Wieso war das für alle nur so einfach?! Es wirkte so als wäre  das für die anderen Waisen so spielend einfach, nicht zu wissen wer sie waren, warum sie existierten...

Wie hatte er selbst das nur so lange ignorieren können!

Die Gedanken in seinem Kopf überschlugen sich, er war sich nicht mehr sicher was genau er überhaupt denken sollte. Das alles war viel zu viel für ihn, eine Leere breitete sich in seinem Kopf aus, in der bald die Wut aufflammte .

Narfi setzte zu einer Erklärung an, doch die wollte Vali garnicht erst hören. Schnell unterbrach er den Älteren:
"Weißt du was?! Sei einfach still! Ich hab' genug von diesem kranken Scheiß! Du und deine Sekte von Gottesanbetern kann mir gestohlen bleiben! Lass mich in Ruhe!"

Dieses Mal gab es nun wirklich keinen Grund seinen Zorn zu unterdrücken und ihm traten Tränen der Wut in die Augen:

"Sowas kannst du mit mir nicht machen, Narfi! Was auch immer dieses Spielchen soll...Das kann man mit mir nicht machen, hörst du?!"

Schmerz durchzuckte seinen Kopf, vor seinen Augen begann es zu flimmern und seine eigene Stimme klang plötzlich ganz anders in Valis Ohren. So heftig war es noch nie gewesen.

Narfi starrte ihn an, wich zurück und schlug die Hände vor den Mund. In seinen Augen stand für kurze Zeit das Grauen, dann grinste er plötzlich und das brachte das Fass für Vali entgültig zum überlaufen.

Machte der Idiot sich etwa über ihn lustig?!

Die Angst, die in Narfis blauen Augen aufgeblitzt war hatte Vali sofort wieder vergessen. Es war ihm egal. Alles war egal.

Sein Körper und Geist waren pure Emotion, pure Wut und mit einem unmenschlichen Knurren stürzte er sich auf Narfi, der wie erschossen sofort zu Boden ging. Nie im Leben hatte Narfi Adams gedacht, dass Vali Lokison ihn einmal wie ein wildes Tier anfallen würde.Nie.Im.Leben.

Zunächst wehrte er sich nicht, wollte austesten, wie weit der jüngere gehen würde.

Valis Gedanken überschlugen sich, keiner war so wirklich klar, er konnte keinen packen, da war nur dieser Wutanfall, der seine Angst überlagerte. Keine Sekunde wollte er sich an den Unbekannten erinnern, an Narfis verletztes Gesicht, das plötzlich geheilt war, an seine Vergangenheit.

Vali schlug stumm auf Narfis Gesicht ein, Kratzte über dessen Brust und hinterließ eine blutige, tiefe Krallenspur.

Das schien den Jüngeren endlich aus seiner Trance zu reißen, entsetzt blickte er seine Hand an, seine blutverschmierten Finger und die schwarzen, gebogenen Wolfskrallen die sich an deren Enden gebildet hatten.

"was...? ", entfuhr es dem Jungen gerade noch, da waren Narfis Hände schon an seinen Schultern und ein Schmerz durchzuckte ihn, als ob er verbrennen würde.

Aufjaulend macht er einen Satz und robbte dann winselnd wie ein verletztes Tier zurück, weg von Narfi Adams, der ihn so interessiert beobachtete, als wäre er dessen Beute.

Und Narfi war interessiert, höchst interessiert. So etwas wie Vali hatte er noch niemals gesehen.

Ein einziger Gedanke Valis kristallisierte sich heraus, füllte das nun ohne heiße Wut kühle Nichts:

Was war hier los.

Narfis Grinsen erschien erneut auf dessen markantem Gesicht und er schaute vergnügt zu, wie Valis Krallen wieder verschwanden und das Bernstein, das für kurze Zeit überhand von seinen Augen genommen hatte wieder das blau freigab, das seine Augen normalerweise besaßen.

Vali war kein bisschen wütend mehr, er war ein jämmerliches, schluchzendes Häufchen Elend, das dort, zwei Meter von Narfi entfernt auf dem Boden kauerte.

Ihm war schlecht, sein eigenes Knurren hallte in seinem Schädel nach, seine für kurze Zeit geschärften Sinne ließen sein normales Selbst nun stumpf und öde wirken.
Die Kopfschmerzen waren unerträglich, als versuchte ihn diese Welt nun vollkommen zu verstoßen. Und nun hatte er den Beweis, er war sich sicher:

Er gehörte nicht hierher.

Narfi kroch näher an den Jungen heran, legte einen Arm beschützend über ihn. Vali zuckte zusammen, doch ihm fehlte die Kraft um sich zu wehren. Alles fühlte sich taub an. Unverständnis nahm seiner Welt alle Farben, Verwirrung überlagerte jegliche Emotion.

"Schhhhh...",machte Narfi beruhigend: "Alles wird gut...Ich bin ja da..."

Ein schier unendlich lange Zeit kauerten sie beide dort so am Wegesrand, dann konnte sich Vali wieder dazu bringen zu sprechen.

"Was hast du getan?", flüsterte Vali, die Stimme heiser und garnicht mehr so bedrohlich wie vor kurzer Zeit noch.

"Oh ich hab garnichts gemacht. Das warst alleine du."

Valis Augen flogen auf und wanderten haltlos im menschenleeren Park herum, er begann zu zittern.

Das war nicht möglich! Es gab einfach keine rationale Erklärung dafür...

"Was...was bin ich? Was bist du?"

Narfi stand auf und half Vali ebenfalls auf die Füße. Der jüngere zitterte immernoch, war bedeckt von Narfis Blut, dessen Wunden natürlich schon wieder verheilt waren und blickte seine Umgebung an, als könnte er sie nicht mehr erkennen. Valis
Blick war stumpf wie der eines Blinden.

"Du bist etwas wunderbares, Vali. Etwas starkes. Du bist besser als all das hier."

"Aber was genau sind wir.", knurrte er und zupfte am geschmolzenen Stoff seines Oberteils herum. Das angekokelte Polyester hatte sich schmerzhaft in seine Haut gebrannt.

Narfi trat ein Stück näher, blickte von oben auf ihn herab und lächelte ein kleines, düsteres Lächeln. Seine viel zu blauen Augen leuchteten hell auf:

"Wir sind Götter."

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hmmm wer ist er nur, dieser Narfi mit den eisig blauen Augen?

Wer es weiß, schreibt es bitte NICHT in die Kommentare, hier wird nichts gespoilert. :)

Lokison- WolfheartedWhere stories live. Discover now