Kapitel 17: Der Gefangene

22 4 2
                                    

Im Gegensatz zu Narfi hatte Vali nicht so schnell seinen Frieden mit der Situation gemacht.
Irgendwas an Bauger faszinierte ihn und es war sicher nicht die Tatsache, dass der Ase sich getraut hatte seinen Vater Loki anzugreifen.
Dazu gehörte zwar eine Menge Mut, aber darum ging es Vali nicht.

Dieser geschockte Blick, das Tapetenweiße Gesicht... War Bauger tatsächlich nur so überrascht gewesen weil er erwischt wurde, oder gab es da noch etwas anderes...
Was war Sinn und Zweck des Angriffs gewesen?
Selbst einem untergeordneten Asgardianer wie Bauger musste doch klar gewesen sein, dass ein Angriff auf den Prinzen im Verließ enden würde!

Wortlos liefen die beiden Geschwister ihrem Vater hinterher durch das scheinbar endlose Raumschiff.

Vali wunderte sich, wie dieses Raumschiff jemals gebaut worden war, exestierten so riesige Hallen, in denen solch riesige Maschinen zusammengebaut wurden?

Oder wurden diese gigantischen Raumschiffe im Freien gebaut? War das überhaupt möglich, wenn die Bauteile nicht Witterungsgeschützt sein sollten? All die verbauten Kabel konnten doch sicherlich keine Nässe ab...

Nach einer halben Ewigkeit machten sie endlich vor einer hohen, schlanken Tür Halt, die abgesehen von ihrer merkwürdigen Form in keinster Weise auffiel.

Vali musterte die Tür nachdenklich, als der Donnergott höchstpersönlich überaus schwungvoll durch sie hindurch trat. Beinahe wäre er in seinen Bruder hineingestolpert.

Loki sah aus, als ob er am Liebsten einen Satz zurück gemacht hätte, schnell wandelte sich sein erschrockener Gesichtsausdruck aber zu einem heiteren Lächeln:

"Thor! Ich hätte dich nicht hier erwartet!"

Thor starrte Loki an, er schien nachzudenken. Worüber, hätte Vali jetzt interessiert, aber er hielt sich mit den Fragen zurück, er wollte nicht zu neugierig rüberkommen.

Wahrscheinlich, dachte er, war ich in meinem Leben so unendlich lange langweiligen Umständen ausgesetzt, da sind die Ereignisse hier ein gefundenes Fressen für mein alles-über-interpretierendes Gehirn.

Mit anderen Worten: ein Fluss aus Fragen durchströmte seine grauen Zellen und es fiel Vali Lokison schwer sie nicht zu stellen.

"Jah...Loki...was soll das? Ich hab gesehen wie Len, Tyr und Carr  Bauger abgeführt haben? Wer hat den Armen denn so zugerichtet? Und wieso hast du ein Veilchen?"

Vali musterte seinen Vater und Thor hatte Recht: Loki hatte immernoch ein blaues Augen! Es konnte ja sein, dass er sich irrte, aber aus den Büchern die er gelesen hatte ging eigentlich hervor, dass Loki sehr starke Selbstheilungskräfte besaß. Der Bluterguss hätte eigentlich schon längst verblassen sollen.

Sorge stieg in ihm auf, doch schnell unterdrückte er sie wieder. Bestimmt hatten sie in den Geschichten übertrieben und abgesehen davon ließen solche Kräfte mit Sicherheit mit der Zeit nach. Loki war immerhin auch nicht mehr der Jüngste.

"Ich- Hat der Verräter versucht dir irgendwelche Lügen aufzubinden?", stotterte Loki und legte fragend den Kopf schief. Er beobachtete Thor aufmerksam, schien nach einem Zeichen zu suchen, ob sein Bruder ihm etwas verheimlichen wolle.

Es war fast so, als suche der nordische Gott des Feuers nach Verrat in jedem einzelnen von ihnen. Der Vertrauensbruch von Bauger hatte ihn wohl schwer mitgenommen.

"Nein. Er hat nur...geweint.", antwortete Thor ratlos: "Hat ER dir das angetan? Ich habe einmal mit ihm gekämpft und ich hätte nicht gedacht, dass er zu so etwas fähig wäre."

"Pfah, geweint. Auch nur ein Trick. Ja, Thor, er hat mir den Bluterguss verpasst. Er ist mir im Kampf in den Rücken gefallen! Versauern soll er im Kerker auf dass ihm niemand jemals wieder etwas glaubt."

Loki klang bitter, seine Augen glänzten vor Wut. Thor verschränkte die Arme und runzelte, immernoch verwirrt wirkend die Stirn.

"Ich...will dich jetzt nicht beleidigen oder so aber...du bist hier derjenige den sie den Gott der Lügen nennen. Wieso geben wir Bauger keine Chance, er ist doch noch ein halbes Kind."

Lokis grüne Augen schienen aufzuflammen vor Zorn und Thors Blick wurde noch verwirrter. Narfi starrte ihren Vater an, als hätte er den Verstand verloren, was genau hatte Bauger getan, dass Loki ihn dermaßen hasste?!

"NEIN. Hör mir zu, Thor, Ich kann das einfach nicht. Ich fürchte mich vor ihm, Ich habe Angst. Angst davor, dass er mich wieder beeinflusst, Angst vor dem, was er bereit ist zu tun. Er bleibt im Kerker."

Und mit diesen Worten schob Loki sich an Thor vorbei und durch die immernoch offenstehende Eisentür. Vali und Narfi tauschten einen ratlosen Blick, dann folgten sie ihrem Vater.

Zu Valis Überraschung fanden sie sich in dem Gang wieder, in dem sich sein Zimmer befand. Er war sich eigentlich sicher gewesen, dass sie in entgegengesetzte Richtung gelaufen waren, aber hier waren sie: Vor seiner Zimmertür.

Narfi lehnte sich zu ihm herüber, auf seinen Lippen lag ein wissendes Lächeln:

"Das hier ist ein Raumschiff von Sakaar, die Gänge führen teilweise im Kreis. Verwirrend, ja, aber viele von uns wissen das zu Nutzen um zu vertuschen, wo wir hinwollen. Ich kenne nicht alle Gänge, aber Onkel Thor und Vater kennen sie sehr genau. Und ich habe das Gefühl, dass Len auch von Zeit zu Zeit aus einer Richtung auftaucht, wo man ihn nicht erwartet hätte. Ihm gefällt es, mich zu erschrecken."

Narfis Augen glänzten glücklich und Vali ging auf, dass sein Bruder und den Wächter Len eine enge Freundschaft verbinden musste.

Ihm wurde schwer ums Herz, als er sich erinnerte, dass seine einzigen Freunde auf der Erde zurückblieben und  dass er sie, wenn er bei seiner Familie bleiben wollte, vielleicht nie wieder sah.

Was wohl im Moment im Waisenhaus los war? Jetzt, wo er und Narfi unauffindbar waren?

"So, meine Söhne. Ich lasse euch jetzt allein, es ist auch schon bald Bettruhe. Schlaft gut."

Vali blinzelte überrascht, ihm war gar nicht aufgefallen wie viel Zeit schon vergangen war. Doch wenn er die Geschehnisse so im Kopf durchging, wurde ihm klar, dass er Heute so viel erlebt hatte wie in den letzten 15 Jahren nicht.

Kein Wunder, dass der Tag so schnell um war, er hatte ja nur 24 Stunden!

Unbeholfen umarmte er seinen Bruder und seinen Vater (Das musste er erst noch lernen, immerhin hatte er noch nie jemanden zum Umarmen gehabt), wünschte eine gute Nacht und verschwand in sein Zimmer.

Interessanterweise war sogar das Licht gedämpft, was in diesem Raum tatsächlich einen Eindruck von Nacht vermittelt.

Gähnend stieg Vali aus Pullover und Jeans, katalpultierte die Socken quer durch den Raum und schlüpfte ins Bett.

Ihn sollte es nicht weiter stören, dass einer der Strümpfe am elektrischen Kronleuchter hängenblieb und einen seltsam geformten Schatten in den Raum warf, denn es dauerte nur wenige Minuten, dann war er eingeschlafen.

Die Müdigkeit hatte ihn eingeholt.

Lokison- WolfheartedWhere stories live. Discover now