Von Sie zu du

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„Sherlock? Sherlock? Können Sie mich hören?“, Johns vertraute Stimme kam dumpf in Sherlocks Hirn an. Er spürte, wie starke Arme ihn von hinten umfassten und ihn – genau wie damals, als Irene Adler ihn vergiftet hatte – in sein Bett trugen. Dann wurde er zugedeckt.
„Sie....Sie sind so ein Idiot, John...“, stöhnte er. „Wieso sind Sie nicht bei mir geblieben.....“
Ihm war jetzt alles egal. Er wollte nur wieder gesund werden, von John gesund gepflegt, und weiter an dem Fall arbeiten...
Er hustete, und es schüttelte ihn durch. Sein Hals brannte und war trocken. Wenigstens wurde er wieder einigermaßen wach, und da war schon John, der an der Bettkante saß, mit warmen, duftendem Tee...und einer Salbe.

Er half dem Detektiv, sich aufzusetzen, und drückte ihm die Tasse in die Hand.
„Es tut mir Leid, Sherlock. Ich hätte bei Ihnen bleiben sollen. Aber...egal. Ich bleibe jetzt bei Ihnen und werde das wieder gut machen. Und ich denke, morgen wird es Ihnen schon viel besser gehen.“
„..Hoffentlich.“, krächzte Sherlock und nippte an dem Tee.
John lächelte. „Ich habe hier noch eine Erkältungssalbe, die muss auf der Brust aufgetragen werden. Soll ich Ihnen noch etwas zu essen machen? Dann können Sie sich mit der Salbe versorgen.“
Er stand auf und wollte schon zur Tür gehen, da sagte Sherlock vorwurfsvoll: „Sie haben doch gerade gesagt, Sie kümmern sich um mich! Und jetzt wollen Sie einfach wieder gehen?“
John merkte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss. 'Ich bin Arzt, ich bin Arzt...'.
„Nun gut.“, räusperte sich John und versuchte, die Nervosität zu unterdrücken. Er setzte sich zurück auf die Bettkante.
„Dann...dann lassen wir aber bitte das 'Sie' weg. Das ist irgendwie..unpassend.“, sagte er.
„Okay.“, erwiderte Sherlock, stellte die Tasse auf den Nachttisch und sah den Doktor abwartend an. Dieser seufzte; erwartete Sherlock, dass er alles machen würde?
Trotzdem beugte er sich vor und knöpfte langsam das Hemd auf. Seine Finger zitterten leicht unter dem Blick des Detektivs. Alles Misstrauen und alle Arroganz war verschwunden und einem kindlichen Vertrauen gewichen.
John nahm die Salbe und drückte auf die Tube. „Das könnte jetzt etwas kalt werden“, warnte er.
Sherlock sagte nichts. Er sah John nur weiterhin an, mit seinem seltsamen Blick.
Dieser räusperte sich noch einmal und legte vorsichtig die Hände auf Sherlocks Brust; er spürte, wie der Detektiv kurz zusammenzuckte.
„Alles in Ordnung. Es wir gleich besser“, flüsterte John und wusste nicht, warum. Wieso fühlte sich seine Stimme auf einmal so belegt an?
Sanft massierte er die Creme ein. Er fuhr über die reine Haut des Detektivs, seine festen Muskeln; er spürte seinen Herzschlag, der ziemlich schnell schlug. John schoss die Röte ins Gesicht.
'Ich bin Arzt, ich bin Arzt...'
Er merkte, wie Sherlock sich langsam entspannte. Er schloss die Augen und lächelte leicht.
„Danke, John..“
John erwiderte nichts. Er betrachtete Sherlocks Gesichtszüge, die unverhärtet viel schöner waren.
Als alle Creme verstrichen war, erhob sich John. „Ich..ähm...hole dir mal einen Schlafanzug und so. Du willst dich doch bestimmt frisch machen..“
Schnell ging er raus, damit Sherlock sein bescheuertes Grinsen nicht sah. Wieso war er auf einmal so aufgekratzt? Nachdem der Film zu Ende war, wollte John mit Elizabeth noch etwas Trinken gehen (und vielleicht mehr, wie er sich eingestehen musste). Aber dann fiel ihm Sherlock ein, der bestimmt nicht brav in seinem Bett lag und die Erkältung weg schlief, sondern wieder irgendeinen Unsinn machte. Und kaum war er zuhause, um nachzusehen, fand er den Detektiv ohnmächtig vor der Garderobe. Wollte er in diesem Zustand etwa rausgehen?
Er holte aus dem Badezimmer die Zahnbürste und Zahnpasta, einen Becher und einen Waschlappen, den er direkt nass machte. Dann versuchte er, das Grinsen unter Kontrolle zu bekommen und kehrte zu Sherlock zurück.
„Hier, dann kannst du dich ein wenig frisch machen; du bist ganz verschwitzt.“, sagte John mitfühlend und suchte einen Schlafanzug für Sherlock. Während der Detektiv sich (mehr oder weniger) wusch und die Zähne putzte, faltete John den Schlafanzug auseinander. Er nahm Sherlock alles aus der Hand und legte es auf den Nachttisch. Dann umfasste er Sherlock und zog ihn ein Stück zu sich, sodass er ihm das Hemd ganz ausziehen konnte. Der erschöpfte Detektiv bettete seinen Kopf auf Johns Schulter. „John...“, murmelte er.
„Alles gut, Sherlock.“, flüsterte dieser zurück. „Ich bin ja da.“
Er nahm das Schlafanzugoberteil, hob Sherlocks Arme an und zog es ihm vorsichtig über den Kopf; dann legte er den Detektiv sanft zurück ins Bett. Er schlug die Decke zurück und zog ihm die Hose aus, um ihm die Schlafanzughose anzuziehen. Es war nichts Anzügliches an dem, was er tat; es war einfach....John fiel nicht das richtige Wort ein. Aber als er den kranken Sherlock dort liegen sah, regte sich etwas in ihm. Er schob es beiseite, denn für so etwas hatte er im Moment keine Zeit. Stattdessen setzte er sich wieder auf die Bettkante und tupfte die Stirn des Detektivs mit dem Waschlappen ab. Sie war – auch wenn Sherlock fror – ganz glänzend vom Schweiß. Aber er sollte jetzt schlafen gehen.
John erhob sich, warf einen letzten Blick auf Sherlock und löschte das Licht.
„Gute Nacht.“, wisperte er in die Dunkelheit und öffnete leise die Tür.
„J..J..John...“, murmelte Sherlock wieder.
„Ja?“
„Kannst du...hier bleiben?“
John erstarrte. Einerseits schrie alles in ihm, das er hier bleiben sollte...andererseits würde es einen Teil ihrer Freundschaft verändern, und der Doktor wusste nicht, ob zum Guten oder zum Schlechten. Er haderte weiter mit sich, und wenn er später zu diesem Punkt in seinem Leben zurückblickte, dachte er oft, dass Sherlock mal wieder der ausschlaggebende Punkt in seiner Entscheidung gewesen war.
„Du hast es versprochen, John....Das du da bist...“, der Detektiv war schon fast eingeschlafen. John lächelte. Er schloss die Tür wieder und setzte sich auf die Bettkante.
„Ich bleibe hier, bis du eingeschlafen bist.“, flüsterte er.
Dann spürte er, wie jemand seine Hand nahm und kurz darauf vernahm er ein leises Schnarchen. Er schmunzelte leicht; strich Sherlock durch die verschwitzten Locken, löste vorsichtig seinen Griff und verschwand im Wohnzimmer, wo er noch mehrere Stunden über den Fall nachdenken und dann einschlafen würde.

Sooo, das war mal ein extra langer Teil, da ich nicht weiß, ob ich in den nächsten Tagen weiterschreiben kann. Vielleicht kommt das nächste Update erst Montag oder Dienstag. Das liegt daran, dass meine Hand schon die ganze Zeit krampft vom vielen Schreiben, ich aber nicht aufhören kann. 
LG StrawberryKelly
 

Sherlock - I have only one friendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt