Innere Konflikte

1.4K 148 30
                                    

Während John die Treppen hoch lief, dachte er nach. Irgendwie war die Vorfreude auf das Date schnell verflogen, als er an Sherlock zurückdachte. Wieso fühlte es sich auf einmal so falsch an, mit jemand anderem außer Sherlock auszugehen? Er hatte seltsamerweise das Gefühl, er würde den Detektiv betrügen.

'Wir sind kein Paar', sagte er sich. 'Ich muss ihm keine Rechenschaft ablegen. Außerdem ist er mit seiner Arbeit verheiratet. Das kann nichts werden mit uns.'

Erschrocken über seine Gedanken blieb er stehen. Das konnte nichts werden mit ihnen?

Wollte er etwas von Sherlock?

Wollte er Sherlock?

Bei dem Gedanken daran, mit Sherlock zusammen zu sein, fühlte er sich plötzlich ganz leicht. Er dachte wieder an den Kuss. Das hatte sich richtig angefühlt, so echt. Als hätte der Detektiv ihn nicht nur als Ausrede geküsst, sondern....ja, warum? Es steckte irgendetwas Tieferes dahinter.

War es Liebe?

Oder nur Verlangen?

Oder bildete John sich etwas ein?

John versuchte, die Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen. Gleich würde er dem Consulting Detective wieder gegenüberstehen, und der konnte ja schon fast Gedanken lesen. Er sah auf die Uhr. Er wollte sich vor seinem Date noch einmal schick machen, also müssten sie jetzt gleich gehen. Aber es wurde ja auch schon Abend. John stieg die restlichen Stufen herauf und kehrte zum Tatort zurück.

„Geht es ihr besser?“, fragte Lestrade, als John die Tür öffnete.

„Ja. Ich habe ihr etwas zur Beruhigung gegeben und ein wenig mit ihr geredet.“

Sherlock untersuchte immer noch das Zimmer, schien aber gerade fertig geworden zu sein.

„Lassen Sie Proben von den Gegenständen, die ich Ihnen gesagt habe, in mein Labor schicken.“, ordnete er an. „John, wir gehen.“

Ausnahmsweise hatte der Doktor nichts gegen den herrischen Ton des Detektivs. Wenigstens musste er ihn jetzt nicht überreden, zurück in die Baker Street zu fahren.

Unten warteten sie gemeinsam auf ein Taxi. Es wurde bereits dunkel und die Sterne leuchteten am Himmel. Es war überraschend still; man hörte nur in der Ferne ein paar Autos und leise Stimmen aus der Villa. John betrachtete verzaubert die Sterne und merkte nicht, wie Sherlock ihn fast liebevoll musterte. Gefühle waren ihm normalerweise fremd; aber als er seinen Blogger und besten Freund mit leuchtenden Augen sah, regte sich etwas in ihm. Er wusste nicht, was es war, er wusste nur, dass es sich gut anfühlte. Waren es Gefühle?

Der Detektiv spürte, wie seine Augen brannten und er schniefte.

„Stimmt etwas nicht?“, fragte John besorgt.

„Nein, alles in Ordnung. Ich habe mich vielleicht nur erkältet“, antwortete Sherlock schnell.

„Sie sollten sich nicht immer so überanstrengen. Zuhause mache ich Ihnen Tee und dann werden Sie sich erst einmal ausruhen, nach diesem Hin – und Hergehetze heute.“

Der Doktor spähte auf die Straße, ob schon ein Taxi zu sehen war. Sherlock war in Gedanken vertieft, in Gedanken, die sich um John drehten. Wieso kümmerte John sich immer so um ihn? Es war...schön, mal umsorgt zu werden. Sherlock spürte, wie sich langsam ein kleiner Teil seiner inneren Anspannung löste. Und endlich kam ein Taxi; der Detektiv merkte nämlich, dass er wirklich eine Erkältung bekam. Hoffentlich würde ihn das nicht an den Ermittlungen hindern. Oder an anderen Dingen, was immer diese Dinge sein mochten.

Sherlock - I have only one friendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt