Kapitel 55

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Apollo's Sicht

Wenn ich gesagt hätte, dass ich Percy nicht vermisste, wäre das glatt gelogen. Der Halbgott hatte sich einen Weg in das Herz aller Olympier geschlichen und umso mehr freute ich mich, als ich eine laute Stimme in meinem Kopf hörte, die unverkennbar zu Perseus gehörte. Doch als ich wahrnahm, was er eigentlich sagte, verpuffte meine Freude ins Nichts. Hilfe ! Bitte, irgendjemand, er will mir wieder weh tun !  Seine Worte hallten immer wieder in meinem Kopf wider, bis ich ihre Bedeutung verstand. Keine Sekunde verschwendend teleportierte ich mich in den Thronsaal, der mit seinen zwölf in die Höhe ragenden Thronen ziemlich verlassen wirkte.

Konzentriert schloss ich die Augen und ließ die Sonne am Himmel ein warnendes Licht ausstrahlen, das nur für die Götter sichtbar war. Jeder der Olympier hatte ein Zeichen um einen Götterrat einzuberufen, mein Zeichen war der Moment, an dem die Sonne an hellsten strahlte. Es dauerte nicht lange, bis die ersten Götter eintrafen, die mich mit einem besorgten Blick bedachten und sich anschließend auf ihre Throne setzten. Je mehr Minuten verstrichen, desto nervöser wurde ich, aber mein werter Herr Vater ließ sich mal wieder alle Zeit der Welt und als er endlich ankam, hätte ich ihn fast (aber nur fast) mit einem meiner Haikus geschlagen. "Sohn, wieso hast du uns gerufen ?", polterte Zeus laut und schlug mit der Faust auf die goldene Lehne seines Throns. "Es geht um Percy Jackson. Er lebt und er ist in Gefahr."

Percy's Sicht

Schweigend ließ ich die feuchten Strömen auf meinen Wangen auf das Grab vor mir tropfen. In einer schönen geschnörkelten Schrift wurde Annabeth Chase in den Stein eingraviert. Abwesend ließ ich einen Strauß von weißen Callas, zwischen denen ab und zu eine rote Rose herausragte, in meiner Hand erscheinen. "Annie, was würde ich dafür geben um dich noch ein einziges Mal in meinen Armen zu halten.", flüsterte ich mit brüchiger Stimme und legte die Blumen vorsichtig auf den flachen Marmorstein. Sicherheitshalber legte ich einen einfachen Schutzzauber auf ihr Grab und schloss kurz die Augen um mir noch ein letztes Mal ihre blonden Cinderellalocken, ihre funkelnden grauen Augen und ihr freches Lächeln vorzustellen. Das laute Geräusch von knirschendem Kies riss mich aus meiner Starre und erschrocken wirbelte ich herum, das Geräusch, das dabei entstand, war so laut, dass ich mir die Ohren zuhalten musste. Suchend sah ich mich nach dem Ursprung des Kiesgeräusches um, aber das Einzige, was ich entdeckte war ein alter Mann, der sich im Schneckentempo vom Eingang des Friedhofs zur Urnenstätte bewegte und von einer solchen Entfernung hätte ich niemals den Kies unter seinen Füßen hören können. Jedenfalls redete ich mir das ein, auch wenn ich wusste, dass ich nun anders war.

"Leb wohl, mein Neunmalklug !", sagte ich mit fester Stimme und ließ mit einer Handbewegung die feuchten Spuren auf meinen Wangen verschwinden, ich würde Annabeth mit neuem Mut und neuer Stärke verlassen, auch wenn ich nur zu gerne einfach aufgegeben hätte. Jetzt galt es erstmal die Avengers zu retten.

Ein paar Meter vom Hellicarrier entfernt

Mit kräftigen Flügelschlägen hielt ich mich in der Luft und versuchte mir so gut es ging einen Überblick zu verschaffen. Bei den letzten paar Malen, bei denen ich vom Avengerstower zu dem komischen fliegenden Schiff geflogen bin, war ich geschwächt, nun war ich nicht nur geheilt, sondern hatte auch noch einen extra Boost bekommen. So verabscheut wie ich momentan von mir und meinen Kräften war, musste ich auch eingestehen, dass sie mich dabei unterstützen könnten meinem Team zu helfen. Entschlossen flog ich durch das kaputte Fenster in den Raum zurück, in dem ich die Avengers zurückgelassen hatte. Bei meiner Ankunft fing Eira, meine kleine Katze, die als temporärer Beschützer fungierte, kurz an zu fauchen, doch als sie erkannte, dass ich es war, sprang sie von Tony's Kopf zu mir und schmiegte sich mit einem lauten Schnurren an meine Beine. Ich zwang mir ein Lächeln auf und streichelte dem kleinen Tier dann über den Kopf, so süß Eira auch sein konnte: Ich hatte jetzt besseres zu tun.

Mit beiden Händen vor mir ausgestreckt ließ ich alle Avenger vor mir schweben. Mit einem Schritt nach hinten, testete ich inwieweit mir meine Fähigkeiten halfen, aber als die Avenger parallel zu meinem Schritt mit mir gezogen wurden, wurden meine Sorgen aufgelöst. "Komm, Eira.", rief ich der Katze über meine Schulter hin zu und lief mit den Avengers vor mir schwebend aus dem Gang, die kleine Katze war mir dabei dicht auf den Fersen. Nach einem kurzen Fußmarsch kam ich wieder bei dem Fenster an, durch das ich so oft rein- und rausgekommen war. Mit einem nachdenklichen Blick legte ich den Kopf schief, bis mir eine Idee kam. Vorsichtig, bedacht die Avenger nicht fallen zu lassen, kniete ich mich hin, sodass Eira von meinem Knie aus auf meine Schultern klettern konnte und als hätte sie meine Gedanken gelesen sprang sie erst auf mein linkes Knie und von dort dann auf meine Schulter, wo sie sich dicht an meinen Hals schmiegte und ihr weicher Schwanz in dem Kragen meines Shirts verschwand. Als ich mir sicher war, dass sie nicht während des Fluges runter fallen würde, stellte ich mich wieder richtig hin und sprang mit einem Satz aus dem Fenster. Zu meinem Erstaunen und natürlich Glück, hatte nichteinmal Clint, der am weitesten außen von mir getragen wurde, eine Schramme von dem Glas abbekommen. Mein Lächeln, das ich die ganze Zeit so zwanghaft versuchte aufrecht zu erhalten, verschwand nach ein paar Sekunden der Flugzeit gänzlich. Wie würden die Avengers reagieren wenn sie aufwachten und meine Veränderung bemerkten ? Sie würde mich sicherlich rausschmeißen, ich sollte mir also eher Sorgen darum machen, wohin ich danach ging. Vielleicht konnte ich Unterschlupf bei den Sterblichen suchen, die ich einmal in einer Nacht vor einer Telchine gerettet hatte. Sie schienen bis auf ihre nervige Neugierig ziemlich nett und harmlos, wahrscheinlich hatte ich sie damals mit meinen Emotion verschreckt. Bei der Erinnerung flackerte ein wehmütiges Lächeln über mein Gesicht, was diese Sterblichen wohl gerade machten ? Vielleicht waren sie auch schon längst in der Unterwelt, da meine Anwesenheit in ihrem Haus die Monster angezogen hatte, aber je mehr ich über sie nachdachte, desto mehr hatte ich das Gefühl, dass sie sich in der Lage waren sich selbst zu verteidigen.

1| The Devil inside your Heartحيث تعيش القصص. اكتشف الآن