Kapitel 39

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Jons Sicht

Alles ist still, so als würde niemand es auch nur wagen, zu atmen.

Um mich herum beginnt der laute Verkehrslärm, aber auch die Kirchenglocken und die Gespräche hinter uns zu verschwimmen und mit dem Schließen meiner Augen, blende ich alles aus.

Ich brauche gefühlte Stunden, bis ich es endlich schaffe, mich darzubringen, die Lider aufzuschlagen und als mein Blick die in das teure Marmor eingravierte Zahlen streifen, bekomme ich am ganzen Körper Gänsehaut.

Immer wieder lese ich den Namen auf dem Grabstein, merke wie mit jedem Buchstaben, jede einzelne Sekunde von diesem katastrophalen Tag sich erneut in meinem Kopf abspielt und es ist reine Folter.

Bilder von zerstörten Autos, gebrochenen Knochen, zerschlagenen Schädeln, weinenden Eltern und viel zu viel Blut ziehen an meinem inneren Auge vorbei und ehe ich es realisieren kann, finden mehrere Tränen ihren Weg an meiner Wange herunter zu meinem Kinn.

Ich versuche angespannt mich zu beruhigen, erinnere mich an Dr. Lees Tipps, doch nichts davon scheint zu  klappen, denn je mehr Zeit vergeht, desto schwerer fällt mir das Atmen.

Meine Brust zieht sich auf die ekelhafteste Art und Weise zusammen und ich spüre in jeder Faser meines Körpers, wie mein Herz blutet, als dieser eine, unvergessliche Moment sich erneut in meinem Kopf abspielt.

Es ist, als wäre alles gestern passiert; so gut habe ich noch alles vor Augen.

"Ich habe ihm so oft gesagt, dass er diese Scheiße lassen soll.", hatte ich gezischt, war so sauer und enttäuscht, aber auch genau so ängstlich und besorgt, sodass ich geschickt den Schmerz in meiner gebrochenen Hand verdrängt habe, als wäre es nichts.

"Er hatte es uns versprochen.", hatte Harry gerufen, die Stimme von Tränen erstickt und so klein, dass sie nicht mal mehr annähernd etwas mit dem damals noch rothaarigen Jungen zutun hatte.

"Das ist alles die Schuld von diese verfickten Wichser von Yamasaki. Wenn er nicht gewesen wäre, dann wäre all das hier nicht passiert. Ich hoffe dieser Hurensohn stirbt und-"

"Halt die Fresse, Jackson. Wir alle haben Schuld an dieser Scheiße. Yuto war vielleicht auf Drogen, aber er ist verfickt nochmal nicht betrunken Auto gefahren, sondern wir.", hatte ich meinen besten Mann unterbrochen, welcher genau wie alle anderen wegen seinen Tränen kaum noch sprechen konnte.

Diese Nacht hatte uns alle regelrecht zerstört und das einzige woran ich denken konnte war, wie zur verfickten Hölle würden wir uns nach diesem Bullshit wieder zusammenreißen können.

Ich weiß noch, wie schnell alle unsere sieben Köpfe zur Seite geschossen waren, als wir hörten, wie die Türen aufgingen und mit einem mal standen wir um den jungen Arzt herum, welcher sich mit einem lauten Seufzen die Maske vom Gesicht zog und anfing seinen Kopf zu schütteln.

"Nein!", hatten Theo und Noah augenblicklich geschrien, während Harry sich mit einem Mal gegen die Wand gepresst hatte und an dieser dann letztendlich zusammengebrochen war.

"Sag es nicht, Doc.", kam es nur von Yuan, welcher sich verzweifelt durch die schwarzen Haare fuhr, während er zwischen mir und dem Chirurgen blickte.

"Es tut mir leid, Jungs. Er hat es nicht geschafft.", und mit dem Ausspruch dieser Worte wurde alles schwarz und ich erinnere mich nur noch an vereinzelte Bilder aus dem Krankenhaus, denn danach musste erstmal alles mit dem Erdboden gleich werden; wir mussten uns alle erholen und beruhigen, brauchten Abstand voneinander, bevor wir wieder etwas aufbauen konnten und hier sind wir nun.

HEARTBREAK HOTELWhere stories live. Discover now