Kapitel 37

6.2K 278 39
                                    

Jons Sicht

"Also, mein Lieber, auf ein letztes Mal. Wie geht es dir? Wie fühlst du dich?", ertönt die sanfte, inzwischen schon so vertraute Stimme meiner Therapeutin und mit einem leisen Seufzer und schiefen Lächeln hebe ich den Kopf, nur damit unsere Augen direkt aufeinandertreffen.

"Es - geht mir gut.", antworte ich und das erste Mal in fast sechs Monate meine ich es zu hundert Prozent ernst.

Ich habe keine Last auf den Schultern, spüre keinerlei Art von Schmerz oder Angst, Zorn oder Wut und auch wenn sie immer Mal wieder vorbeischauen, ist mein Alltag nicht mehr von diesen negativen Gefühlen geprägt.

Es war ein unglaublich langer und verdammt schwerer Weg bis hierhin und je öfter ich jetzt daran denke, wie oft ich bereits kurz davor war, aufzugeben, desto glücklich bin ich, dass ich weitergemacht habe.

"Das freut mich. Lass und doch zum Abschluss noch einmal alles Revue passieren, hm?", erwidert Dr. Lee und ich nicke lächelnd, verschwinde wie auf Knopfdruck in meinen Gedanken und die Worte verlassen meinen Mund einfach so.

"Die erste Woche war höchstwahrscheinlich die schwerste Woche in meinem ganzen Leben und nur Gott weiß, wie glücklich ich war, als sie endlich zu Ende gegangen ist.", beginne ich und sofort wandern meine Gedanken zu der ersten Familientherapie; etwas, das ich niemals in meinem ganzen Leben vergessen werde und auch jetzt, genau ein halbes Jahr später spüre ich die schmerzhaften Worte meines Vaters in meinen Knochen, als hätte sie jemand hineingeritzt.

"Du bist Enttäuschung auf zwei Beinen und dann hast du auch noch die Eier, uns für all deine Scheiße verantwortlich zu machen? Erbärmlich.", hatte er mir direkt ins Gesicht gesagt, während Dr. Lee, meine Mutter und Hope uns zuhörten und natürlich bildet sich augenblicklich ein Tränenschleier vor meinem Blick, sodass ich verzweifelt den Kopf zu schütteln beginne.

Ich werde nicht weinen, nicht wegen diesem Wichser.

"Wegen dir wäre ich fast zu Tode verprügelt worden, du verdammter Hurensohn!", hatte ich erwidert, die Stimme so klein und zerbrechlich, dass ich Angst hatte, komplett zu zergehen, als sie meinen Mund verlassen hatten.

Ich spüre Hope's hilflose und entschuldigende Blicke immer noch in meiner Seite, so als würde ich dieses ganze Szenario nochmals durchleben und es ist einfach nur ein Gang durch die Hölle.

"Dafür gibst du mir auch die Schuld? Was kann ich dafür, wenn du nicht weiß, wie du Menschen mit Einfluss behandeln musst?", hatte er geschrien und ich konnte den Hass und diese tiefe Abneigung meiner Existenz gegenüber in seinen dunkelbraunen Augen sehen; so präsent und so intensiv, dass es mir auch jetzt noch einen Stich ins Herz versetzt.

Ehe ich es realisieren kann, finden zwei Tränen ihren Weg meiner Wange entlang zu meinem Kinn und jetzt gibt es auch kein Zurück mehr.

Es gibt niemanden und nichts wofür ich mich schämen muss; letztendlich ist es normal, Gefühle zu haben, verletzt zu werden und zu weinen und es interessiert mich nicht, wer mir dabei zusieht.

"Was ist dein verficktes Problem, du alter Bastard? Was habe ich dir angetan?", hatte ich ihn aus tiefster Seele angeschrien, und ab diesem Zeitpunkt die Frauen ignoriert, die mit uns in diesem großen Raum waren und alles mitbekamen.

"Deine Existenz ist mein Problem! Die Tatsache, dass du bei deinem ersten Selbstmordversuch verdammt nochmal nicht verreckt bist, ist mein Problem! Du bist mein Problem!"

Ja, das hatte mir mein eigener Vater an den Kopf geworfen.

Es ist, als würden die Worte immer wieder gegen die Wände meines Schädels hallen und mich von innen heraus zerstören, so als wäre mein eigener Selbsthass nicht schon genug.

HEARTBREAK HOTELWhere stories live. Discover now