KAPITEL 46

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( Sicht Yvonne ) 

"Wenn dein Vater schon so fragt.", lachte ich, als Samu die Frage stellte, die eigentlich eine völlig logische Antwort besaß. Gespielt warf er mir sofort einen entnervten Blick zu. Er strich Klara mit aller Zärtlichkeit über ihr wundervoll weiches, braunes Haar. Dann zog er uns beiden einen Stuhl heran und setzte sich sogleich. Ich nahm gegenüber von Samu Platz, sodass wir beide eine Hand von Klara halten konnten. Ihre Handflächen waren überhaupt nicht kalt und es war einfach eine unglaubliche Wohltat, diese Wärme übertragen zu bekommen. "Es war ein eindeutiges Ergebnis! Ich weiß nicht, ob du die letzten Jahre The Voice verfolgt hast. Die letzten 3 Mal, ging ich immer leer aus. Aber jetzt hat es endlich geklappt und mein Team hat gewonnen.", erzählte Samu stolz und wechselte mit seinen so beruhigenden, blauen Augen zwischen mir und Klara. Ich richtete meinen Blick auf meine Tochter, lauschte aber aufmerksam Samus Worten. Wie gefesselt und hypnotisiert, saugte ich diese in mir auf. Wenn er mit Klara sprach, könnte ich stundenlang zuhören. "Wenn du nur dabei gewesen wärst... Gut, ich revidiere. Du warst ja auch dabei. Wir, deine Mutter und ich haben die ganze Zeit über an dich gedacht. Du warst in unseren Herzen bei uns und hast uns beiden die Daumen gedrückt. Nun weiß ich nicht, ob du für mich oder für deine Mama gestimmt hast. Verrätst du mir das bitte, Kleines?", sprach er weiter. Als er den letzten Satz über seine Lippen gebracht und die Frage gestellt hatte, sah er mich mit einem Grinsen an. Ich lachte kurz auf, kam dann aber wieder zur Besinnung: "Samu, sie kann dir keine Antwort geben!"  Ich bezweifelte leider immer noch, trotz dass Dr. Meyer von großen Fortschritten sprach, ob Klara je wieder antworten würde. Kaum das ich meine Aussage hätte bewerten oder bereuen können, nährte sich Samu mit seinem Gesicht zu Klara. "Was tust du da?", fragte ich verwirrt. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr und wand sich dann wieder mir zu. "Oh, Klara hat mir gerade nur geflüstert, dass sie eigentlich uns beiden den Sieg gegönnt hatte. Doch nachdem was du sagtest, war Klara sofort für mein Team!", entgegnete Samu mit einem selbstgefälligen Schmunzeln und schmiegte ihre Hand an seine Wange. Ich zog meine Stirn kraus und richtete meine Augen auf meine Tochter: "Das hat dein Vater sich doch gerade ausgedacht, oder? Er lügt nicht wahr? Du warst natürlich für mein Team."  Nun mussten Samu und ich lachen. Für einen Moment, schien die ganze Belastung und sorgevollen Gedanken zu verschwinden. Dieses unbeschwerte Lachen erfüllte mitten in der Nacht beinahe die gesamte Station. 

"Wieso wachst du nicht auf, Klara?", wurde ich plötzlich wieder ernst. "Yvonne... Bitte!", versuchte Samu meine aufkommende Traurigkeit abzuwimmeln. "Was? Samu, verschließe deine Augen bitte nicht vor der Realität!", erwiderte ich gedrückt darauf und stand auf. Ich lief im Kreis durch das Zimmer, blieb kurz am Fenster stehen, sah hinaus in die Dunkelheit und verkroch mich regelrecht in irgendeine Ecke. "Siehe sie dir doch an! Klara liegt im Koma und das seit 6 Monaten. Ein ganzes halbes Jahr. Meine Zweifel und Bedenken kann ich einfach nicht abstellen. In der einen Sekunde, habe ich die Hoffnung völlig aufgegeben. Doch dann, genau wie jetzt, wünsche ich mir nichts sehnlicher, als das sie endlich wieder ins Leben zurückfindet. Sich regt und bewegt. Der Welt wieder dieses leuchtende Smaragdgrün ihrer Augen zeigt.", wimmerte ich leise, legte mir die Hände vor mein Gesicht und sackte an Ort und Stelle in mich zusammen. Ich spürte, wie sich Tränen bildeten und mein Herz somit schwer wie Blei wurde. 

Blitzartig spürte ich Samus raue aber warme Wange an meiner Stirn und seine Arme um meinem Oberkörper. "Du darfst den Glauben daran nicht verlieren!", raunte er mir zu. Ich wich ein Stück von ihm zurück. "Höre bitte auf! Spiele mir nicht den Optimisten vor! Bitte sei ehrlich. Du hast doch bestimmt auch zwischenzeitlich aufgegeben, oder?", entgegnete ich schniefend und wischte mir die Salztropfen von meinem Gesicht weg. Samu sagte nichts. Stattdessen vernahm ich nur ein Seufzen. "Ich wusste es doch! Selbst du hast eine Zeit lang nicht an ein glückliches Ende geglaubt.", meine Stimme wurde heiser, sodass ich ein paar Mal husten musste. 

Sie soll leben // Samu Haber & Yvonne Catterfeld FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt