KAPITEL 10

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( Sicht Yvonne ) 

Mein Herz pochte wie wild. So wütend habe ich mein Kind noch nie gesehen. "Was... Was ist los, Liebling?", fragte ich mit ängstlicher Stimme. "Nenn mich gefälligst nicht so! Du hast mich Jahre lang belogen!", schrie sie. Marie hielt sie fest an den Armen. Energisch riss sich Klara aus dem Griff und kam mit großen Schritten auf mich zu. Sie knallte mir ein Stück Papier vor die Füße. Ihr ganzer Körper zitterte. "Kannst du mir das bitte erklären?", forderte mich Klara auf.

Vorsichtig hob ich das Stück Papier auf. Ich erkannte es sofort. Der Brief an Samu, den ich kurz nach Klaras Geburt geschrieben und nie abgeschickt hatte. Mit bebenden Händen hielt ich ihn fest. Nein, nein! Sie sollte es nicht auf diese Weise erfahren. "Wo hast du den her? Hast du etwa geschnüffelt?", stellte ich sie zur Rede. "Tut das jetzt etwa was zur Sache? Da steht die ganze Wahrheit. Du hast mich belogen. Du schreibst darin eindeutig an Samu, dass ich seine Tochter bin. Ich kann es immer noch nicht fassen. Wie konntest du mir nur so etwas verheimlichen?", rief sie lautstark.  Ich ging langsam auf die Mädchen zu und streckte meine Hand nach meiner Tochter aus. "Bitte beruhige dich doch. Wir sollten das unter uns besprechen! Nur du und ich.", sagte ich. Schnell wich Klara mir aus und drängte sich nah an ihre beste Freundin. "Fass mich nicht an. Und Marie bleibt hier!", erwiderte sie darauf. Ich sah, wie sich das Wasser in ihren Augen bildete, jedoch sah ich darin große Enttäuschung. "Okay, aber tut mir bitte einen Gefallen! Setzt euch, dann beantworte ich jede Frage, die du stellst!", versuchte ich zu vermitteln. "Mach schon Maus. Ich bin bei dir.", bestärkte Marie, wich aber nicht von Klaras Seite. Klara schluchzte kurz und setzte sich auf die Couch. Ich setzte mich neben sie und dachte fieberhaft nach, wie ich erklären soll, dass ich einfach alles falsch gemacht habe. 

"Ich bin also wirklich die Tochter von Samu?", fragte Klara und fixierte mich regelrecht mit ihren stechend, grünen Augen. Ich fuhr mir durch meine Haare, dann nickte ich. "Warum hast du mir es nicht gesagt? Und hast mich in den Glauben gelassen, ein anderer wäre mein Vater?", begann sie zu fragen. Was soll ich nur darauf sagen? "Weil, ich damals in einer schwierigen Situation war. Ich war allein. Die Geschichte ist viel zu kompliziert!", antwortete ich. "Yvonne, wir haben Zeit!", sagte Marie und legte schützend eine Hand auf Klaras Schulter. Ich atmete tief durch und begann schließlich zu erzählen: "Dein Papa. Samu. Er hatte schon damals für die Musik gelebt. Es war seit seinem 16. Lebensjahr, sein großer Traum, Menschen mit seinen Songs zu begeistern. Ständig schrieb er an seinen Songs, schickte die verschiedenen Demos an Plattenfirmen. Wir waren glücklich zusammen, nur schwand sein Optimismus immer mehr, als er immer wieder Absagen bekam. Darunter litt unsere Beziehung. Während seiner Abwesenheit, habe ich bemerkt, dass ich schwanger bin. Ich hatte Angst, wie er reagieren würde. Ich war jung, dumm und habe keine Sekunde darüber nach gedacht, es ihm zu erzählen. Ich habe meine Sachen gepackt und bin zurück nach Deutschland. Als ich dich dann zum ersten Mal in den Armen hielt, war ich überglücklich und beschloss dich allein groß zu ziehen." Gruslige Stille zog durch den Raum. Klara sah mich entgeistert an und die Tränen liefen lautlos über ihre Wangen. Sie lehnte sich an Marie an. "Weißt, du was das Schlimmste ist an der ganzen Sache? Schlimm genug, dass du es mir verschwiegen hast aber Samu hast du auch nie die Wahrheit gesagt. Er weiß überhaupt nicht das er ein Kind hat. ", brachte sie gebrochen hervor. "Samu, hätte nie die Musik für ein Kind aufgegeben. Dafür war er einfach zu ehrgeizig!", erklärte ich. Auch in mir, stiegen die Tränen empor. Mit schüttelnden Kopf stand sie auf und fuhr sich wild durch die Haare. "Woher, willst du das wissen Mama?", fragte Klara und hielt sich ihre Hände vor's Gesicht. "Ich war ein halbes Jahr mit ihm zusammen. Ich kannte Samu. Besser als jeder Andere!", antwortete ich schluchzend und versuchte noch einmal, nach meiner Tochter zu greifen, jedoch ließ sie es nicht zu. "Das kannst du nicht sicher sagen. Vielleicht hätte sich ja seine Meinung geändert, wenn er die Naricht gehört hätte. Oh mein Gott, ich kann nicht mehr. Selbst Papa oder Oliver, denn er war ja nie mein Vater gewesen, hat mir nichts gesagt. Also hat er mich auch belogen. Aber ich kann mir vorstellen, dass du es ihm verboten hast. Tja Mama, du hast verloren! Deine Lüge ist aufgeflogen. Ich hasse dich dafür! Marie komm. Ich will hier weg!", gab sie weiterhin lautstark von sich und lief zur Tür. Ich versuchte sie aufzuhalten, doch Marie hielt mich zurück: "Das würde ich nicht tun, Yvonne! Von dir, hätte ich so etwas nie gedacht!" Ihre Worte brannten sich in meine Seele ein. Es tat weh. Aber ich hatte es verdient. Jetzt kennt meine Tochter die ganze Geschichte. Marie folgte Klara auf den Flur. Wütend stürmten die Beiden davon. Samu und Mark standen auf den Flur und unterhielten sich. Beide hatten das Geschehene schon längst bemerkt. Ich versuchte, ihnen hinterher zu rennen, doch Klara und Marie waren schneller als ich. "Klara, bleib hier! Wo willst du hin?", schrie ich meiner Tochter nach. Mit einem Ruck blieb sie stehen, blickte über ihre Schulter und funkelte mich wütend an: "Das Mutter, werde ich dir nicht sagen!" Dann drehte sie sich wieder um und lief mit Marie davon. 

Ich hielt mir die Hände vor mein Gesicht. Jetzt erst bemerkte ich, dass mich Mark und Samu anstarrten. Diese Blicke konnte ich nicht ertragen. Vor allem nicht den Blick von Samu. Seine blauen Augen sahen mich mitfühlend an. Es machte mir nur einmal mehr bewusst, dass mein Leben gerade den Bach herunter floss. Ohne ein Wort zu sagen, lief ich zurück in meine Garderobe und knallte die Tür hinter mir zu. Ich ließ mich am Tisch nieder und legte meinen Kopf darauf ab. Ich weinte mir die Seele aus dem Leib. Ich war so wütend auf mich selbst! Wie konnte ich nur all das, vor meinem Kind geheim halten? Es tat weh, wie Klara reagierte. Sie sagte, dass sie mich dafür hasst. 

In diesem Moment konnte ich spüren, wie sich eine starke Hand auf meinen Schultern ablegte. Als ich aufblickte, sah ich in seine Augen. "Satu, was ist los? Ist alles in Ordnung?", waren Samus besorgte Worte. Ich schüttelte mit meinem Kopf: "Nichts ist in Ordnung!" Ich brauchte jetzt einfach jemanden, der für mich da war, ohne auch nur irgendetwas zu sagen. Ich ließ meinen Kopf gegen seine Brust fallen und weinte nur noch mehr. Samu zog mich fest in seine Arme und strich mir beruhigend über mein Haar. 




Sie soll leben // Samu Haber & Yvonne Catterfeld FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt