Kapitel 72

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Tag für Tag scheint Can immer trostloser und auch verzweifelter zu sein. Seine Firma geht langsam den Bach runter und auch sein Vater meint, dass sie nicht mehr zu retten sei. Doch sein Vater ist trotz allem sehr stolz auf ihn, da Can alles dafür gibt, um diese Firma zu retten. Letzendlich kündigte jeder übrig gebliebene Angestellte und die Firma ging bankrott. Can hat sein Gesicht vergruben. Sein Anblick macht mich einfach fertig. Doch ich kann es ihm nicht übel nehmen. Weltweit ist es in den Medien das Gesprächsthema Nummer eins. Can denkt nun, dass er versagt hätte. Auch ich habe erfahren, weshalb Cans Ruf sich so verschlimmert hatte. Die ganze Welt denkt tatsächlich, er sei ein Mörder. Und Schuld daran ist ein einziges Video, welches jemand anonym veröffentlich hat. Deswegen bekommt Can keine Anerkennung mehr. Deshalb ist er nun am Ende. Ich setze mich zu ihm, umarme ihn anschließend innig. Auch wenn ich ihn nicht trösten kann, will ich wenigstens für ihn da sein. Er soll wissen, dass ich stolz auf ihn bin und immer für ihn da sein will. Er muss das nicht alleine durchstehen.
"Gib dir nicht die Schuld dafür, Can. Wir wissen ganz genau, dass du niemanden ermordet hast. Du bist ein ehrlicher, guter Mann. Unsere Familien glauben den Medien auch nicht", erkläre ich ihm, um ihn zu beruhigen. Er blickt mich an. Die letzten Wochen hat er hart dafür gekämpft, um seine Firma zu retten. Nun scheint er sehr kraftlos und müde zu sein. Unter seinen schönen Augen zeichnen sich tiefe Augenringe ab und nicht ein einziges Lächeln habe ich die letzten Wochen auf seinen Lippen gesehen. Mir fehlt dieses vertraute Lächeln so sehr.

"Bist du denn nicht enttäuscht von mir? Unsere Väter haben diese Firma mit ihren eigenen Händen aufgebaut und nun ist sie nichts mehr Wert. Ich habe keinen Job mehr und kann mich nicht richtig um meine Familie kümmern. Ich bin kein richtiger Mann. Ich kann dir nichts mehr bieten, Leyla", spricht er, klingt dabei sehr verletzlich. Er fühlt sich ungenügend. Ich seufze. Das, was er da sagt, ist falsch. Sehr falsch.
"Ich habe mich damals nicht in dich verliebt, weil du eine große Firma hattest und anerkannt warst. Ich habe mich in dich verliebt, weil du mir dein wahres Ich gezeigt hast. Du hast mir gezeigt, dass ich dir etwas bedeute und du alles versuchst, um mich glücklich zu machen. Du hast mich damals aus diesem dunklen Loch gerettet, in das Ich gefallen bin. Du warst es, der meine Welt verändert hat. Es ist in Ordnung, wenn du deine Gefühle zeigst. Es ist auch in Ordnung, dass du nun nicht mehr der CEO einer großen Firma bist. Was für mich zählt, ist, dass mein Can hier neben mir sitzt und es ihm gut geht. Ich bin glücklich, denn ich weiß, dass mein Can immer weiter kämpfen wird, nur um mich glücklich zu machen. Du hast nie aufgegeben und würdest selbst noch heute alles dafür tun, um mich zu beschützen. Das macht für mich einen richtigen Mann aus. Ein Mann, der alles dafür tut, um seine Frau glücklich zu machen. Du bist mein Mann, Can und ich werde niemals an dir zweifeln", erkläre ich ihm aufrichtig, woraufhin er zufrieden lächelt. Dieses schöne Lächeln bekomme ich nach so vielen Wochen endlich wieder zu Gesicht. Leider nur für ein paar Sekunden, denn dieses Lächeln verschwindet wieder.
"Aber wie sollen wir Cansu ernähren, Leyla? Wie sollen wir unser Leben normal weiterführen?", fragt er mich ratlos. Ich lächele vertraut.
"Das kriegen wir hin. Erinnerst du dich? Du hast mir versprochen, dass ich nie wieder verletzt sein werde und wir an einen anderen Ort gehen werden. Ein Ort, an dem wir glücklich sind. Für immer. Lass uns zusammen gehen, Can und uns ein neues Leben miteinander aufbauen. Wir beide werden uns eine Arbeit suchen und das schon hinkriegen. Wollen wir diesen Weg gemeinsam gehen?", frage ich ihn und halte ihm meine Hand daraufhin hin. Abwechselnd blickt er mir in die Augen sowie auf meine Hand. Er lächelt, nimmt meine Hand sanft in die seine.

"Ja, wir kriegen das hin. Ich verspreche es dir. Wir werden glücklich sein. Gemeinsam", verspricht er und gibt mir einen leichten Kuss auf den Scheitel. Ich schließe meine Augen, lächle dabei zufrieden, hake mich bei ihm ein und lege anschließend meinen Kopf auf seine Schulter. Erneut schließe ich meine Augen und stelle mir diesen schönen Oft vor. Er soll friedlich sein. Nichts und niemand würde uns voneinander trennen. Wir waren schon von Anfang an füreinander bestimmt. Wir werden diesen Weg gemeinsam gehen. Komme, was wolle. Also packen wir unsere Sachen und verlassen dieses Haus, an dem viele Erinnerungen hängen. Schmerzhafte, aber auch Schöne. Ob wir jemals wiederkommen würden, das wissen wir nicht. Insgeheim hoffe ich es sehr, wieder hierher zurückzukehren und von vorne zu beginnen. Aber zuerst müssen wir gehen. Als wir den ersten Schritt aus dem Haus wagen, nimmt Can meine Hand und blickt mich vertraut an.
"Ich werde immer bei dir sein, Leyla. Hab keine Angst. Ich bin bei dir", spricht er aus. Lächelnd schaue ich zu ihm auf, drücke dabei seine Hand fester. Das ist mein Can, denke ich mir zufrieden und hake mich bei ihm ein. Ja, mein Can. Can verstaut unsere Koffer in den Kofferraum. Daraufhin steigen wir ins Auto. Bevor wir jedoch losfahren, blicken wir Cansu an, die munter auf ihrem Kindersitz sitzt. Gedankenverloren beobachte ich sie, wie sie glücklich  mit ihrem Kuscheltier spielt. Würde alles gut verlaufen? Werden wir glücklich sein? Werden wir in Frieden leben können? Ich stoße einen Seufzer aus, woraufhin Can meine Hand in seine nimmt. Als ich ihn anblicke, sehe ich ein Lächeln auf seinen Lippen.
"Hey, es wird alles gut. Wir schaffen das. Mach dir keine Sorgen. Ich verspreche dir, dass ich dich glücklich machen werde", sagt Can sanft, woraufhin ich seine Hand streichele und ebenfalls lächele.
"Solange ich dich und Cansu an meiner Seite habe, bin ich mehr als glücklich", antworte ich und küsse seine Hand. Dann geht es auch schon los. Aufgedreht blicke ich Can an.
"Wohin werden wir gehen?", frage ich ihn neugierig.
"Ich habe schon einen Ort. Entspann dich und lass dich überraschen", sagt er lächelnd, nimmt dabei meine Hand in seine. Beruhigt sowie zufrieden lehne ich mich etwas zurück, blicke aus dem Fenster, während ich an sein Versprechen denke. Er hat mir versprochen, dass er mich glücklich machen wird. Das klingt wie ein Ehegelübde. Ein Eheversprechen. Ja, das ist es auch. Ein ewiges Eheversprechen.

ZwangsheiratWhere stories live. Discover now