Kapitel 6

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Als wir endlich nach Hause gehen wollten, ging ich noch kurz auf die Toilette. Ich war mehr als froh, endlich wieder in meinem Bett liegen zu können und Can diesen Abend somit nicht mehr ansehen zu müssen. Doch leider zu früh gefreut. Ich wollte mich gerade zu den anderen begeben, doch Can versperrte mir natürlich den Weg. War er extra nur wegen mir hier? Wir waren alleine, keiner sonst war hier. Unsere Familien warteten wahrscheinlich ungeduldig auf uns und wir standen hier nur rum.
"Can. Was ist dein scheiß Problem?Willst du mich irgendwie nerven?", fragte ich ihn genervt. Er seufzte.
"Du versuchst dich vor mir zu verstecken", sagte er nur. Woher wusste er das? Warum kannte er mich so gut? Konnte er Gedanken lesen?
"Nein. Warum sollte ich so etwas tun?Lass mich einfach durch", sagte ich und blickte etwas beschämt auf den Boden. Ich fühlte mich ertappt und konnte ihm irgendwie nicht mehr in die Augen schauen. Ich wollte einfach nur nach Hause und meine Ruhe haben, weil ich Kopfschmerzen hatte.

Er musterte mich intensiv und ließ mich dann überraschenderweise doch durch. Was war das gerade gewesen? Ich ging ohne ein Wort an ihm vorbei und war froh endlich von ihm weg zu sein. Warum genau ich keine Lust auf Can hatte, wusste ich nicht. Ich wollte ihn einfach nicht sehen. Als ich dann endlich in meinem Bett lag, starrte ich gedankenverloren auf die Decke. Ich bekam eine Nachricht und als ich sah, wer mir geschrieben hatte, wünschte ich, dass ich nicht online gegangen wäre. Can Fucking Yalçin. Das erkannte ich, weil er auf seinem Profilbild zu erkennen war. Woher hatte er meine Nummer?
"Napiyon? (Was machst du?)", hatte er geschrieben. Ich seufzte. Heute ging er mir wirklich sehr auf die Nerven. Warum auch immer.
"Im Bett liegen. Sana ne? (Was geht dich das an?)", schrieb ich zurück. Oh man.
"Beruhig dich mal. War nur eine Frage", schrieb er. Hatte er Recht? Sollte ich runterkommen? Schließlich hatte er eigentlich nichts getan, was mir schaden könnte.
"Tamam, özür dilerim (Okay, Tut mir leid). Woher hast du meine Nummer?", fragte ich ihn nun.
"Sana ne? (Was geht dich das an?)", schrieb er provozierend zurück. Meine Güte. Was ist los mit ihm?, fragte ich mich verwirrt. Oder sollte ich mich lieber fragen, was los mit mir ist?

"Can. Ich habe mich entschuldigt, okay? Also belass es bitte dabei", schrieb ich.
"Was ist los mit dir, Leyla?", kam es von ihm zurück. Ich seufzte. Wahrscheinlich konnte er Gedanken lesen.
"Ich weiß nicht. Sorry", schrieb ich und war irgendwie traurig. Er machte sich wohl tatsächlich Gedanken um mich.
"Tamam", schrieb er nur und ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Bestimmt hatte er meine Nummer von Azra. Na ja. Ich sollte aus einer Mücke keinen Elefanten machen. Schließlich war es nicht so schlimm. Ich schaute mir sein Profilbild genau an, auf dem er wie zu erwarten, wie ein Model aussah. Ich dachte noch ein wenig nach. Morgen wäre tatsächlich die Hochzeit meiner Schwester. Morgen wäre für sie der schönste Tag ihres Lebens. Ich gähnte und schaute auf die Uhr. Schon ein Uhr. Ich muss morgen topfit sein. Müde legte ich mein Handy weg und schlief irgendwann dann ein.

Am nächsten Tag dann war es soweit. Azra hatte mich geweckt, indem sie um acht Uhr morgens in mein Zimmer kam und die ganze Zeit aufgeregt wie so ein kleines Kind rum hüpfte.
"Uff, Leyla. Evleneçem (Ich werde heiraten). Ich habe Angst", sagte sie nervös, während ich nur hier in meinem Bett lag und einfach fertig war. Ich war so unglaublich müde und sie machte hier einen Aufstand. Ich konnte es ihr aber nicht übel nehmen. Schließlich war es ihr Hochzeitstag.
"Leyla. Was soll ich tun? Korkiyorum (Ich habe Angst)", sagte sie und lief die ganze Zeit hin und her. Ich seufzte und verdrehte meine Augen.
"Abla (Schwester). Komm erst einmal runter und hör auf die ganze Zeit hin und her zu laufen. Başim dönmeye başladi (Mir ist schon schwindelig)", sprach ich, woraufhin sie endlich stehen blieb und sich hin setzte. Ich richtete mich auf und blickte sie an. Sie war wirklich sehr aufgeregt. Das sah man ihr ziemlich an.

"Du solltest keine Angst haben, sondern dich freuen. Heute heiratest du. Ist doch schön. Also reg dich ab, lächel und genieße den Tag. Denn es ist dein großer Tag. Tamam? (Okay?)", fragte ich sie. Sie lächelte und nickte dann.
"Danke, Kardeşim (Mein Geschwisterchen)", sagte sie und umarmte mich. Meine Güte. Sie wird mir sehr fehlen. Ich musste mich echt überwinden, nicht loszuheulen. Wir redeten den ganzen Tag über die Hochzeit und besprachen den Ablauf. Als es schon so 17 Uhr war, waren unsere Eltern und Nihats Eltern  schon im Saal und begrüßten die Gäste, während wir uns noch fertig machten. Unsere Kleider hatten wir schon an und nun waren wir beim Friseur. Ich wollte Locken und als dann auch die Visagistin mit meinem Make-Up fertig war, war ich mehr als zufrieden. Ich erkannte mich nicht wieder, als ich mich im Spiegel anschaute. Ich trug ein dunkelblaues, langes Kleid, welches meine Figur gut betonte. Bin das wirklich ich?

ZwangsheiratWo Geschichten leben. Entdecke jetzt