Kapitel 34

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In dieser Nacht hatte Can mir das gegeben, das gezeigt, wonach ich mich so sehr gesehnt hatte. Ich hatte monatelang gelebt, als wäre ich schmutzig gewesen. Als wäre ich nutzlos und schwach gewesen. Doch dank Can hatte sich alles geändert. In dieser einen Nacht hatte er es geschafft, mir all diese negativen Gefühle auszutreiben. Er hatte mir das Gefühl gegeben, rein zu sein. Das Gefühl, geliebt zu werden. Nach dieser Nacht vergingen dann zwei Wochen Tage. Heute waren Azra, ihr Mann Nihat und ihr gemeinsamer Sohn Kaan bei uns zu Besuch. Ja, Azra hatte nun ein Kind mit Nihat. Der Kleine war so unfassbar süß und ständig, wenn ich ihn ansah, wünschte ich mir selber ein Baby. Doch Can würde niemals eins wollen, dachte ich mir. Er war schließlich noch ziemlich jung, beschäftigt und bestimmt noch nicht bereit für ein Kind. Das dachte ich zumindest. Ich erzählte Azra von Cans Geständnis und sie freute sich sehr für mich.

Der Nachmittag verlief wundervoll und ging schließlich bis in den Abend. Can und ich hielten Kaan gemeinsam und waren verzaubert von dem Kleinen. Kaans grüne Augen funkelten. Er wird ein sehr hübscher Junge sein. Wie Cans und mein Kind wohl mal aussehen wird?, fragte ich mich.
"Lächeln", sagte Azra plötzlich und machte ein Foto von uns. Can, und ich lächelten in die Kamera.
"Ihr seit so ein hübsches Ehepaar. Ein Baby würde so gut zu euch passen. Wann habt ihr denn vor Kinder zu bekommen?", fragte Nihat uns und wir wusste keine Antwort darauf, da wir beide keine Ahnung hatten, ob wir bereit dafür wären. Ich blickte Can an und lächelte dann verlegen. Ich setzte mich hin und betrachtete Kaan glücklich. Sein süßes Lachen und seine kleinen, braunen Löckchen verzauberten mich.

Can POV

Nihats Frage kam ziemlich unerwartet und eine richtige Antwort darauf hatte ich nicht. Während ich Leyla so ansah, wie sie liebevoll mit Kaan umging, wusste ich, dass sie mal eine tolle Mutter sein würde. Mit ihr ein Kind zu bekommen wäre bestimmt wunderschön, dachte ich mir. Aber wir beide und vorallem Leyla, waren noch viel zu jung für ein Kind. Gerade erst fing unsere Ehe überhaupt richtig an. Wir mussten reifer werden. Ein Kind ist schließlich eine große Verantwortung. Azra und Nihat blieben noch eine Weile und gingen dann am Abend. Leyla wollte von Kaan gar nicht ablassen und auch Kaan hatte sich sehr an Leylas Nähe gewöhnt. Ich fand es so unglaublich süß. Als wäre er ihr Sohn. Nachdem ich mich von Azra, Nihat und Kaan verabschiedet hatte, klingelte mein Handy und ich ging auf die Terasse. Eine unbekannte Nummer rief mich an. Ich ging ran und wünschte mir direkt, dass ich es nicht getan hätte.

"Can. Nerdesin? (Wo bist du?) Weißt du eigentlich, wie oft ich versucht habe, dich in den letzten Monaten zu erreichen? Warum bist du nicht ran gegangen? Was ist los mit dir?", fragte Aleyna mich aufgebracht. Ich seufzte genervt. Ich war die ganzen Monate absichtlich nicht ran gegangen, da ich auch sie komplett aus meinem Leben streichen wollte. Sie hatte für mich keine Bedeutung. Seit langer Zeit nicht mehr.
"Aleyna. Ruf mich nicht mehr an. Ich will von dir nichts mehr hören", sagte ich nur und sie lachte.
"Ist das dein scheiß Ernst, Can? Vor ein paar Monaten hast du noch mit mir geschrieben und warst voll anders. Du hast mich sogar getroffen und alles war in Ordnung. Aber jetzt meinst du, dass ich dich nicht mehr anrufen soll? Vergiss nicht, wer für dich da war, als du am Ende warst. Was ist los mit dir, Can? Du bist seit Monaten komisch. Was verheimlichst du mir?", fragte sie mich auffordernd. Sie wusste nicht, dass ich verheiratet war. Sie wusste von nicht. Von Leyla wusste sie ebenfalls nichts und Leyla hatte anscheinend vergessen, dass Aleyna existiert. Ich hatte Aleyna so oft schon gesagt, dass es vorbei ist mit uns beiden. Doch sie wollte mich nie loslassen. Sie war verrückt nach mir. Sie konnte und wollte mich nicht loslassen. Ich hatte zugestimmt, mit ihr nur befreundet zu sein, doch ich hatte schnell gemerkt, dass sie immer wieder versuchte, mich zu überreden, wieder mit ihr zusammen zu sein. Ich hatte gelernt, Leyla zu lieben. Deswegen musste ich den Kontakt zu Aleyna abbrechen.

"Nichts. Ich will einfach nichts mehr mit dir zu tun haben", sagte ich desinteressiert.
"Can. Ich kenne dich besser, als jede andere Person und das weißt du. Egal was, ich werde es herausfinden und du wirst mit mir reden müssen", meinte sie, doch ich grinste.
"Nein, Aleyna. Du liegst falsch. Es gibt jemand anderen, der mich besser kennt als du", sagte ich nur und legte auf. Ich wusste, dass sie mich nicht in Ruhe lassen würde. Aber sie würde mich nicht für sich haben können, dachte ich mir. Ich ging ins Schlafzimmer und hörte aus dem Badezimmer Geräusche. War das Leyla?
Ich schaute zur Tür und eine ziemlich blasse Leyla kam aus dem Bad. Was ist los mit ihr?, fragte ich mich besorgt. Ich warf mein Handy auf das Bett und ging sofort auf sie zu. Sanft streichelte ich ihre Wange, während wir uns anblickten. Ich fragte sie, ob alles in Ordnung mit ihr sei. Doch sie log mich wieder an. Warum sagte sie es nicht einfach, wenn es ihr schlecht ging? Es macht mich etwas wütend.

Jedoch fragte ich nicht weiter nach, da sie ziemlich blass war und ich wollte, dass sie sich ausruht. Als wir im Bett lagen und ich sie im Arm hielt, schloss sie für einen kurzen Moment ihre Augen. Ich strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und küsste sachte ihre Stirn.
"Mit wem hast du vorhin telefoniert? Du hast dich ziemlich wütend angehört", sagte sie dann plötzlich. Ich wollte sie nicht anlügen. Doch ich hatte auch Angst, dass ihr die Warheit wehtun würde. Ich ließ von ihr ab und wir setzten uns beide auf. Ihre braunen Augen sahen mich fragend an. Ich seufzte, sagte es ihr aber dann schließlich.
"Mit Aleyna", gab ich ihr als Antwort. Ihren Gesichtsausdruck konnte ich in dem Moment nicht ganz einordnen. Enttäuscht? Wütend?Traurig? Gelassen? Ich wollte unbedingt wissen, was sie in diesem Moment dachte und fühlte. Doch sie schwieg nur und ich sorgte mich wirklich darum, dass sie nun verletzt sein könnte.

Leyla POV

Etwas verwirrt senkte ich meinen Blick und dachte nach. Warum hatte Can mit Aleyna telefoniert? Was hatten die beiden miteinander geredet? Was wollte sie von ihm? Natürlich vertraute ich ihm, weswegen ich mir sicher war, dass sie ihn angerufen hatte. Ich wusste jedoch trotzdem nicht, was ich denken und fühlen sollte. Mir war einfach nur schlecht wegen vorhin. Ich hatte mich nämlich übergeben, aber das wollte ich Can nicht sagen. Er sollte sich nicht unötig sorgen oder aufregen. Eine Weile blieb es ruhig, bis er etwas sagte. Ich schaute ihn ernst an.
"Es ist nicht das, was du villeicht jetzt denkst, Leyla. Mach dir einfach keine Sorgen. Sie bedeutet mir nichts", sagte er und ich nickte. Ich lächelte und gab ihm einen leichten Kuss auf die Wange, da ich ich das Bedürfnis hatte, ihn zu küssen. Außerdem war er mal wieder so unglaublich süß. Er wollte nicht, dass ich verletzt bin, ging deshalb vorsichtig mit mir um. Er war so liebevoll.

Can blickte mich überrascht und auch gleichzeitig glücklich an. Wir legten uns hin und schliefen dann irgendwann gemeinsam ein. Mitten in der Nacht wurde ich dann von einem Klingeln geweckt. Ich bekam einen Anruf und begab mich auf die Terasse, um Can nicht zu wecken. Verwirrt schaute ich auf den Bildschirm. Eine unbekannte Nummer rief mich an.
"Hallo?", sagte ich in den Hörer und war gespannt, wer das sein könnte.
"Da hört man sich also wieder. Ich bin es, Leyla Yalçin", sagte eine beängstigende und mir bekannte Stimme. Doch ich wusste trotzdem irgendwie nicht so richtig, wer das sein könnte. Die Stimme machte mir aber auf jeden Fall sehr Angst und gab mir kein gutes Gefühl.
"Wer bist du?", fragte ich mit einer zittrigen Stimme. Die Person lachte finster.
"Wie kannst du mich nicht kennen? Wir beide kennen uns schließlich sehr gut. Auch wenn es einige Monate her ist, solltest du dich an mich erinnern", erklärte die Person und ich war mehr als geschockt. Es kam mir wieder in den Sinn. Nein. Das war unmöglich!

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