Kapitel 9

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Can POV

Am Abend saß ich verwirrt in meinem Zimmer und starrte auf mein Handy. Ich hatte Leyla sehr oft angerufen, doch sie wollte einfach nicht ran gehen. Was ist los? Habe ich etwas falsch gemacht?, fragte ich mich die ganze Zeit über. Irgendwas stimmte da nicht. Auch wenn ich es nicht zugeben wollte, machte ich mir große Sorgen um sie. Noch nie habe ich mir solche Gedanken um ein Mädchen gemacht und ich hatte schon mit einigen etwas. Ich glaubte langsam, dass ich mich wirklich für sie interessiere. Sie ist nicht wie die anderen. Sie ist besonders. Vielleicht braucht sie Zeit für sich, weswegen ich es dabei beließ und mich schlafen legte. Jedoch ging sie mir den ganzen Abend nicht aus dem Kopf. Am nächsten Tag war dann komischerweise Leylas Vater bei uns. Es war komisch, da er ohne seine Familie gekommen war und meinte, dass er etwas sehr Wichtiges mit meinem Vater besprechen müsse. Ob es um Leyla geht? Ob es um mich geht? Ich blieb auf meinem Zimmer und eine Stunde später ging er auch schon wieder.

Bevor er sich von uns verabschiedete, sagte mein Vater noch etwas zu ihm, was mich sehr verwirrte.
"Mach dir keine Sorgen, Ahmet. Sie wird sicher sein bei ihm. Wir haben es sowieso immer so ausgemacht und nun ist die Zeit gekommen", sagte mein Vater. Wofür ist die Zeit gekommen? Wer wird bei wem sicher sein?Was haben sie ausgemacht?
"Ja. Ich will es eigentlich nicht tun. Aber was soll ich sonst tun? Es muss sein und ich denke auch, dass es das Beste ist", meinte Leylas Vater etwas niedergeschlagen und ich starrte die beiden nur perplex an. Ich hatte von nichts eine Ahnung. Als er dann ging, fragte ich meinen Vater. Ich saß ihm gegenüber.
"Baba (Vater). Über was habt ihr geredet?", fragte ich ihn neugierig. Er seufzte.
"Bak, Oğlum (Schau, mein Sohn). Es ist so, dass Ahmet und ich schon vor langer Zeit miteinander ausgemacht haben, dass unsere beiden Kinder irgendwann heiraten werden. Also du und Leyla. Wir hätten euch natürlich niemals dazu gezwungen, aber jetzt muss es sein. Es ist so. Leyla wurde am Tag der Hochzeit vergewaltigt. Sie ist keine Jungfrau mehr und sie muss heiraten. Also wirst du sie heiraten", erklärte er und ich war mehr als schockiert. Leyla und ich? Heiraten? Sie wurde vergewaltigt?

Deswegen ist sie also so drauf. Welches Arschloch hat ihr das angetan? Wenn ich den einmal in die Finger kriege, werde ich ihn umbringen. Wie kann er Leyla so etwas antun? Sie ist erst 17 Jahre alt und hat das nicht verdient.
"Baba, ben seni aniyorum (Vater, ich verstehe dich). Ahmet Amcayi de aniyorum (Ich verstehe auch Onkel Ahmet). Aber Leyla ist noch so jung und ich auch. Warum jetzt unbedingt?", fragte ich ihn.
"Ach, Can. Es muss jetzt sein. Du weißt, was es bedeutet, wenn eine türkische Frau vor der Ehe entjungfert wird. Bitte, Oğlum (Mein Sohn). Ich weiß, es ist zu viel verlangt und du möchtest das nicht. Ich weiß auch, dass das eine große Umstellung für dich sein wird. Aber Leyla ist ein gutes Mädchen und sie wird auch eine gute Ehefrau sein. Sie ist die perfekte Frau für dich", erklärte er. Hat er vielleicht Recht?
Ich seufzte und dachte nach. Leyla hat bestimmt jegliche Hoffnung verloren. Kein türkischer Mann würde sie mehr heiraten, denkt sie sich bestimmt. Sie fühlt sich bestimmt schmutzig und ist am Ende. Sie tut mir leid. Doch irgendwie musste ich nicht lange nachdenken, da ich mich schon entschieden hatte. Ich nickte und blickte meinen Vater ernst an.

"Tamam Baba (Okay Vater). Ben onlan evlenecem (Ich werde sie heiraten)", sagte ich und er lächelte. Er klopfte mir auf die Schulter.
"Ich bin stolz auf dich. Danke, mein Sohn", sagte er und ich lächelte.
"Tamam (Okay). Biz bu akşam onu istemeye gideçez (Wir werden heute Abend um ihre Hand anhalten)", erklärte er und ich nickte. Schon heute Abend. Das ist ziemlich kurzfristig. Wer hätte gedacht, dass mein Leben heute so eine Wendung nehmen würde?
Als er dann das Wohnzimmer veließ, saß ich nur gedankenverloren da. Ich konnte es immer noch nicht fassen. Leyla wurde einfach von irgendeinem Bastard vergewaltigt und nun muss ich sie heiraten. Ob sie es schon weiß Was sie wohl denkt? Wie es ihr wohl geht?

Leyla POV

Heute Abend würde Can mit seiner Familie hierher kommen. Er weiß es also. Was er sich wohl denkt? Denkt er jetzt schlecht von mir?
Ich kann es einfach immer noch nicht fassen, dass ich bald seine Frau werden würde. Ich hatte immer von einer Traumhochzeit, mit meinem Traummann geträumt. Ich dachte immer, dass heiraten ein schönes Gefühl wäre. Doch nun geschieht es aus Zwang. Ohne Liebe. Ich seufzte und blickte auf die Uhr. Es war ziemlich kurzfristig, dass sie heute Abend schon kommen würden. Also nahm ich ein entspannendes Bad. Ich suchte mir etwas zum Anziehen raus. Nach langem Überlegen, entschied ich mich für einen blauen Pullover, eine weiße Hose, weiß-graue Air-Max und eine Kette. Dann schminkte ich mich noch dezent, glättete meine Haare und war zufrieden. Ich betrachtete mich lange im Spiegel. Meine Wangenknochen waren viel mehr zu sehen, dadurch, dass ich abgenommen hatte. Ich versuchte zu Lächeln, was mir jedoch nicht gelang. Ohne die Schminke sähe ich bestimmt furchtbar aus. Ich habe mich seit diesem Tag nicht mehr im Spiegel angesehen und mich jetzt so zu sehen, schockt mich ein wenig.

Ein Klingeln riss mich aus meinen Gedanken. Ich hörte Stimmen von unten. Sie sind gekommen. Ein letztes Mal noch sah ich mich an und seufzte. Warum ich? Warum Can?
Ich hätte niemals gedacht, dass wir beide so eine enge Beziehung zueinander haben würden. Warum muss ich ausgerechnet ihn heiraten? Warum hat er zugestimmt?, fragte ich mich. Irgendwann dann begab ich mich nach unten und begrüßte alle. Ich blickte Can nichts ins Gesicht, da ich ziemlich verlegen war. Es war einfach eine komische Situation. Seinen Blick spürte ich auf mir. Was er sich wohl denkt? Aufjedenfall sah er mehr als gut aus. Wie immer. Nachdem sich alle hingesetzt hatten, begab ich mich in die Küche und vorbereitete die Getränke. Für Can machte ich einen Kaffee und mischte darin etwas Salz, Pfeffer und Zitrone. Dies war ein Brauch. Wenn der Bräutigam alles austrinkt, ist er es sozusagen würdig, die Braut zu heiraten. Es zeigt, dass er alles für seine Frau tun würde und sie wirklich liebt. Ich servierte die Getränke und musste etwas schmunzeln, als ich Cans Gesicht sah. Hat er etwa Angst davor, diesen Kaffee zu trinken?

Es war einfach zu süß zu sehen, wie er das Glas an seine Lippen setzte und etwas nervös trank. Doch ich war fassungslos. Er hatte tatsächlich alles augetrunken. Will er mich so sehr heiraten? Das war schon ziemlich komisch, dass er das extra für mich ausgetrunken hatte. Aber es ist schon ziemlich süß. Ein Beweis, dass ich ihm etwas bedeute? Dann war es soweit, dass Cans Eltern den Segen des Brautvaters, also meines Vaters bekommen und um meine Hand anhalten. Mein Vater war natürlich sofort einverstanden und auch meine Mutter. Dann kam das Versprechen. Wir beide bekamen einen Ring, die beide miteinander über ein rotes Seidentuch verbunden waren. Dieses wurde von Cans Mutter durchgeschnitten und dann war es offiziell. Can und ich würden heiraten. Alle waren glücklich, lachten, redeten miteinander und wir? Wir starrten uns nur gegenseitig ungläubig an und hatten uns keinen Millimeter gerührt.

ZwangsheiratTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon