43. Perfekte Momente

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Das klang echt schrecklich. Ich verzog das Gesicht und nickte langsam. „Hast recht."

El lehnte sich mit einem selbstgefälligen Lächeln zurück und zog die Augenbrauen hoch. „Das ging aber fix."

„Ich kämpfe nicht mehr gegen dich an", murmelte ich nur achselzuckend, woraufhin sie breit zu grinsen begann.

„Freut mich sehr das zu hören, Kitty."

* * *

Innerlich seufzend beobachtete ich Elaine dabei, wie sie sich die Menükarte durchlas und wartete geduldig. „Interessant...", murmelte sie hin und wieder, während ich zwischen Veganern in diesem neuen Restaurant dasaß und hoffnungsvoll auf Lucien, einen weiteren Fleischesser, wartete.

„Ich nehme die Gemüsepancakes."

Angeekelt legte ich meine Speisekarte auf den Tisch und entschied mich schließlich nur für Pommes mit veganer Majonäse. Elaine verdrehte die Augen und sah sich ungeduldig um, bis sich ein erfreutes Grinsen auf ihr Gesicht schlich.

„Lu ist da!", sie rutschte schnell zur Seite und dann hörte ich auch schon die Stimme des größten Idioten der Welt.

„Hey, Freunde", er setzte sich außer Atem zu uns und legte direkt einen Arm um Elaines Schultern. „Wir übergehen jetzt einfach die merkwürdige Phase, in der sich jeder an die Party und unser letztes Treffen erinnert und essen alle friedlich zusammen zu Mittag, oder?"

Es herrschte kurz eine Stille, die natürlich unglaublich merkwürdig war, sodass ich genervt stöhnen musste.

„Jaja, jetzt hab ich uns in eine unangenehme Situation gebracht, aber egal. Was gibt's hier so zu futtern?", Lucien lachte leise und schnappte sich die Karte. Er brauchte kaum zehn Sekunden, bevor er sich für ein Stück Kuchen und eine Tasse Kaffee entschied.

„Ist ja nicht mehr ganz Mittag...", murmelte er nur noch, bevor er hastig den nächsten Kellner zu uns rief. Wir gaben unsere Bestellung auf und dann entschuldigte El sich schon auf Toilette.

Lucien's Blick, als sie aufstand und ging, sagte alles. Und dennoch musste er seine Gedanken laut aussprechen: „Werdet ihr mich jetzt jedes Mal rufen, wenn ihr was essen gehen wollt, es aber kein Date nennen möchtet?"

Ich schnaubte leise und verschränkte die Arme vor der Brust. „Sie geht mit jedem, ständig essen. Da bin ich nichts besonderes."

„Nervt dich das?", fragte er und hob eine Augenbraue.

Kopfschüttelnd wandte ich den Blick ab und spitzte die Lippen. „Ich glaube, sie ist einfach nur allein."

Das überraschte Lu. Verwundert legte er den Kopf schief und verengte die Augen. „Einsam?"

Nickend lehnte ich mich zurück. „Ihr bester Freund ist in sie verliebt, das muss nerven. Julie ist ganz abgelenkt mit Jake. Louis benimmt sich wie ein Scheißer und ansonsten bleibt ihr nur der kleine Renee. Nichtmal der hat ständig Zeit für sie, nehme ich an, also diene ich als nette Ablenkung."

„Kannst du es nicht einfach Freundschaft nennen?", fragte Lucien skeptisch, doch wir wussten beide, dass ich recht hatte.

Das beliebte Äffchen, was jeder süß fand, war einsam und klammerte deswegen an mir.

„Es stört mich nicht", gab ich schließlich zu und verschränkte die Arme vor der Brust. Jetzt wurde es langsam unangenehm.

„Natürlich stört es dich. Ich meine, ja, es freut dich, dass sie dich genauso ablenkt wie du sie, aber—", versuchte er gerade gegen meine persönlichen Gedanken zu argumentieren, da stand plötzlich eine Kellnerin bei uns.

Sie lächelte und stellte schnell unsere Getränke auf den Tisch, bevor sie sich genauso eilig wieder verzog. Lucien hielt peinlich berührt die Luft an, obwohl er sonst nie sowas wie Scham empfand und bedankte sich leise.

Ich verstand nicht ganz, warum ihre Anwesenheit ihn derart aus der Fassung brachte, da spürte ich auf einmal jemanden meine Schulter antippen.

„Ich unterbreche ja nur ungern...", murmelte Elaine plötzlich. Überrascht drehte ich mich um und starrte geradewegs in ihr Gesicht.

Sie zog die Augenbrauen zusammen und schluckte schwer, bevor sie ihr Handy hochhielt, um mir ein Foto zu zeigen. Ich wich etwas zurück, um es auch erkennen zu können und wünschte mir augenblicklich, das nicht getan zu haben.

„Mit ihr auch?", fragte El nur gekränkt und ließ die Schultern sacken.

Der Anblick von Linda auf meinem Schoß löste etwas in mir aus, was ich in dem Moment, in dem es passiert ist, nicht so intensiv verspürt hatte.

Ihre Hände auf mir, meine auf ihr und unsere vereinten Lippen; ich starrte das Foto an und konnte nicht glauben, dass irgendjemand armselig genug sein konnte, wirklich ein Foto von uns zu schießen.

Unbehagen. Das war es. Das Gefühl in meiner Brust.

„Ist das die eine, die letztens mit Louis was bei uns essen war?", fragte Lucien mich plötzlich und obwohl ich ihn hörte, konnte ich die Frage nicht ganz verarbeiten.

Elaines enttäuschter Blick verwirrte mich. Und der Ekel in ihrem Gesicht brachte mich zugegebener Maßen auch ziemlich aus der Fassung. 

Wortlos ließ sie nun ihr Handy sinken und steuerte mit einem Seufzen auf ihren Platz zu. „El?", fragte Lu nach, doch sie schnappte sich nur ihre Jacke und Handtasche, bevor sie ihm ein wackeliges Lächeln schenkte.

„Gehst du?", fragte ich verwirrt und bekam natürlich keine Antwort. Sie lief geradewegs an mir vorbei, machte sich nichtmal die Mühe ein falsches Lächeln aufzubringen und hielt dann plötzlich doch inne.

„Ich weiß nicht warum, aber mir kommt gerade die Kotze hoch", meinte sie dann nur noch und zuckte die Achseln. Ich runzelte die Stirn und starrte ihr hinterher, während sie auf den Ausgang zusteuerte. 

Sprachlos schoss mein Blick zu Lucien, der nur die Augen verdrehte.

„Steh auf und hol sie zurück, du Stein."

Ich schluckte schwer und schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe eine bessere Idee."

Er zog skeptisch eine Augenbraue hoch und sah stumm dabei zu, wie ich mein Handy aus meiner Hosentasche kramte und ohne zu Zögern auf Lindas Kontakt klickte.

Niemand steht rein zufällig zur gelegensten Zeit auf dem Angestelltenparkplatz unseres Restaurants und schießt im perfekten Moment ein Foto von uns beiden am Rummachen.

Aber wieso plante man so einen Mist?

BorderlineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt