10. Reiherndes Muttersöhnchen

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Jenny, 16 Uhr
Wollen wir uns heute Abend treffen?

Ich las ihre Nachricht ironischer Weise, während ich in meinem Auto vor Manons Haus wartete. Naja, so gesehen war es kein Haus, sondern viel eher eine fette Villa. Und dabei lebte sie keine 10 Minuten von mir entfernt. Unsere Nachbarschaft war in drei Klassen eingeteilt, gemein formuliert. Einmal die Villengegend, die Häusergegend und die Blockgegend. Wir schwankten irgendwo in der Mitte und Manon schwebte meilenweit über mir.

Keine Ahnung, warum mich das so überraschte. Schließlich wurde sie von einer weißen Bilderbuchfamilie adoptiert und das konnte ich sagen, ohne Amors Eltern zu kennen. Außerdem fuhren seine besten Freunde Louis und Callum ziemlich teure Schlitten. Amor bestimmt auch, aber da ich den sowieso kaum in der Schule sah, war mir sein Auto noch nicht aufgefallen. Seinen Freunden gehörte wahrscheinlich auch eine dieser Buden hier.

Jenny, 16:06 Uhr
Oder morgen, falls du nicht kannst

Ihre Gabe, die Länge meiner Antwortzeiten zu interpretieren, hatte sie offensichtlich nicht verloren. Ich stimmte zu und legte mein Handy weg, da Manon in diesem Moment die Haustür aufschwang. Lächelnd eilte sie auf mich zu. Sie trug einen knielangen Mantel und etwas schwarzes darunter mit Nikes. Das war das erste Mal, dass ich sie in etwas anderem als die Schulkleidung sah.

„Hey", begrüßte sie mich, als sie die Beifahrertür aufschwang. „Ich weiß, dass der Mantel extrem hässlich ist, du musst mich nicht so anstarren."

Ich lachte auf und schüttelte leicht den Kopf. „Daran habe ich gar nicht gedacht. Und er ist nicht hässlich. Er ist einfach nur... grau."

Manon schüttelte leise lachend den Kopf und schnallte sich an. Ihre Tasche, die mir vorher gar nicht aufgefallen war, landete auf der Rückbank.

„Ich kann dir den Weg beschreiben, falls du nicht weißt, wo du lang musst."

Schmunzelnd startete ich den Motor. „Ich war 14, als ich das erste Mal versucht habe Gewichte zu stemmen. Lustiger Weise im selben Fitnessstudio."

„Oh", sie blickte mich amüsiert von der Seite an und schien schmunzelnd in Gedanken zu versinken. Was für welche das wohl waren?

Ohne die Stille zu unterbrechen startete ich den Motor und fuhr los. Als ich wenige Minuten später auf die Hauptstraße abbog, räusperte Manon sich plötzlich. „Carter... Es ist mir eigentlich peinlich zu fragen, aber hat Amor dir irgendwas Dummes über mich erzählt?"

Ich zog überrascht die Augenbrauen hoch und erwiderte ihren Blick. Verwirrt schüttelte ich langsam den Kopf. „Etwas dummes? Nein."

„Hm...", sie schien auch nicht mehr rausrücken zu wollen, weshalb wir beide schwiegen. Es dauerte aber auch keine zehn Minuten mehr, bis wir angekommen waren. Die Stille währenddessen ist zwar unangenehm gewesen, doch die Atmosphäre wandelte sich in dem Moment, in dem Manon das Studio entdeckte.

„Ich war schon seit zwei Wochen nicht mehr hier", erzählte sie grinsend und seufzte anschließend. „Im Winter fällt es mir einfach viel schwerer", mit diesen Worten begann sie, sich aus ihrem Mantel zu schälen. Darunter schien sie bereits ihre Workout Sachen zu tragen.

Ich glaube, ich musste nicht erwähnen, dass sie verdammt heiß war, oder? Und genauso wenig war es notwendig, zu sagen, dass sie diese Tatsache unterstreichen musste, indem sie sich für ein enges und bauchfreies Outfit entschieden hatte.

Es überraschte mich auch gar nicht, dass sie meinen Blick lieber ignorierte, anstatt schleunigst auf meinen Schoß zu klettern. Aber egal. Ich hatte nämlich überhaupt nichts dagegen, sie beim Squats machen zu beobachten. Erstmal auf der Matte und später dann auf mir.

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