Ich fand mich in einer riesigen, Elfenbeinfarbenen Halle wieder, mit großen Fenstern und vergoldeten Säulen, die eine azurblaue Decke stützten. Ein Frieden lag in dieser Halle, wie ich ihn noch nie zuvor erlebt hatte. "Wo sind wir?", fragte ich Tyson neben mir. "In einer Erinnerung. Das sind die Heiligen Hallen. Die Heimat der Wächterengel."

Mit großen Augen sah ich mir all die wunderschönen Malereien an den Wänden an. Die Geschichte der Engel, wie es aussah ... Dann betraten zwei junge Engel die Halle. Einer der beiden war Tyson, neben ihm lief Alec. Doch dieser Alec war ganz anders... seine Augen strahlten in einem wundervollen, ruhigen Ozeanblau. Er lächelte den Tyson neben sich offen an. Er wirkte viel jünger, mit ehrlichen, freundlichen Gesichtszügen.

"Das ... ist .... Alec?", stammelte ich. Tyson nickte. "Er war einer der barmherzigsten, lebensfrohsten Engel, die ich kannte."

Sie stellten sich auf einen Podest, als warteten sie auf irgendetwas, da wurden die Tore der Halle aufgestoßen und eine große, dünne Gestalt betrat die Halle. Das Haar war schmierig nach hinten gegelt und das Gesicht in strenge Falten gelegt, als er vor Alec und Tyson trat und sich verbeugte. "Ich erbitte eine Audienz mit einem der Wächterengel.", verkündete er mit einem herrschenden Ton.

"Ist das ...", setzte ich an und Tyson beendete die Frage, sein Blick ruhte verächtlichen auf dem Mann, "Zeth."

"Was ist dein Anliegen?", wollte Tyson wissen.

"Ich möchte den jüngeren der beiden Wächter sprechen.", erwiderte Zeth und starrte Alec dabei intensiv an.

Alec wollte zu ihm vortreten, da legte Tyson ihm eine Hand auf die Schulter, "Warte. Irgendetwas stimmt nicht mit ihm."

Alec schüttelte sie ab und lächelte Tyson beruhigend an. "Er ist nur ein Mensch. Und er hat es verdient, angehört zu werden, wie alle anderen auch.", damit folgte er Zeth, der Tyson noch ein triumphierendes Lächeln zuwarf. Sie verschwanden im Nebenraum und ließen einen unendlich besorgten Tyson zurück.

"Ich hätte ihn nicht gehen lassen sollen ... ", sagte der Tyson neben mir und senkte den Blick. Ich berührte sanft seine Schulter. "Zeth war ein Mensch und Alec ein Wächter. Ich hätte ihn auch gehen lassen ... es ist nicht deine Schuld."

Tyson schüttelte den Kopf. "Ich habe gewusst, das etwas nicht stimmt! Ich hätte dieses eine Mal nicht auf Alecs großes Herz vertrauen sollen!"

Ich zwang ihn, mir in die Augen zu sehen. "Und auch daran ist nichts falsch."

Plötzlich zerriss eim grausamer Schrei die Stille und ich schrak auf. "Was ist das!?"

Es kam aus dem Raum, in den Alec und Zeth verschwunden waren. Der Tyson der Erinnerung stürmte zur Türe - und ich auch.

"Juna ... !", rief der andere Tyson mir hinterher. "Das ist Alec!"

"ALEC!!!", brüllte der Tyson der Erinnerung und versuchte, die Türe durchzubrechen.

Der Schrei wurde immer lauter, und immer schmerzerfüllter. Ich konnte das einfach nicht mit anhören!!

"Öffne die Tür!!!", schrie ich panisch. Tyson schüttelte den Kopf. "Das geht nicht. Es ist nur eine Erinnerung."

Heiße Tränen stiegen mir in die Augen alls ich mir die Ohren zuhielt, um diesem Schrei zu entkommen. "Dann benutze deine Magie!!"

Der Tyson der Erinnerung warf sich mit aller Wucht gegen die Tür, doch ach er bekam sie nicht auf. "ALEEC!!!!"

"Das geht nicht.", ertönte zwischendurch die ruhige Stimme des anderen Tysons. "Du selbst kannst deine Erinnerung betreten und verlassen, aber du kannst darin keine Magie anwenden."

Ich wischte mir die Tränen weg. "Was passiert mit ihm!?"

Tysons blick ruhte auf meinem Gesicht. "Er verbrennt von innen. Alles, was ihn ausmacht, verbrennt durch das Schattenauge."

Endlich stieß Tyson die schwere, goldene Türe auf. Vor ihm lag Alec, er blutete aus dem Mund, aus der Nase und aus den Augen.

"A ... Alec ... !" , er fiel neben ihm auf die Knie und streckte vorsichtig eine Hand nach ihm aus, als er die halbe Münze auf dem Boden liegen sah. Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen. "Nein ... ", dann erblickte er Zeth, noch immer dasselbe schmierige Grinsen auf seinem Gesicht. Wütend fuhr Tyson auf und schubste ihn gegen die Wand. "Das hast du nicht getan ... SAG MIR, DASS DU IHM DAS NICHT ANGETAN HAST!!!!!", schrie er verzweifelt. Doch er ahnte die Antwort bereits, also schlug er ihn zu Boden und fiel wieder neben Alec auf die Knie, wo er dann einen grausamen, schmerzerfüllten Schrei ausstieß.

Alec öffnete die Augen, aus denen das Ozeanblau und jegliche Wärme gewichen war. Das war der Alec, den ich kannte. Er stand auf und grinste Zeth zufrieden an, der wischte das Blut von seiner offenen Lippe. "Ist der Engel Tod?"

"Ich konnte spüren, wie er verbrannt ist. Da ist nichts mehr.", versprach Alec ihm, worauf Tyson heftig zusammenfuhr. Er kniete noch immer auf derselben Stelle, unfähig sich zu rühren.

"Was ist mit dem?", wollte Alec wissen.

"Ihn lassen wir leiden,",  grinste Zeth und verließ den Raum. "Na schön ... ", schmollte Alec und trat Tyson noch zu Boden, bevor er Zeth folgte.

Dann sah ich nur noch Tyson, wie er dort lag im stillen, während ihm tausende Tränen über die Wange rannten ... und alles verdunkelte sich.

Ich spürte wieder den kalten Wind des Waldes. Tyson lächelte mich traurig an und sah zum Himmel hinauf. "Es dauert länger als nur ein Leben, um zu begreifen, dass er nicht mehr ist." , bedauerte er. Ich verstand voll und ganz, was er meinte, und umarmte ihn.

"Existiert sie noch? Die Heilige Halle? Und die andeen Wächterengel?"

Tyson seufzte. "Alec hat sie alle vernichtet." Ich sah ihn an. "Warum dich nicht?"

Tysons Miene verdüsterte sich. "Weil er weiß, das ich viel mehr leide, wenn ich lebe. Meine Unsterblichkeit ist mein Fluch. Und irgendwann wird es auch seiner sein."

Wie wahr, Tysons Worte ... ;)<3

Hunters of Hell - Jäger der SchattenWhere stories live. Discover now