Kapitel 6

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"Juna! Wach auf!"

War das Amy's Stimme?

Ich hörte mich selbst etwas unverständliches brummen und wühlte mich im Bett auf die andere Seite. Ganz klar war das nicht mein Bett. Die Decke war aus wunderbar glatter Seide, und das Kissen so weich, dass ich nur so darin einsank.

"Na los, Engelchen!!!"

Ja, das war garantiert Amy. Sie klopfte stärker gegen die Tür und brachte damit auch in seltsamen Rhytmus Tür und Wand zum vibrieren.

Da fiel mir ein, das Camey mir gesagt hatte, Amy würde mich an dem Abend abholen, kurz bevor wir zu dem Portal aufbrechen würden.

Ich schwang meine Beine aus dem Bett und blieb, sobald ich auf dem weichen Teppich des Zimmers stand, noch einmal kurz vor dem Spiegel stehen.

Das ich geschlafen hatte, sah man mir kaum an. Nur die Klamotten waren etwas verknittert.

"Ich trete gleich die-" , noch bevor Amy ihre Drohung vollenden konnte, riss ich mit deprimierter Miene die Tür auf.

Sie hatte sich umgezogen. Nicht nur die Klamotten - anstelle von Nieten war ihr Gürtel von Waffen übersäht. Kleine, unterschiedlich gezackte Dolche.

Selbt an den Armstulpen, die vom Ellenbogen bis zum Handgelenk reichten, waren Messer befestigt.

Sie bedeutete mir mit einer kurz angebundenen Handbewegung, ihr zu folgen.

Das rosa Haar schimmerte silbern im Mondlicht, das durch die Fensterriemen hineinbrach und den langen Korridor in die kalten Farben der hineinbrechenden Nacht tauchte. Schweigend folgte ich ihr, wobei ich mich für das Echo meiner Absätze schämte, da ihre seltsamerweise keine hinterließen.

Lange lief ich hinter ihr her, ohne ein Wort zu sagen, sondern grübelte einfach vor mich hin.

Als ich dann den Mund öffnete, um das Schweigen zu durchbrechen, blieb sie auch schon stehen.

Waren wir etwa schon angekommen?

Wenn ja, wo?

Ich sah zu, wie sie eine Fackel von der Wand nahm und sich dann hinkniete, um auf einen speziellen Stein zu drücken, wie auf einen Knopf. Was dieser dann auslößte, war beeindruckend. Ein Teil des Bodens öffnete sich vor uns und bildete ein tiefes, schwarzes Loch, in das verstaubte, steinerne Stufen hinabführten.

Ich hatte also Recht gehabt mit den Druckplatten.

Gemeinsam schritten wir die spirale Wendeltreppe hinunter. Amy lief vor mir, die Fackel in der rechten Hand.

"Gehen wir etwa in den Keller?" , fragte ich zitternd und rieb mir die Arme etwas wärmer.

Die Wände um uns bestanden aus altem, bröseligen Gestein, aus denen hier und da eine einzige Wurzel herausbrach, oder etwas Moos unter Amy's vorbeikommenden Fackellicht glitzerte.

Es roch nach altem Gemäuer und Erde, und wurde immer kälter, je tiefer sie hinabstiegen.

"Nein." , antwortete Amy, "wir nehmen den Hinterausgang."

"Den Hinterausgang? Weshalb?"

"Weil ein paar von den Lederheinies ständig unsere Tore bewachen."

Sie spionierten sich gegenseitig aus?! Ich fragte mich, was in der Vergangenheit geschehen war, dass sie sich heute alle so sehr verabscheuten.

Endlich unten angekommen, schob Amy eine schwere Tür aus Gestein auf, bei dessen Bewegung dann feine Erde von der Decke rieselte.

"Da wären wir.", sie ging voraus in eine schwach, von winzigen Fackeln beleuchtete Kammer, in welcher Scenic, Sukey und Camey bereits warteten. Ein stickiger Geruch von Metall kam mir entgegen.

Hunters of Hell - Jäger der SchattenWhere stories live. Discover now