FIFTYSIX

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Heute kommt nur ein Kapitel, da ich das andere bisher noch nicht kontrolliert habe und heute auch keine Gelegenheit dazu habe.
Viel Spaß beim Lesen!

-Corinne-
„Mmmh...", genießerisch brummte ich und lehnte mich mehr der Hand entgegen, die meine verspannten Nackenmuskeln massierte. Völlig desorientiert gähnte ich müde und fragte mich, wo ich war, während ich träge blinzelte. Aus einem roten Schleier sah ich nichts.
Mein Kopf zur Seite gekippt, wollte ich die Haare, die meine Sicht blockierten, wegstreichen als dies jemand anderes für mich übernahm. Blinzelnd sah ich der Person entgegen, die mich mit einem verschmitzten Lächeln abwartend ansah.
„Maxim!", freudig kreischte ich seinen Namen, als ich das Bild vor meinen Augen endlich verstand und warf ihm die Arme um den Hals. Er legte ebenfalls einen Arm um mich. Bestimmt stand ich, während Maxim für mehrere Minuten in dieser nicht gerade gemütlichen Position lag. Ich war so unheimlich erleichtert und glücklich, dass mich dies jedoch nicht im Mindesten störte.
„Hey, es ist alles gut.", flüsterte Maxim zärtlich, als ich mich vorsichtig von ihm löste, um in sein schönes Gesicht zu sehen. Erst als Maxim mir vorsichtig die Tränen wegwischte, bemerkte ich, dass ich weinte.
„Ich hab gedacht, ich verliere dich!", gestand ich ihm und noch mehr Tränen kamen, während ein Schluchzen aus mir hervorbrach.
„Manchmal braucht man ein wenig Glück.", gab er vage zurück. „So schnell wirst du mich nicht los.", beruhigte er mich dann.
„Versprochen?"
„Versprochen! Wie geht es dir?" Seine Augen glitten besorgt über mein Gesicht und dann meinen Körper hinab.
„Sehr gut. Du lebst, du sprichst mit mir." Die Angst, die ich um ihn hatte, hatte mich nahezu in den Wahnsinn getrieben. Weder schlafen noch essen konnte ich. Ja, ich wollte schon gar nicht mehr leben. Ich wollte einfach nur bei Maxim sein. Jeder von uns kannte die Geschichten, die sich über die Beziehung zwischen Gefährten erzählt wurde, aber erst jetzt glaubte ich das Ausmaß dieser Beziehung tatsächlich zu verstehen nachdem ich es am eigenen Leib erlebt hatte.
„Das meinte ich nicht, Corinne. Kyle hat mir erzählt, dass du die letzten Tage weder gegessen noch geschlafen hast."
„Verräter.", brummte ich leise genug um das Maxim die Stirn runzelte, da er meine Worte nicht verstanden hatte. „Ich hab geschlafen und davor hab ich etwas gegessen.", meinte ich dann um einer Diskussion aus dem Weg zu gehen. Dass dies nicht ganz freiwillig gewesen war, musste er ja nicht wissen.
„Weil Kyle dich dazu genötigt hat." Was für ein Verräter!
Ich seufzte und setzte mich dann neben ihm. „Du solltest dich noch ein wenig ausruhen.", erklärte ich ihm. Wenn ich ihm erklären würde, dass ich mein eigenen Tod schon geplant hatte, für den Fall das er nicht überleben sollte, würde er ausflippen und sich unnötig aufregen. Das wollte ich nicht, also umschiffte ich das Thema.
„Mir geht es gut.", protestierte er und klemmte mir eine der wirren Haarsträhnen hinter das Ohr. Ich wusste nicht, wann ich meine Haare das letzte Mal gekämmt hatte. Eine Dusche würde mir mit Sicherheit auch nicht schaden. „Du wirst so etwas nie wieder machen!", bestimmte er dann, seine Augen bohrten sich in meine, während eine Gänsehaut mich überlief aufgrund seines Tonfalls. Ich musste nicht fragen wovon er sprach. Maxim meinte den Plan, sich von Walkers Leuten entführen zu lassen. Ich schluckte. Nicht eine meiner besten Ideen. Im Nachhinein konnte ich kaum glauben, dass die anderen zugestimmt hatten anstatt mich aufzuhalten. Wir mussten alle verzweifelt gewesen sein. Erst als alles vorbei und ich neben Maxim gesessen und gebetet hatte, dass seine ausdrucksstarken blauen Augen sich wieder öffnen würden, hatte ich begriffen, was ich uns beiden, aber auch Zarek und den anderen mit meiner Entscheidung angetan hatte. Ich hätte es niemals machen dürfen. Wir hätten es irgendwie anders schaffen müssen. Das war mir nun klar, ebenso wie mir bewusst war, dass es ganz anders ausgehen hätte können und das es dann jetzt zu spät wäre.
„Wir werden so etwas nie wieder machen.", stimmte ich entschieden zu.
Erleichtert sah Maxim mich an. Seine Hand in meinem Nacken zog er mich näher bis meine Stirn an seiner lehnte und wir uns so in die Augen sahen. „Ich liebe dich.", murmelte ich leise.
Seine Mundwinkel hoben sich, um seine Augen entstanden kleine Falten, die er schon als Mensch vom vielen Lachen gehabt haben musste. „Du hast keine Ahnung wie sehr ich dich liebe.", erklärte er dann und presste seine Lippen auf meine.
„Gott so kitschig wie ihr zwei sind ja noch nicht mal Alexandr und meine Schwester. Ich krieg ein Brechreiz, wenn ich da nur zu schaue.", meldete sich eine Stimme aus der Ecke zu Wort, sobald wir uns voneinander lösten. Nicht nur ich, sondern auch Maxim zuckte erschrocken zusammen.
„Stehst du schon die gesamte Zeit da?", fauchte ich den Vampir dann aufgebracht an. Ich hatte ihn nicht bemerkt.
„Ich bin rechtzeitig genug dazu gekommen, um zu hören dass ihr so einen Unsinn nie wieder machen werdet. Gewagtes Versprechen, wenn ihr mich fragt.", gab er dann auch noch großspurig seinen Senf dazu. Jetzt wo Maxim wieder auf den Beinen war schien er seine ätzende Art wiedergefunden zu haben.
Sprachlos sah ich ihn an. Sollte ich ihn erwürgen oder einfach nur dankbar sein, dass er Maxims Leben gerettet hat?
Bevor Maxim oder ich etwas dazu sagen konnten, da es anscheinend nicht nur mir die Sprach verschlagen hatten, trat Kyle zu uns und meinte: „Der eigentlich Grund, warum ich hier bin, ist, dass ich dich ab kabeln will, Maxim. Mit großer Wahrscheinlichkeit hast du noch immer in einem minimalistisch kleinen Anteil von den Goldstaub in dir, aber dein Körper scheint mit der Menge klarzukommen."
„Heißt das, er ist geheilt?", fragte ich zur Sicherheit nach.
„Naja, ich kann es nicht hundertprozentig sagen. Ich weiß nicht, ob dein Körper die restlichen Goldpartikel noch ausscheidet,", er wandte sich mit dem Blick Maxim zu, „oder, ob er sich noch translozieren kann, wenn dies nicht geschieht." Kurz sah Kyle zu mir. „Wenn die Partikel nicht ausgeschieden werden, kann es sein, dass sie sich später irgendwo in deinem Körper sammeln und dann erneut zu Problemen führen. Ich kann euch leider keine Gewissheit geben."
„Und warum können wir nicht alle herausfiltern?", fragte ich nach.
„Die Dialyse ist nicht auf eine hundertprozentige Reinigung ausgelegt, sie kann es einfach nicht. Bestimmte Elemente werden aus dem Blut aufgrund eines Konzentrationsgefälles herausgefiltert, aber sobald dieses Gefälle nicht mehr vorhanden ist, stagniert der Prozess."
„Stimmt, vor allem hatten wir Glück, dass der Goldstaub so klein war, denn die Membran die verbaut ist, filtert nur Teile heraus die kleiner als Eiweiß und Blutzellen sind.", fügte Kyle erklärend zu Maxims Ausführung hinzu.
„Woher weißt du das?", wandte ich mich erstaunt an meinem Gefährten.
Er zuckte mit den Schultern. „Ich habe eine medizinische Grundausbildung absolviert beim Militär."
„Und dann weiß man sowas?"
„Scheint so."
„Okay, und was machen wir wenn's Probleme gibt?"
„Bescheid sagen, vielleicht finden wir eine Lösung, vielleicht nicht." Ich war Kyle dankbar, dass er so ehrlich zu uns war.
„Danke dir, mein Freund." Wie Männer das eben taten, klopften sie sich auf die Schultern als unsere Wege sich vor dem Krankenhaus trennten. Wir hatten beschlossen zu dem Appartement zu laufen, da wir Maxims Kräfte nicht überstrapazieren wollte und damit nicht auch noch Kyle Probleme bekam hatten wir uns rechtzeitig getrennt.
„Bereit die Höhle des Löwen zu betreten?", fragte ich und bereitete mich innerlich schon auf die Diskussion vor.
„Wir schaffen das zusammen.", beruhigend drückte Maxim meine Hand, bevor wir zusammen durch die große Eingangstür des Hauses schritten.
„Ich habe mich schon gefragt, wie lange ihr noch davor stehen wollt.", knurrte Zareks Stimme sobald wir uns drei Schritte im Inneren befanden. Neben der Treppe stand er an der Wand gelehnt, die Arme verschränkt mit angespanntem Gesichtsausdruck.
„Hi Zarek." Am liebsten hätte ich die Augen zusammen gekniffen, als ich meine eigene Stimme hörte, die um zwei Tonlagen höher schien und meine Furcht vor dieser Situation deutlich verriet.
„Hallo Corinne, Maxim. Ich bin auf deine Erklärung gespannt und dein Bruder erwartet deinen Anruf." Mir lief es eiskalt den Rücken herunter.
„Hast du schon mit ihm telefoniert?", fragte ich ängstlich.
Maxim löste unsere verschlungenen Hände um mich in seine Arme zu ziehen.
„Und mich von ihm anschreien, drohen und in der Luft zerreißen lassen? Ja, das habe ich.", bestätigte Zarek.
„Warum hast du das getan?", ich verstand es nicht. Wochen, ja Monate hatten alle dicht gehalten und dann verriet Zarek mich. Gerade er. Gerade jetzt.
„Du warst verschwunden, Corinne. Zwei Tage und Maxim genauso. Woher sollte ich denn wissen, dass du noch lebst?", rastete Zarek aus und schrie mich im Treppenhaus an. Ich wusste nicht, wann er das letzte Mal die Geduld mit mir verloren hatte, dass er mich so anschrie. Laut und in aller Öffentlichkeit, wo sogar jeder einfache Mensch es mitbekommen konnte.
„Maxim war mehr tot als lebendig. Woher sollte ich wissen, was du machst? Du hättest dich genauso gut, überfahren lassen können oder die Niagarafälle herunter stürzen." Als er jetzt schrie sah ich die Sorge in seinem Gesicht, wie müde und erschöpft er war. Wahrscheinlich hatte er mich ohne Unterlass gesucht.
„Es tut mir leid, ich... Kyle.. er ... wir.", mehrmals setzte ich zu einer Erklärung an, aber ich war so durcheinander und kaputt. Die letzten Tage waren anstrengend, wir waren alle fertig mit den Nerven und es gab noch so viel zu erklären.
Zarek fuhr sich durch die Haare, während Maxim mir tröstend über den Rücken strich. „Wir sollten nach oben.", meinte er dann wesentlich ruhiger.
Zustimmend nickte ich. Sobald die Tür aufging, flitzet Lya an mir vorbei und stürzte sich auf Maxim, der dicht hinter mir ging, aber auch ich wurde überfallen. „Cori!", rief Antonia und fiel mir um den Hals. Lucas nickte mir mit einem unbeholfenen Lächeln zu, während auch Manuel mich kurz umarmte und dann seine Gefährtin von meinem Gefährten losriss. Zum Glück. Sonst hätte ich das noch tun müssen.
Auch Vincent und die Zwillinge zogen mich in eine kurze Umarmung, während Timon und Till nickten, sowie ein paar weitere Neuankömmlinge, die sich bis jetzt eher selten bei uns herum getrieben hatten. Es war das Team, das Logan für die Suche nach mir damals nachgeschickt hatte. Als Maxim und ich auch sie begrüßt hatten, setzten wir uns zusammen hin und ich erzählte ihn gemeinsam mit Maxim wo wir waren und warum ich nicht bescheid gegeben hatte. Am Rande bekam ich sogar mit wie Vincent und Maxim sich auf diese Männerart die Hand gaben und die Schultern aneinander drückten. Ich verstand nicht was Vincent sagte, aber als ich Maxims überraschtes Grinsen sah wusste ich, dass alles gut war.
Dieses Mal stellte ich auch die Fragen, um die ich mich zuvor nicht gekümmert hatte. Es hatte mich alles nicht interessiert. Aber nun erleichterte es mich ungemein zu hören, dass Maxim Walker umgebracht hatte, dass Killian ebenfalls auf Anweisung meines Bruders getötet wurde. Ich erfuhr, dass Amanda schwanger war und wahrscheinlich nur noch wegen ihres Kindes lebte. In ihren Schmerz als sie den Tot ihres Gefährten fühlte, hatte sie Maxim angegriffen. Wo er nun wieder nahezu unversehrt, atmend neben ihr saß konnte ich es ihr verzeihen und empfand tatsächlich so etwas wie Mitgefühl für die Lykae. Die meisten Lykae hatten es überlebt, aber nicht alle. Sie alle würden nach Australien überführt werden und dort eine Strafe erhalten, die gerechtfertigt war. Ich vertraute auf Logans Urteil.
Während die anderen mir meinen Alleingang verziehen, sprach Zarek auch nach einem kleinen Mittagessen, bei dem ich kaum etwas herunterbrachte, da mein Magen geschrumpft schien auch noch nicht wirklich mit mir.
Betrübt sah ich ihn an, als er mir ein Telefon in die Hand drückte und wieder wortlos verschwand.
„McNaught." Schon dieses eine Wort wirkte brummig und ich machte mich auf eine Auseinandersetzung bereit.
„Hi Logan.", meldete ich mich und suchte Maxim zwischen den vielen Leuten in dem Appartement, das eigentlich nicht so klein war und nun trotzdem zu voll wirkte.
„Corinne!", Freude und Unglaube schwang aus der Stimme meines Bruders mit. „Du lebst! Gott sei Dank, wie geht es dir?"
„Gut!", sagte ich, verwundert dass er mich nicht anbrüllte. „Cori lebt, Sarah und es geht ihr gut.", die deutliche Erleichterung in seiner Stimme als Logan dies zu seiner Gefährtin sagte, ließ mein schlechtes Gewissen noch viel größer werden. Dieses Mal hatte ich mich selbst übertroffen.
„Es tut mir so leid, Logan. Ich weiß, dass ich Scheiße gebaut habe!", gab ich zu. „Ich... Keine Ahnung wie ich auf die Idee gekommen bin...", ich erzählte ihm alles, erklärte wie wir es geplant hatten und wie es abgelaufen war. Als ich von der Folter berichtete, merkte ich wie alles um mich herum still wurde. Maxims Augen schienen zu glühen und sein ganzer Körper spannte sich an. Auffordernd streckte ich ihm meine Hand entgegen und er kam zu mir und umarmte mich. So fest, dass ich kaum sprechen konnte hielt er mich und ich spürte das Beben an seinem großen Körper. Beruhigend strich ich über seinen verspannten Rücken und seine Schultern, während ich meinem Bruder weiterhin von meiner Befreiung, Maxims Verletzungen und Kyles Hilfe bei seiner Heilung berichtete.
„Am liebsten würde ich dich über das Knie legen, Corinne.", gestand mir mein Bruder gnadenlos ehrlich und ich konnte es ihm nicht einmal verübeln. „Aber ich glaube, dass du es dieses Mal wirklich begriffen hast."
„Ja!", stimmte ich ihm zu und meine Stimme verriet was ich mit Worten nicht auszudrücken wusste. Aber ich hatte verstanden.
„Sobald ihr euch erholt habt, erwarte ich, dass ihr herkommt.", erklärte er mit der ihm angeborenen Selbstsicherheit, die ich so oft verflucht hatte und um die ich ihn zeitgleich auch beneidete.

Wildes Blut [02]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt