ASDS- Kurzgeschichten

Der Brief - Short 22

"Hi Ronja." Ich schmiss mein Schulranzen in die Ecke. "Hi." Ich setzte mich an den Küchentisch und legte den Kopf auf meine Arme. "Ich hab kein Bock mehr." "Weshalb das denn nicht?" Phil setzte sich zu mir. Ich stand auf und holte meinen Schulranzen. Dann legte ich einen Zettel vor Phil auf den Tisch. "Ein 5 in Geschichte? Och Ronja." "Ich weiß aber dieser ganze Shit bockt mich einfach nicht." "Trotzdem musst du es lernen." Ich seufzte. "Hier ist ein Brief für dich gekommen. Ziemlich dick." Phil zeigte auf einen Brief, der an einer Flasche lehnte. Ich nahm mir den Brief. "Der kommt vom Chiemsee.  Aber ich kenne niemanden am Chiemsee." Ich öffnete den Brief.

Liebe Ronja.
Es hat lange gedauert bis ich deine Adresse rausgefunden habe. Nun wende ich mich in einer wichtigen Angelegenheit an dich.

Du weißt vermutlich nicht mal wer ich bin aber das ist auch akzeptabel. Es ist lange her als ich und seine Mutter im Streit auseinander gingen. Damals hatte sie mir geschworen, dir und Julia nie von mir zu erzählen. Ich bin deine Tante, die ältere Schwester deiner Mutter. Wir hatten einen großen Streit da warst du grade mal zwei Jahre alt. Weshalb ist nicht wichtig. Ich wollte mit dir Kontakt aufnehmen, aber ich war an eine Pflicht gebunden. Falls du mir nicht glaubst, ließ den anderen Brief, den deine Mutter für die Notfallsituation  - die leider eingetreten ist - angefertigt hat.

Ich ließ den Brief sinken. "OMG." Ich zog den anderen Brief aus dem Umschlag. Zwei Blätter. War ich dafür bereit? "Was ist denn Ronja?" "Das..." Ich schob ihn den Brief hin. Phil nahm ihn und fing an zu lesen, während ich den Brief meiner Mutter nahm.

Meine geliebte Tochter.
Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll. Ich schreibe diesen Brief, für den Fall, das ich irgendwann mal früher weg bin als gedacht. Und wenn dieser Brief fertig ist, schicke ich ihn an deine Tante an den Chiemsee. Ein schwerer Streit hat uns damals getrennt und ich war so wütend das ich nie wollte das du sie kennenlernst. Aber wenn ich nicht mehr bin, sollst du sie kennen lernen. Ich liebe dich so sehr mein Schatz, das ist unbeschreiblich. Ich habe auch Julia sehr lieb, aber du bist so besonderster. Dein Lachen ist der Sonnenschein unseres Tages. Jetzt sitzt du vor dem Tisch und puzzelst dein tolles Puzzle. Aber der eigentliche Inhalt des Briefes geht verloren. Wir lieben dich und werden immer an dich denken! Sei lebensfroh und lass dich nicht unterkriegen. Lebe mein Leben für mich mit.

In Liebe deine Mama.

Tränen liefen mit über die Wangen. Was war das ? Eine Botschaft aus der Totenwelt? Ich nahm wieder den Brief meiner Tante.

Ich weiß das ich den Brief viel früher hätte schicken müssen. Schließlich ist deine Mutter auch schon länger tot. Aber auch für mich war es schwer. Ich war auf der Beerdigung aber du hast mich nicht erkannt und Julia war nicht da.

Aber jetzt habe ich eine Bitte an dich liebe Ronja. Ich habe eine süße kleine Tochter im alter von 11 Jahren. Sie hat Blutkrebs. Und sie hat eine Liste. Und auf dieser Liste steht dein Name. Ich habe ihr von dir erzählt. Sie will dich unbedingt kennenlernen. Bitte nimm mit mir Kontakt auf, den ich will ihr diesen Wunsch erfüllen. Ich weiß es ist viel auf einmal aber es ist wichtig.

Ganz liebe Grüße von deiner Tante Nicki.

Ich stand auf und fuhr mir durch die Haare. Phil, der beide Briefe gelesen hatte, stand auf und umarmte mich. Ich ließ es zu und fühlte mich in den Moment einfach nur geborgen. "Ich habe eine Tante. Und eine verdammte Cousine." Phil ließ mich los. "Verdammt das verändert schon wieder so viel!" Ich drehte mich rum und ging zum Schrank. Dort wurde mir schwindelig. Ich trank gierig ein Glas Wasser. "Sie hatte aber auch einen guten Grund." "Ich erinner mich an sie. Sie war auf der Beerdigung. Aber es waren so viele Leute auf der Beerdigung die ich nicht kannte." Ich setzte mich hin. "Jetzt mach dich mal nicht verrückt. Wir lassen das heute Abend erstmal Julia lesen und du gehst das jetzt erstmal verarbeiten."