Kapitel 22

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Langsam klopfte ich am Büro von Frau Dohrmann. Ich wusste ,dass das Somatische schlecht ausfallen wird. Ich betrat das Büro. Diana und Frau Dohrmann saßen an den runden Tisch und guckten mich an.
„Hallo Lia, setzt dich doch." sagte Frau Dohrmann und lächelte. Ängstlich nickte ich und nahm Platz .
„Du weißt also das wir keine guten Nachrichten haben oder?" sagte sie und seufzte. Ich nickte erneut und senkte meinen Blick.
Frau Dohrmann seufzte. "Lia ich kann ja verstehen, dass dir das Essen nicht weiterhilft, aber so kommen wir nicht weiter. Du verweigerst ständig das Essen. Dazu kommt, dass du uns anlügst. Wir wollen wir vertrauen können Lia." Ich schluckte schwer. Ich weiß einfach nicht wie ich etwas verändern soll.
"Wir haben uns lange Gedanken und wollen, dass du erstmal wöchentlich an der Ernährungsberatung teilnimmst, so wie bei der Kochgruppe, damit du wieder ein Gefühl für richtige Mengen bekommst. Vielleicht wird deine Angst dadurch weniger." sagte Diana und lächelte.
"Das klingt...ganz gut." sagte ich. "Ich meine vielleicht bringt das ja wirklich was."
"Das ist ein kleiner Teil Lia. Eine Sache kommt noch dazu. Wir möchten dir im Moment keine größeren Portionen geben, dennoch musst du zunehmen. Du stehst immer noch bei deinen niedrigsten Gewicht von 36,7kg. Das ist zu wenig. Wir haben uns überlegt dir entweder Fresubin zu geben oder die Sonde. Bei den Fresubin müsstest du diese dazu trinken. Und das täglich.  Bei der Sonde würdest du diese auch täglich bekommen. Dennoch wird diese nicht all zu viele Kalorien enthalten. Was möchtest du? Die Entscheidung liegt bei dir." sagte Frau Dohrmann. Ich guckte sie etwas fassungslos an. Was sollte ich da bitte wählen?! Beides klingt scheiße. Beides  kann ich nicht! Ich meine noch mehr zu mir nehmen kann ich nicht. Das geht nun wirklich nicht. Und bei der Sonde? Tja das wird auch schwierig. Wieder ein Schlauch in der Nase zu haben ist eine schreckliche Vorstellung.
"Ich..." stammelte ich. Mir kamen dir Tränen vor Verzweiflung. Ich kann diese Entscheidung nicht treffen.
"Ich kann das nicht." meinte ich und wischte mir die kommenden Tränen weg. Beide sahen mit mitleidig an.
"Das können wir beide gut verstehen. Das ist ein innerer Kampf. Wir haben uns auch im Vorfeld überlegt was besser ist und die Sonde scheint uns die bessere Alternative." sagte Frau Dohrmann. Ich nickte langsam.
"Wir können uns gut vorstellen, dass dir das nicht leicht fällt. Es wird auch nicht für eine lange Zeit sein. Wenn du ein Gewicht von 45kg erreicht hast, entfernen wir die Sonde wieder." sagte Diana.
"O-Okay." stammelte  ich.
"Leider kann ich dir keinen Belohner geben. Doch ich würde gerne in einer halben Stunde mit dir alleine nochmal reden." sagte Frau Dohrmann. Ich nickte.
"Okay dann sehen wir uns später. Wir starten dann heute mit der Sonde." sagte sie und lächelte. Ich stand auf und verließ traurig  den Raum.

In meinen Zimmer kauerte ich mich auf meinen Bett zusammen. Warum muss mir das immer passieren? Warum läuft bei mir nie was glatt?! Wieder flossen die Tränen über mein Gesicht.
Die Zimmertür öffnete sich und Jess kam summend rein. Als sie mich sah gingen ihre Mundwinkel nach unter.
"Sorry." murmelte ich. Ich will nicht, dass ihre gute Stimmung wegen mir verloren geht.
"Ach Schatz was ist passiert?" sagte sie und setzte sich neben mich und nahm mich in den Arm.
" Ich bekomme die Sonde." schluchzte ich. Sie streichelte mir über den Rücken.
" Ach Lia. Ich kann mir vorstellen, dass das echt beschissen ist, aber schaue dir das Positive daran an. Es wird nicht für immer sein und wenn du merkst, dass du ohne kannst werden sie es wieder entfernen. Mach dir da keinen Stress. Egal was deine Kopfstimme sagt. Alle wollen, dass du den Kampf gegen die Essstörung gewinnst. Und egal was ist, ich bin immer da für dich." sagte sie sanft.
"Dankeschön." schniefte ich und lächelte schwach.
" Wozu sind Freunde da? Zeig deiner Essstörung deine wahre Stärke." Ich nickte darauf.

Nach Jess's Worten ging es mir besser. Sie schaffte mir neue Hoffnung. Ich ging zu meinen Gespräch mit Frau Dohrmann.
"Wie geht es dir nach den Neuigkeiten?" fragte sie mich. Ich seufzte.
"Naja es war ein ziemlicher Schock. Eigentlich wäre mir momentan einfach nur nach Weinen. Doch Jess hat mich aufgemuntert und vielleicht auch einfach ein wenig neuen Mut gemacht." sagte ich.
" Ich weiß, dass diese Infos einfach hart ist, aber ich weiß, dass du eine Kämpferin bist und auch diese Phase gut überstehen wirst." sagte sie und lächelte.
"Es ist alles einfach momentan schwer. Ich meine mein Kopf ist so zwiegespalten. Ich will dünn sein und gleichzeitig möchte ich gesund sein." sagte ich. Frau Dohrmann schweigte kurz. Irgendwas stimmte nicht.
"Habe ich etwas falsches gesagt?" fragte ich. Sie schüttelte den Kopf.
"Lia ich habe dich nicht ohne Grund heute her gerufen." sagte sie.
"Ich dachte es ginge darum wie ich mich fühle danach." sagte  ich verwirrt. Plötzlich klopfte es. Überrascht drehte ich mich um. Frau Dohrmann sah weniger überrascht aus, als meine Mutter den Raum betrat. Ihre Augen waren gerötet und ihr sonst perfektes Aussehen hatte sie vernachlässigt.
"Mum was ist los? Warum bist du hier?" fragte ich überrascht. Sie hockte sich neben mich. Ihre Augen wären wässrig.
"Mum?" sagte ich und schluckte schwer.
" Schatz ich bin hier, weil ich dir was sagen muss." sagte sie während über ihr Gesicht die Tränen rannen. So hatte ich meine Mutter noch nie gesehen. Die Angst stand mir ins Gesicht geschrieben. Sie nahm meine Hand.
" Gestern habe ich einen Anruf erhalten. Dein Dad war auf dem Weg zu einem Geschäftsmeeting. Doch auf den Weg dorthin ist ein Unfall passiert. Ein anderes Auto verlor die Kontrolle und erwischte seins." Sie schluchzte und wischte sich die Tränen weg.
"Was?!" rief ich fassunglos. " Wie geht es Dad? Ist er verletzt?" fragte ich und starrte sie mit riesigen Augen an.
"Nein Schatz. Er..." sie holte tief Luft. "Er  ist am Unfallort gestorben. Sie konnte ihn nicht mehr helfen." sagte sie weinend.
"Das soll doch ein schlechter Scherz sein oder?" sagte ich, wobei mir die Tränen hochkamen. Meine Mum schüttelte den Kopf.
"Nein..." hauchte ich. Ich schluchtze und vergrub mein Gesicht in den Händen. Meine Mum nahm mich in den Arm und ich weinte wie ein Baby. Das kann doch nicht wirklich passiert sein.
"Schatz wenn du mich brauchst, ruf mich jeder Zeit  an. Ich muss mich jetzt um den Rest kümmern." sagte sie und wischte mir die Tränen weg. Ich nickte und sie umarmte mich fest. Dann ging sie hinaus.
Innerlich war ich leer.
"Lia es tut mir so leid." sagte sie mitleidig. Ich schluckte.
" Warum er? Warum passiert mir immer solche Sachen?" sagte ich verzweifelt.
" Leider passieren Dinge, die wir nicht beeinflussen können. Der Verlust ist schmerzhaft. Und das wird eine Weile noch so sein. Deswegen werde ich so gut wie es geht unterstützen." sie lächelte. Ich fragte mich, ob sie ähnliche Dinge schon durchgemacht hatte.
Bevor ich aus der Therapiestunde ging umarmte mich Frau Dohrmann. Mir tat alles weh und ich war so leer.  Ich sah bestimmt grässlich aus. Wahrscheinlich wussten alle davon. Jedenfalls die Mitarbeiter.

Ich ging die Treppen hoch zum Gruppenraum. Die Übergabe war gerade zu Ende. Alle sechs guckten mich mitleidend an.

Ich hörte nur dumpf ihre Stimmen. Aber ihre Worte waren gleich.  Ich hatte das Gefühl ich ersticke gleich. Sie sprachen weiter mit mir aber ich konnte nicht antworten. Ich war einfach am Ende. Ich rannte nach draußen. Ich atmete die kühle Herbstluft ein. Etwas zu schnell. Meine Sicht war durch die Tränen verschwommen. Ich lief und lief. Verließ dabei aber nicht das Gelände. irgendwann gaben meine Beine nach und fiel auf meine Knie. Ich schluchzte. Ich hatte  das Gefühl mein Herz zerspringt gleich. Ich konnte es einfach nicht glauben. Mein Dad war für immer weg. Ich konnte ihn nie mehr in den Arm nehmen. Nie mehr kuscheln. Nie mehr sprechen. Ihn nie mehr sagen wie lieb ich ihn hab.
Das Leben hat ohne ihn doch keinen Sinn mehr. Was sollen wir ohne ihn bloß machen?
Mir wurde schwarz vor den Augen. Mein Körper war für all das  zu schwach. Dann spürte ich nur noch wie ich auf das weiche Gras viel.

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Hey ihr,

Sorry, dass ich länger zum Updaten gebraucht habe, aber ich war im Klausurenstress und jetzt bin ich im Vollzeitpraktikum und habe wenig Zeit. Das Kapitel ist sehr emotional für mich auch gewesen, denn ich baue den Tod von meinen Vater mit ein. Zwar ist er nicht auf diese Weise gestorben, dennoch ist er auch viel zu früh gegangen. Und heute ist da ein riesiges Loch, was ich leider mit meiner Essstörung fülle. Er ist vor vier Jahren gestorben, um genau zu sein am 30.11.2013. Für mich ein harter Rückschlag, den ich damals nur schwer verkraften konnte. Deshalb richte ich das Kapitel an meinen Vater und an alle, die auch jemanden verloren haben. Gibt nicht auf. Auch wie scheiße schwer es ist, das Leben geht weiter und ihr werdet trotzt allem, trotz des Verlustes begleitet von dieser Person. ♥
Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen. :3

Liebe Grüße Rike ♥

p.s. Ich möchte mich für insgesamt 2000 Reads bedanken. Wow das hätte ich nie gedacht. Vielen Dank dafür! ♥

Perfect for you! [Geschichte einer Magersucht]Where stories live. Discover now