33. Höschenfreie Pos

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Erst glaubte ich ihr halbwegs, da das Sinn ergab und Lindas Aussage über den Zustand ihrer Hüftgegend ja trotzdem stimmen konnte, doch dann fiel mir ein, dass Louis sie in der Dusche vorgefunden hatte. Warum konnte sie nicht wenigstens das zugeben? Etwa, weil eine Frage zur nächsten führen würde und ich am Ende dann doch erfahren könnte, inwiefern ich sie nicht zu etwas Dummem überredet hatte?

Ich denke, es war offensichtlich, dass ich mich selbst für den unschuldigsten Wangenkuss schlecht fühlte. Oder fühlen würde... Aber wen wollte ich verarschen? Wir hatten bestimmt mehr als drei Kussarten leidenschaftlich praktiziert, weswegen mir ehrlich gesagt ziemlich übel wurde. 

Jedoch nicht, weil sie abstoßend war. Jenny, beispielsweise, war abstoßend. Elaine ist... niedlich. Und das meine ich nicht böse. Mir war schon klar, dass sie bestimmt nichts gegen ein bisschen Rummachen einzuwenden hatte. Wahrscheinlich selbst jetzt nicht, wenn ich mich vorbeugen und sie küssen würde. Aber sie ist immer noch eine Jungfrau, körperlich und psychisch Jahre jünger als ich und hatte Alkohol getrunken— ich kaufe ihr doch nicht ab, dass sie nur einen Drink hatte. Über Ersteres redete ich gerne in der Gegenwart. Hoffentlich stimmte das noch.

Aber andererseits; Wenn ich sie nicht in meinem blöden Auto, mit beschissen viel Alkohol in meiner Blutlaufbahn, schlampig und vermutlich alles andere als sanft geknallt hatte — warum dann diese Geheimnistuerei? Sie bereute es. Egal, was wir im Endeffekt getan hatten. Ihr war es peinlich und unangenehm, darüber zu reden.

Und wenn sie nicht über Sex reden konnte, dann war sie ganz bestimmt noch nicht bereit, welchen zu haben.

„Carter, hör auf", unterbrach Elaine plötzlich meine Gedanken und fummelte an der Decke herum. Nervös wegblickend presste sie kurz die Lippen aufeinander.

„Womit soll ich aufhören?"

„Mit dem exzessiven Nachdenken. Ich sag's dir doch, du musst dich nicht schlecht fühlen oder Angst haben."

Ich lehnte mich mit einem skeptischen Blick zurück. „Wovor sollte ich denn bitte Angst haben? Dass deine Eltern mich anzeigen—"

„Nein!"

„... Oder dass du Wochen später mit einem positiven Schwangerschaftstest ankommst?"

Sie stockte und schluckte schwer. „Keine Sorge, die Pille Danach habe ich bereits bekommen."

„Also haben wir's getrieben?", fragte ich geradewegs heraus und spannte meinen Kiefer an. So angespannt wie jetzt war die Atmosphäre zwischen uns beiden noch nie. Elaine kniff die Augen zusammen und stöhnte genervt.

„Nein. Mein Gott, Carter."

„Warum hast du dann die Pille nehmen müssen?", fragte ich energisch und spürte so langsam, wie die Wut zurückkehrte. Kombiniert mit Nervosität war das kein guter Zustand, um mit mir zu streiten.

„Weil der Doc sich nicht sicher war, ob ich mir sicher bin!", feuerte sie zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Aber auch wenn mir keiner glaubt, war ich nicht besoffen und deinen Schniedel habe ich ganz sicher auch nicht in meine Nähe gelassen!"

Ich schnaubte und musste zugeben, dass sie zornig viel ernstzunehmender war.

„Tut mir Leid, Carter, aber um verdammt nochmal ehrlich zu sein, warst du derjenige, der fünfmal ohne zu fragen seine Hand unter meinen Rock geschoben hat. Und ja — es hat mir gefallen und ich habe dich nicht aufgehalten, aber wenn ich jetzt so darüber nachdenke, war das vielleicht die falsche Entscheidung. Dein Verhalten macht mich so sauer! Eigentlich dachte ich, dass ich die Blöde bin, weil ich mich zuerst an dich rangeschmissen und dich geküsst habe, aber sieh dich doch mal an! Gestern hast du vorgegeben, der romantischste und liebste Kerl der Welt zu sein, mit all den Komplimenten, die du mir gemacht hast, während deine scheiß Beule eine Delle in meinen Oberschenkel gedrückt hat und heute sitzt wieder der eklig-arrogante Carter vor mir, der sich um nichts als seinen Ruf schert! Bitte, verzieh dich einfach und lass mich in Ruhe."

Mir wich mit einem Male das Blut aus dem Gesicht. Sprachlos starrte ich sie an und blinzelte erst, als sie sich hastig eine Träne vom Augenwinkel wischte. „Elai—"

„Ich meins ernst", unterbrach sie mich nur und drehte den Kopf weg. „Geh, sonst rufe ich die Krankenschwester."

„Es tut mir Leid", versuchte ich meine peinlichen Worte zu entschuldigen, doch sie blickte mich gar nicht an. „Um meinen Ruf geht es mir ganz bestimmt nicht. Ich habe mir eher Sorgen um dich gemacht."

„Sorgen darum, dass ich mich als Klette entpuppen würde? Du bist nicht der erste Typ, den ich geküsst habe. Vielleicht der Erste, mit dem es etwas ausgeartet ist, aber dummerweise habe ich erst jetzt realisiert, wie anders du nüchtern drauf bist. Ich will nicht lügen und sagen, dass ich wusste, dass du dich nicht mehr erinnern würdest, weil ich nämlich das Gegenteil gehofft hatte... Aber so ist es wahrscheinlich besser, denn jetzt muss ich mich auch nicht mehr dafür schämen, was ich so gesagt und getan habe."

Stirnrunzelnd versuchte ich ihr zu widersprechen, doch Elaine wollte das alles gar nicht hören. „Ich schäme mich nicht für das, was ich getan habe. Hab ich je gesagt, dass ich dich abartig oder hässlich finde? Ich hab's nichtmal gedacht. Und dein Hintern ist auch nett, selbst wenn Amor mich erst darauf aufmerksam machen musste. Denkst du, ich bin so arrogant, dass ich keine Komplimente geben ka—"

„Ist schon okay", unterbrach sie mich ruhig, weswegen ich stockte. „Ich rege mich nicht auf, weil du mir keine Komplimente machst. Ganz ehrlich, Komplimente sind nervig und manchmal auch eklig. Ich sehe doch, wenn Leute mich anstarren oder wenn ihnen mein Essen schmeckt, meine Zeichnungen gefallen und wenn sie mein Make Up bewundern. Denkst du, ich bemerke es nicht, wenn du mir auf den Hintern schielst? Lustig, weil du es nichtmal unauffällig machst", sie versuchte ernst zu bleiben und verdrehte die Augen. „Bringt mir das was? Wenn du denkst, dass 20% meines Körpers heiß ist? Glaubst du, mein Leben wird irgendwie bereichert, indem dir mein Käsekuchen schmeckt? Nein, Carter. Mich stört nur, dass dein Ego so fett ist, dass du dich mit Leuten wie Manon und Linda anfreundest, aber deine eigene Schwester wie Dreck behandelst. Dass du dich absichtlich immer falsch entscheidest und durch die Welt läufst, als würdest du niemanden damit verletzen."

Da hatte sich aber ganz schön viel angestaut. Ich hätte nie gedacht, solch einen Einfluss auf sie und ihre Gedanken zu haben. Etwas perplex betrachtete ich ihr Profil, bis ich zähneknirschend aufstand.

„Denkst du, ich stehe jeden Morgen auf und nehme mir vor, dir sowie allen anderen Menschen in meinem Leben auf den Keks zu gehen? Tut mir Leid, Elaine, aber da hast du dich selbst verarscht. Jetzt tu doch nicht so, als hättest du mich nie im nüchternen Zustand erlebt. Du wusstest ganz genau, dass ich dich niemals derart berührt hätte, wenn ich nicht so dicht gewesen wäre."

Ich wollte sie nicht noch mehr verletzten, aber ihre Worte flogen auch nicht einfach so an mir vorbei. Grummelnd steuerte ich auf ihre Tür zu und hörte sie noch ein letztes Mal schnauben.

„Passt ja ganz gut, denn ich würde mich niemals für einen arroganten Typen mit 'nem riesigen Stock im Arsch ausziehen – die Art von Kerl, die du leider bist, wenn du noch nicht genug zu trinken gehabt hattest."

BorderlineWhere stories live. Discover now