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Lesenacht 1 von 4
Es könnte übrigens sein, dass um 19 Uhr nichts kommt wegen technischer Probleme, aber um 20 Uhr kommt auf jeden Fall eins ^^

~ ~ ~

Wir machten uns auf den Weg zu dem Haus meiner Eltern, bei denen wir Abendessen würden. Schweigend gingen wir nebeneinander her. Die Hand in der des anderen. Umso näher wir meinem zu Hause kamen, desto aufgeregter wurde Sebastian. Beruhigend verstärkte ich den Druck auf seine Hand, was er mit einem nervösen Lächeln in meine Richtung bedachte. Diese Seite, dieses schwache, gefiel mir so gut an ihm. Er war so knuffig dabei. Es machte ihn noch perfekter.

Als wir vor dem kleinen gemauerten Haus standen, ließ mein Freund widerwillig meine Hand los und atmete laut aus. Aufgeregt sah er zu mir. Liebevoll betrachtete ich ihn. Ihn mit seinen blauen Augen, die mit den grauen Adern durchzogen waren. Dies war mein liebster Teil seines Körpers. Jede seiner Emotionen konnte ich dort lesen. Dies ließ mich irgendwie verbundener mit ihm fühlen. Wie verrückt es auch klang, aber dieses kleine Detail machte ihn so viel besonderer. Es hob ihn von den anderen Menschen ab. Egal was war, wir verstanden uns dadurch ohne Worte. Und so konnte ich auch jetzt so genau sagen, dass er vor dieser Begegnung ziemlich großen Respekt hatte.

«Du kennst sie doch, Sebastian. Sie werden dir nicht an die Gurgel springen. Da kannst du mir glauben. Ihnen bleibt gar nichts anderes übrig, als dich zu lieben. Niemand könnte anders», versuchte ich ihm Mut zu zusprechen.

«Hör auf so süß zu sein, ich werde sonst noch ganz rot», lachte er darauf hin immer noch angespannt.

Er war so süß wie er dort stand und vor lauter Angst vor der Reaktion meiner Eltern nicht klingeln wollte. Lächelnd betrachtete ich sein Gesicht und legte meine Hand an seine Wange. Überrascht viel sein Blick auf mich.

«Bevor ich da reingehe, möchte ich dich noch einmal küssen»

Mit diesen Worten streckte ich meinen Kopf zu ihm hoch und vereinte unsere Lippen. Wie jedes Mal, wenn wir uns so nah waren, explodierte etwas in mir. Dieses Gefühl war so berauschend, dass ich mich am liebsten niemals von ihm trennen würde, doch ich musste es gegen meinen Willen tun. Meine Eltern sollten nicht ewig auf uns warten. Widerwillig löste ich mich also von ihm und trat nach vorne um die Klingel zu betätigen. Sofort war mein Freund wie ausgewechselt. Er sah mich panisch an und sah aus als wollte er am liebsten das Weite suchen. Ich wollte ihn noch irgendwie beruhigen, doch schon wurde die Tür vor uns geöffnet.

«Ach, hallo ihr beiden. Schön euch zu sehen», begrüßte meine Mutter uns herzlich und ließ uns in das warme Innere des Hauses.

Mein Freund folgte mir und gab meiner Mutter lächelnd den Blumenstrauß, den er unbedingt noch hatte kaufen wollen.

«Das wäre doch nicht nötig gewesen», trällerte sie begeistert, nachdem sie den schönen weiß-lila Strauß entgegengenommen hatte.

«Ihr könnt euch schonmal an den Esstisch setzen. Ich stelle nur noch schnell die Blumen in eine Vase und hole Younes und Maren von oben.»

So verschwand meine Mutter in der Küche und ich zog meinen Freund hinter mir in den Ess-bereich unseres Wohnzimmers, wo ich mich auch gleich auf einen Stuhl sinken ließ. Sebastian ließ sich neben mir nieder und seufzte erleichtert auf.

«So schlimm war es doch gar nicht», lachte ich ihn an.

«Ja, für dich vielleicht nicht, du triffst sie ja immer in immer und außerdem hast du ihnen das von uns ja auch schon erzählt und seitdem auch schon mit ihnen geredet. Ich habe sie nur gesehen, als wir noch nur Freunde waren und sie nichts von uns wussten. Das ist einfach etwas anderes», fing er an sich zu rechtfertigen.

Besänftigend hauchte ich ihm einen leichten Kuss auf die Wange, was er mit einem breiten Grinsen quittierte. Es war ziemlich ruhig in dem kleinen Wohnzimmer, da wir beide uns innerlich auf die Gespräche, die meine Eltern gleich eventuell führen würden, vorbereiteten.

Irgendwie war ich durch die Anwesenheit meines Freundes die ganze Zeit nicht aufgeregt. Ich hatte erwartet, dass ich die ganze Zeit vor Nervosität sterben würde, doch bis jetzt hatte ich in die Richtung gar keine Probleme gehabt, was mich tatsächlich ziemlich überraschte. Doch das war einfach nur ein weiterer Beweis dafür, dass Sebastian einfach der beste Freund war, den ich mir vorstellen konnte. Er war nicht nur liebevoll und wollte mich vor allem und jedem beschützen, sondern auch die perfekte Ergänzung zu mir. Wo ich nicht wusste, was ich tun soll, half er mir und umgekehrt. Wir ergänzten uns so sehr, obwohl wir so unterschiedlich waren.

Die Stimme meines Vaters riss mich aus meinen Gedanken: «Hallo, ihr beiden!»

Erschrocken sah ich ihn an, da er mich doch ziemlich überrascht hatte.

«Hallo», begrüßte Sebastian neben mir lächelnd den Mann, vor dem er gerade eben noch so große Panik gehabt hatte. Und dafür hatte er meinen vollsten Respekt. Egal wie viel Angst er vor einer Situation hatte, während er in dieser Situation war merkte man nicht, dass er irgendwelche Probleme hatte. Das beneidete ich sogar ein wenig, da ich es einfach nicht gebacken kriegte, diese Gelassenheit an den Tag zu legen.

«Felix», rief meine kleine Schwester erfreut, als sie in das Wohnzimmer kam und mich erblickte. Lachend lief sie um den Tisch herum auf mich zu und schmiss sich in meine ausgebreiteten Arme. Sanft drückte ich ihren kleinen Körper an mich und strich ihr über ihre kleinen Haare. Sie war die aller süßeste kleinen Schwester, die ich mir vorstellen konnte.

Als alle saßen und meine Mutter das Essen verteilt hatte – es gab Knödel mit Hackbällchen und Bohnen – fingen alle an zu essen, weswegen es erst einmal leiser wurde und nur das Kratzen der Messer auf den Tellern zu hören war. Irgendwie war diese Stille unangenehm, da wir schließlich zusammengekommen waren, damit meine Eltern meinen Freund kennen lernen konnten.

«Sebastian, wie alt bist du eigentlich mittlerweile?», startete mein Vater lächelnd das Gespräch.

«Ich bin 18», antwortete er höflich und lächelte meinen Vater freundlich an.

«Das ist ja noch ok, aber seit wann wohnst du hier in Stolberg? Ich meine ich hätte mitbekommen, dass du früher einmal in Hamburg gewohnt hast.» Interessiert betrachtete er meinen Freund.

«Ja, das stimmt», bestätigte Sebastian die Aussage, «Ich bin vor drei Jahren nach hier gezogen.»

«Ich habe auch einmal für kurze Zeit in Hamburg gewohnt. Es ist schön dort.»

«Na ja, die Umgebung ist vielleicht ganz angenehm, aber die Leute sind dort oben im Norden sehr viel unhöflicher als hier in Stolberg.»

Schmunzelnd sah mein Vater Sebastian an: «Ich weiß was du meinst. Wir Rheinländer sind so herzlichen und grüßen allen und jeden und dort oben laufen alle mit gesenktem Kopf herum.»

So verlief das Gespräch noch sehr lange. Die beiden schienen sich prächtig zu verstehen und so redeten sie über Gott und die Welt, während wir anderen das Geschehen nur betrachteten. Nachdem alle aufgegessen hatten, ergriff meine Mutter das Wort: «Wollt ihr beiden nicht hochgehen, während wir hier alles aufräumen? Wenn du möchtest kannst du auch hier schlafen, Sebastian.» 

Für immer? | RewilzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt