Spiegel zur Seele

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„Komm Maxi, komm." Ich griff nach seiner Hand und machte mich auf den Weg zu einem Taxistand, ohne auf Stefan zu warten. Der schaute mir nur entgeistert hinterher. Seufzend drehte ich mich um und verdrehte die Augen. „Kommst du?" Er schaute mich genauso genervt an, wie ich ihn und entgegnete liebenswürdig: „Zum Taxistand geht es da lang" und deutete in die entgegengesetzte Richtung. „Aber du kannst gerne mit mir fahren." bot er mir an. „Wer sagt, dass ich das möchte?" Ich sah ihn erwartungsvoll an. „Deine Augen." Verdammt! Nicht umsonst sagte man, dass die Augen der Spiegel zur Seele sind und in meinen stand wohl das Verlangen, mit Stefan zu reden und ihn zu küssen. Dabei sollte er das nicht mitbekommen. Nun, ich würde definitiv nicht mit ihm in einem Auto fahren, erstens wäre die Fahrt viel zu lange und in dieser Zeit könnten nur noch mehr Gefühle auftauchen, auch negative und das wollte ich nicht. Außerdem hatte er eine Freundin und es würde überall Gerede und Aufmerksamkeit geben, wenn die Presse mich hier, in Dänemark, sehen würde und das wollte ich, so gut es eben ging, verbergen. „Nein, alles in Ordnung." sagte ich und winkte mit der Hand sein verlockendes Angebot ab und marschierte auf den anderen Ausgang zu, mit Maxi an meiner Hand. Der hatte bis jetzt nur schweigend daneben gestanden. „Mami, ich möchte mit Papa mitfahren." Das hatte mir gerade noch gefehlt. „Warum denn, Schatzi? Wir sehen ihn doch gleich im Palast wieder?", ich wollte unbedingt wissen, wie schnell der kleine Junge so schnell eine Beziehung zu Stefan aufbauen konnte. Klar, er war sein Vater, aber er kannte ihn nicht einmal. Und ich kannte Leonia nicht. Sehr wahrscheinlich würde ich jede freie Minute mit ihr verbringen wollen. Oder will es jetzt schon. „Nun gut", ich wandte mich Maxi zu und bückte mich ihm entgegen: „Was hältst du davon, wenn wir mit Daddy fahren?" denn ehrlich gesagt, hatte ich keine große Lust, alleine in Kopenhagen herumzuirren. „Stefan?" Ich richtete mich wieder auf, strich meinen Rock glatt und ging auf ihn zu. Immer noch war Maxi an meiner Hand. „Könnten wir vielleicht doch mit dir mitfahren?" Ich sah ihn verlegen an. „Warum nicht gleich so?" Mein Mann sah mich triumphierend an. Oh Gott, es waren gemischte Gefühle, ihn so zu nennen. Meinen Mann, obwohl wir nicht mehr zusammen waren, er eine neue Freundin hatte und ich ihn dennoch liebte. Es war richtig, aber gleichzeitig auch falsch. Jauchzend rannte Maxi auf Stefan zu und fiel ihm um den Bauch. Es war so schön. Wie würde Leonias Reaktion ablaufen? Ich hoffe, genauso. Ich hoffte so sehr, dass sie mich nicht minder begrüßen würde und sich vielleicht auch ein wenig erinnern würde. Natürlich, sie war erst zwei Jahre alt gewesen, aber dennoch war ich ihre Mutter. Ich hatte sie geboren, sie gerettet und sie in mir getragen. Und jetzt war sie stolze fünf Jahre alt. Ich schaute so oft Bilder von ihr im Internet und auf Magazinen an, dass ich sie danach nur noch mehr vermisste, als vorher. Mittlerweile waren wir bei Stefans ‚Auto' angekommen, besser gesagt, Luxusschlitten. Natürlich durfte der Chauffeur nicht fehlen. „Kann ich ein Foto von ihr sehen? Eines, das sie so zeigt, wie sie wirklich ist. Ist sie ein Engel? Ein Wildfang? Oder beides?" Die Fragen prasselten nur so aus mir heraus, als wir alle im Auto Platz genommen hatten. Sogar für Maxi war ein Kindersitz angebracht worden, er war nämlich nicht Leonias, denn dieser war in einem hellen Rosaton gehalten und war gegenüber. Beklommen setzte ich mich neben diesen Sitz. Es wäre eigentlich meine Aufgabe gewesen, ihn auszusuchen. Aber stattdessen hatte das sehr wahrscheinlich Nikolina gemacht. „Hier", Stefan riss mich aus meinen Gedanken, indem er mir ein Foto von einem wunderschönen kleinen Mädchen entgegenhielt.

„Wie alt ist sie da?", wollte ich wissen und vergessen waren die vielen Fragen von vorher

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„Wie alt ist sie da?", wollte ich wissen und vergessen waren die vielen Fragen von vorher. „Das war an ihrem fünften Geburtstag.", erklärt er mir. „Sie sieht nicht besonders glücklich aus.", meinte ich und streichelte mit meinem Daumen über ihr Gesicht. „Sie wächst ohne dich auf." Mir war unwohl. Es durfte nicht sein, dass mein Kind unglücklich aufwuchs, nur weil ich es nicht mehr in Dänemark ausgehalten habe, nach Niklas Tod. Ich hätte sie so gerne mitgenommen, ihr so gerne ein sorgenfreies Leben ohne Monarchie beschert, ein glückliches unbesorgtes kleines Mädchen Leben eben. Aber das konnte ich nicht, sie war schließlich die Kronprinzessin. So gerne ich sie damals auch mitgenommen hätte...
Mir wurde auf einmal etwas klar. Meine Tochter würde mich nicht noch einmal verlieren müssen. Egal, wie viele Opfer ich bringen musste, sie sollte nie wieder so ein Gesicht machen, sie sollte glücklich sein, so wie jedes Mädchen in ihrem Alter. Sie brauchte ihre Mutter und die war nun einmal ich und nicht Nikolina. Apropos, wer hätte wohl dieses Kleid ausgesucht. Sehr wahrscheinlich auch sie, das wäre auch meine Aufgabe gewesen. Ich wurde wütend. Dieses kleine Fräulein würde nicht mein Leben stehlen, obwohl ich es vor drei Jahren so freiwillig aufgegeben hatte. Und ich bereute diese Entscheidung noch heute. Ich würde sie so gerne rückgängig machen, und dafür würde ich jetzt alles in die Wege leiten. Klamotten müsste ich genug dabei haben, für den ersten Monat und an Geld fehlte es in der Königsfamilie auch nicht gerade. Ich würde wieder nach Dänemark ziehen. Koste es, was es wolle.

Plötzlich Royal 2Where stories live. Discover now