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Sehr geehrte Frau Clarke,

aufgrund zahlreicher Nachfragen laden wir sie herzlich zu einem Fotoshooting für unsere neue Sportkolletion ein. Wir wünschen uns Sie als neues Werbegesicht für unsere Marke.
Wie auch in den vergangenen Jahren suchen wir nach einer jungen Nachwuchssporrlerin mit genügend Ausstrahlung und Ehrgeiz. Durch die Teilnahme an der Qualifikation zur Eiskunstlauf Weltmeisterschaft sind wir auf sie aufmerksam geworden.

Über eine baldige Zusage würden wir uns sehr freuen.
Wir wünschen Ihnen alles Gute.

CCM

Ich konnte es nicht fassen und musste dieMail mehrmals lesen. Mein Kakao war inzwischen kalt, als ich nach meinem Handy griff.
Es dauerte einen Moment bis ich eine Verbindung hatte und Rob abnahm.

"Jessica, hast du meine Mail gelesen?", fragte er direkt, ohne mich zu begrüßen. Er wusste genau mit welcher Absicht ich ihn anrief.

"Ja, natürlich. Deswegen wollte ich dich sprechen."

"Du warst wahrscheinlich nicht weniger überrascht als ich, aber..." Im Hintergrund hörte man jemand eine Tür schloss. "Entschuldige kurz." Es raschelte in der Leitung, als würde Rob sein Handy gegen sich drücken. "Entschuldige Jessica." Rob nahm das Gespräch wieder auf und räusperte sich. "Ich war mindestens genauso überrascht über das Angebot, habe aber keine Sekunde gezögert und zugesagt. Die genauen Daten sende ich dir in den nächsten Tagen zu."

Ich bedankte mich und wir hielten noch ein wenig Smalltalk, bevor ich auflegte und ungläubig den Kopf schüttelte.
Mein Blick wanderte zur Küchenuhr. Alex saß noch in der Uni und traf sich direkt im Anschluss mit ihrer Lerngruppe und John...naja.

Nachdem ich meinen Kakao erneut aufgewärmt hatte, verzog ich mich an meinen Schreibtisch und arbeitete meine letzte Vorlesung nach. Es begann schon zu dämmern, als ich mich stöhnend aufrichtete, Schultern und Nacken kreisen ließ.
Ich schnappte mir meine Sporttasche, warf Handtuch, Schuhe und eine Wasserflasche rein, bevor ich meine Kommode aufriss und mir eine Sporttop und eine Hose rausnahm.

Das Fitnessstudio lag nur wenige Minuten von unsere Wohnung entfernt und durch meinen Status als Leistungssportlerin konnte ich kostenlos zu jeder Tages- und Nachtzeit trainieren.
Ich zog den Reißverschluss meines Mantel bis zum Kinn hoch und schloss die Wohnungstür ab. Meine Tasche hing ich mir um die Schultern und ging in einem zügigen Tempo die Treppe herunter, Richtung Studio.

Es dauerte ein paar Minuten länger als sonst, da mir meine Tasche immer wieder von der Schulter rutschte. Das Studio tauchte vor mir auf, nur wenige Autos standen auf den Parkplatz. Ich stemmte mich gegen die schwere Glastür, um sie aufzudrücken. Ein junger Mann stand am Empfang und blätterte in einem Magazin. Ich lächelte ihm im Vorbeigehen freundlich zu und wollte mich auf den Weg Richtung Umkleide machen, als mich der Junge ansprach.

"Entschuldigung Miss. Sie können jetzt nicht trainieren." Ich zog meine Tasche zurecht und ließ meine Hand am Gurt. "Die Halle ist zurzeit belegt, bitte kommen sie morgen wieder." Ich seufzte und kramte in meiner Tasche und schob meine Bescheinigung zu dem jungen Mann herüber. Zögernd nahm er den Zettel entgegen und seine Augen huschten über die wenigen Zeilen. "Tut mir sehr leid, aber heute ist eine Ausnahme."

"Hören sie", begann ich und steckte den Zettel zurück in meine Tasche. "Ich trainiere für die Weltmeisterschaft nächstes Jahr, ich muss trainieren." Ein kurzer Anschein von Verständnis blitzte in seinen Augen auf. "Bitte, haben sie den kein Verständnis?"

"Miss...", fing er an, unterbrach sich jedoch selbst und griff nach dem Telefon. Er deutete mir einen Augenblick zu warten und hielt sich den Apparat ans Ohr. Es dauerte einen längeren Moment, bevor jemand am Ende der Leitung abnahm.
Abwartend hörte ich dem Gespräch zu und wartete auf ein Ergebnis.
"Miss?" Ich sah den jungen Mann an und sah wie seine Mundwinkel zuckten. "Bitte nehmen sie einen Moment Platz, jemand wird sie in ein paar Minuten abholen." Gerade wollte mein Gegenüber seine Arbeit wieder aufnehmen, als er nochmal zu mir hinschaute. "Und...uhm..." Verlegen rieb er sich den Nacken. "Bitte entschuldigen Sie mein Verhalten."

"Sie machen ja auch nur Ihren Job." Ich schenkte ihm ein kleines Lächeln, worauf sich seine Wangen rosa färbten.

Es dauerte wirklich ein paar Minuten bis etwas passierte. In der kleinen Vorhalle herrschte eine unangenehme Stille und nur das Rascheln von Papier war zu hören. Ab und zu spürte ich, wie der junge Mann mich für einen Moment ansah. Gerade als ich auf dem Beistelltisch, neben mir, nach einen Sportmagazin greifen wollte, öffnete sch die Tür.

"Miss Clarke?" Ein großer Mann  stand vor mir und hielt mir seine Hand hin. "Entschuldigen Sie bitte die Unannehmlichkeiten, wir hatten nicht damit gerechnet, dass um diese Uhrzeit noch ein Kunde kommt." Höflich nahm ich seine Hand entgegen und schüttelte sie kurz. Ich raffte mich von dem Sessel auf und strich mir meine Hose glatt.

"Ich trainiere für die Qualifikation zur Weltmeisterschaft, Sie konnten nicht mit mir rechnen, ich bin keine Kundin. Der Sportverband gibt uns die Möglichkeit jederzeit hier zu trainieren", erklärte  ich mich. "Darf ich fragen, warum das Studio gesperrt wurde?" Neugierig sah ich mich um und suchte nach Anzeichen einer Veränderung. Bis auf die gespenstische Leere war aber alles wie üblich.

"Sie können gerne im vorderen Teil trainieren, den hinteren Teil würden wir gerne für unsere Zwecke nutzen." Ich bedankte mich höflich und ignorierte die Tatsache, dass er meine Frage umgangen war. "Wenn Sie fertig sind, melden sie sich einfach am Empfang ab, ich bekomme dann...-"

"Jessica?" Erschrocken fahre ich herum und lasse dabei fast meine Wasserflasche fallen, welche ich gerade aus meiner Sporttasche gezogen habe. "Was machst du hier?"

"Shawn?" Diesmal bin ich diejenige, die die gestellte Frage einfach umgeht, aber dafür bin ich viel zu überrumpelt. "Was machst du hier?", stelle ich die Gegenfrage.

"Ich habe zuerst gefragt", lacht er und kommt einige Schritte auf mich zu. Er trägt eine kurze schwarze Sporthose und ein dunkelgraues Shirt. Über seiner linken Schulter hängt ein Handtuch, seine rechte Hand hält eine fast leere Wasserflasche. Shawn zieht mich in eine kurze Umarmung und fährt sich mit einer Hand über das Gesicht. "Also? Du wolltest trainieren?"

"Uhm...ja." Nervös trete ich von einem Fuß auf den Anderen. "Du hast...-" Ich überdenke meine Theorie für einen Moment. "Du hast das Studio gemietet?" Jetzt ist es Shawn, wessen Wangen einen zarten rosa Ton annahmen.

"Kann man so sagen." Verlegen rieb er sich den Nacken, man sah ihm deutlich an, wie unangenehm ihm das war. "Tut mir echt leid...-" Er merkte wohl selbst, was er da sagte und seine Wangen nahmen einen dunkleren Ton an. "Sorry, wenn ich Umstände gemacht habe." Ich winkte nur mit einer Hand ab und bückte mich nach meiner Tasche.

"Ich sollte dann mal."

"Uhm...klar. Also dann, wir sehen uns? Bestimm, oder? Also, denke ich mal..."

Performance [S.M.]Where stories live. Discover now