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Es war ein stressiger Morgen. Nachdem ich um ein paar Minuten verschlafen hatte hetzte ich durch die Wohnung, suchte meine Sachen zusammen, machte mich für das frühe Training fertig und schob mir beim Verlassen der Wohnung ein Toast in den Mund.

Auf der Fahrt Richtung Toronto legte ich meinen Kopf gegen die Autoscheibe und betrachtete den immer dichter werdenden Verkehr. Wir hatten wirklich Glück und kamen nach kürzerer Fahrt an der Halle an. John hielt nur kurz am Straßenrand und schmiss mich aus dem Wagen. Mit einem kurzen Winken bedankte ich mich und schulterte meine Tasche, bevor ich schnellen Schrittes auf den Eingangsbereich zu lief.

Mit einiger Kraft drückte ich die große Eingangstür auf und die gewohnte Kälte empfing mich. Wie auch schon gestern legte sich ein kleines Lächeln auf mein Gesicht, als ich die große Eisfläche erblickte. Meine Schritte wurden schneller und ich ließ meine Tasche auf die Trainingsbank von gestern fallen. Schnell streifte ich mir meine Schuhe von den Füßen und zog mit etwas Gewalt meine Schlittschuhe aus der Tasche. Da ich meine Sportsachen direkt nach dem Aufstehen angezogen hatte, konnte ich mir die Umkleidekabine sparen.

Mein Handy legte ich auf meine Tasche, stellte es auf laut, falls mich ein Anruf erreichen sollte. Mit einem letzten Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass ich etwas zwei Stunden zum trainieren hatte, bevor ich zur Uni musste.

Und diese zwei Stunden nutzte ich. Nachdem ich mich mehr als eine halbe Stunde warm gemacht hatte fing ich mit schwierigeren Sprüngen an. Durch meine jahrelange Erfahrung wusste ich wann meine Kräfte verbraucht waren und wann es Zeit war aufzuhören. Aber nach zwei Stunden Pirouetten drehen, Sprünge wiederholen und Auslaufen verließ ich die Eisfläche und löste die Schnürsenkel meiner Schuhe.

Gerade als ich alles in meiner Tasche verstaut hatte, piepste mein Handy.

Bin ab 15 Uhr in der Halle, sei pünktlich.
Grüße Robin

Ohne zu antworten schob ich das Handy in meine Jackentasche und zog den Reisverschluss meiner Tasche zu. Ich holte meinen Schlüssel raus und lief die wenigen Meter Richtung Tür der Katakomben, wo sich Schließfächer und Umkleiden der Athleten befanden.

Mit einem lauten Knall warf ich die Tür meines Spindes zu und machte mich auf den Weg Richtung Ausgang. Gerade als ich an der Eisfläche entlanglief öffnete sich die Tür und Mike betrat die Halle, zusammen mit ein paar anderen Spielern.
Lautes Gelächter drang zu mir rüber, als die Tür mit einem Quietschen zurück ins Schloss fiel.

"Hey Eisprinzessin", lachte Mike und kniff mir spielerisch in die Wange. "Bist du schon durch?"

"Sieht wohl so auf, was?", fragte ich und schlug seine Hand weg. Die Anderen fingen an zu lachen und klopften Mike im vorbeigehen auf die Schulter.

"Ich hoffe du hast uns nicht die ganze Eisfläche kaputt gemach." Ein Schmunzeln legte sich auf seine Lippen und er zog seine Tasche fester über die Schulter.

"Extra für dich habe ich noch ein Loch ins Eis gehauen." Mit einem Zwinkern schob ich mir meine Mütze tiefer ins Gesicht. "Wie lange trainiert ihr heute?" Mike überlegte einen Moment und warf einen Blick auf die große Anzeigetafel, welche über der Eisfläche hing.

"Eigentlich sollten wir in einer halben Stunden anfangen, aber irgendwie fehlt im Moment noch das Team." Durch die Kälte schob Mike seine Hände tief in seine Hosentaschen. "Aber ein paar Stunden werden es schon werden."

"Aber nur bis 15 Uhr, danach bin ich wieder dran." Ich grinste ihn an und in diesem Moment öffnete sich die Tür und eine weitere Gruppe von Eishockeyspielern betrat die Halle. Im vorbeigehen hoben alle einmal die Hand zu einem kurzen Gruß oder es kam ein gemurmeltes Hallo, bevor sie auch Richtung Kabine verschwanden.

"Du gönnst dir auch nichts, oder?" Mit einem Schmunzeln sah Mike zu mir runter. Ich schüttelte nur den Kopf und für einen Moment herrschte eine peinliche Stille zwischen uns. "Und jetzt? Also...jetzt geht's zu Uni?"

"Ja, ich habe noch drei Vorlesungen heute Vormittag und eigentlich auch noch eine am Nachmittag, aber da bin ich ja hier", erzählte ich stolz. Gerade als Mike den Mund öffnete um zu antworten, kamen die ersten Spieler fertig umgezogen zurück in die Halle. "Vielleicht solltest du auch mal."

"Ja, vielleicht sollte ich das." Mike zog seine Tasche erneut richtig über seine Schulter. "Na dann, wir sehen uns später?"

"Ganz bestimmt", lächelte ich und ging an ihm vorbei zur Tür. Mein Lächeln fiel mir aus dem Gesicht, als ich die dicken Wolken über Toronto sah. Es sah so aus, als ob es jeden Moment anfing zu regnen. Ich zog mir meine Ärmel über die Hände und ging zügigen Schrittes Richtung U-Bahn Station.

Leider ging ich nicht schnell genug. Nur wenige Schritte nachdem ich die Halle verlassen hatte war ich pitschnass. Das Wasser stand in meinen Schuhen und meine Haare klebten mir im Nacken und im Gesicht. Von meinen Mitstudenten bekam ich nur mitleidige Blicke zugeworfen, als ich den Hörsaal betrat.
Meine Tasche legte ich auf den Tisch in einer hinteren Reihe und kramte nach einen Taschentuch, um mich wenigstens etwas zu trocknen.

"Hier." Erschrocken drehte ich mich um. "Du siehst so aus, als könntest du es mehr gebrauchen als ich." Mit etwas Nachdruck hielt er mir das Taschentuch hin.

"D..-Danke." Etwas zögerlich griff ich danach und wischte mir durchs Gesicht. "Willst du dich setzten?", fragte ich, um nicht unhöflich zu erscheinen. Mit einem lauten Rums ließ er sich neben mir nieder und zog einige Blicke damit auf sich. Seine Haare waren an den Spitzen feucht und auch auf seinem braunen Shirt zeichnete sich der Regen ab.

"Du bist Jessica?", fragte er und schmiss seine Tasche unter den Tisch.

"Jess", korrigierte ich ihn und knüllte das Taschentuch zusammen. "Darf ich fragen woher du mich kennst?"

"John ist ein guter Kumpel von mir, er hat mir von dir erzählt." Gerade als ich ihn weiter ausfragen wollte betrat der Dozent den Saal und begann mit der Vorlesung. Ich versuchte soviel wie möglich mitzuschreiben, bereute es nach ein paar Minuten, dass ich die Diktierfunktion meines Handys nicht eingeschaltet hatte. Erst als der Dozent die Vorlesung beendete schaute ich von meinen Unterlagen auf und schüttelte meine Hand vom vielen schreiben.

"Also Jess. Man sieht sich." Mit diesen Worten verschwand mein Sitznachbar, von dem ich nicht mal seinen Namen wusste, in der Menge. Einen Moment starrte ich ihm hinterher, bevor ich meine Sachen zusammenpackte und mich auf dem Weg zum nächsten Hörsaal machte.


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Performance [S.M.]Where stories live. Discover now