Gute Zeichen

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„Louis wird hier anfangen? Wow, ist das cool!" Niall jubelte und umarmte Louis fest.

Der Klinikchef hatte sich recht schnell von Harry überzeugen lassen, Louis die Stelle von Dr Costello zu geben. Er könnte im April anfangen und sich halbtags einarbeiten, bis er dann im Herbst Vollzeit eingesetzt würde. Sie saßen gemeinsam im Aufenthaltsraum und hatten den Kollegen die gute Nachricht überbracht. Niall freute sich, wie ein kleines Kind, seinen Kumpel endlich wieder in der Nähe zu wissen und als Harry Louis irgendwann seinen Autoschlüssel in die Hand drückte und leise sagte: „Könntest du zu mir nach Hause fahren und einen Satz frische Klamotten für mich holen?" Wurden seine Augen groß und er bat Louis, kurz mit ihm hinaus vor die Tür zu gehen. Harry sah den beiden Freunden nach und glaubte, in Nialls Gang ein freudiges Hopsen zu erkennen. Die beiden blieben direkt vor der Tür des Aufenthaltsraumes stehen und natürlich waren Gesprächsfetzen zu hören, die Worte jedoch unverständlich. Irgendwann jedoch kam von Niall ein lautes: „Ha, ich hab's gewusst!" und er brach in schallendes Gelächter aus. Zayn hob eine Augenbraue und sah mit betont ausdruckslosem Gesicht zur Tür, dann zu Liam und Harry: „Sieht aus, als sei Niall endlich am Ziel angekommen." Die drei tauschten einen Blick und kicherten dann amüsiert.

Ja, Niall wusste jetzt wohl endlich, dass Harry und Louis...ja was eigentlich? Was waren sie? Sie hatten sich geküsst, sie hatten mehr miteinander getan, als es in einem Krankenhaus gestattet wäre und doch war sich Harry nicht ganz sicher, wie er Louis nun bezeichnen sollte. War er sein Freund? Verliebt waren sie eindeutig, doch bisher war das Offensichtliche noch nicht ausgesprochen.

Harry dachte den ganzen Nachmittag darüber nach und als er bei Liam seinen Massagetermin hatte, war er so schweigsam, sodass der Physiotherapeut nachhakte. „Was ist los? Du bist so nachdenklich. Du solltest glücklich sein. Dein Knie wird wieder und Louis in bei dir. Was gibt's da zu grübeln?"

„Ich bin unsicher, was zwischen mir und Louis ist. Wir verhalten uns so normal, dass ich manchmal unsicher bin, ob wir denn nun ein Paar sind oder nicht", gab Harry zu und Liam unterbrach seine Massage, um Harry einen ungläubigen Blick zuzuwerfen. „Das ist jetzt ein schlechter Witz oder? Du denkst allen erstes, dass du und Louis euch normal verhaltet? Das ist dann aber ganz sicher eine ziemlich gestörte Wahrnehmung, die du da hast. Soll ich dir mal sagen, was ich heute gesehen habe, als ihr mit uns im Aufenthaltsraum gesessen habt?" Liam hob eine Hand und zählte an den Fingern ab: „Louis wird rot, sobald er dich ansieht. Du hast ein Lächeln auf den Lippen, das breiter wird, sobald sich eure Blicke kreuzen. Als du ihm den Schlüssel übergeben hast, damit er zu dir nach Hause fahren kann, wollten sich eure Hände gar nicht mehr voneinander lösen und zu guter Letzt, die Blicke, die ihr einander zuwerft, wenn ihr glaubt, dass niemand hinsieht. Achja und nicht zu vergessen, dass Louis bald hier anfangen wird." - „Ach, das erfindest du doch", wollte Harry die ganze Sache herunterspielen, doch Liam schüttelte den Kopf, wie ein Elefant, der eine Fliege loswerden wollte. „Nein, ich erfinde das natürlich nicht. Wieso sollte ich? Alles an euch schreit nach Kontakt zu dem anderen...aber wenn du dir unsicher bist, dann frag doch Niall....ich - ich meine natürlich, Louis." Liam kicherte und auch Harry grinste ein wenig verlegen. „Ja, vielleicht hast du wirklich recht. Ich bin vielleicht einfach ein wenig unsicher, was Louis angeht. Sicherlich, weil ich mich beim letzten Mal so doof angestellt habe. Nochmal will ich das nicht verbocken." - „Dann versuch es mal ganz schnell in trockene Tücher zu kriegen und klär das ab, wenn du dir nicht ganz sicher bist, damit das nicht nochmal in die Hose geht", sagte Liam und klang dabei wie ein Oberlehrer. Harry nickte und Liam fuhr mit der Massage fort.

Normalweise bekamen Patienten bei Liam auf Rezept lediglich 30 Minuten Massage, doch für Harry machte er eine Ausnahme und so humpelte er erst nach einer Stunde aus dem Physiobereich die Treppe hinauf zurück in sein Zimmer.

Louis hatte in der Zwischenzeit Klamotten aus Harrys Wohnung besorgt und den kleinen Stapel aufs Bett gelegt. Erleichtert, endlich frische Kleidung zu haben, zog er sich um und packte die alten Sachen in einen Beutel, den Louis mitgebracht hatte. Sein Bein fing langsam wieder an zu brennen und er legte sich wieder hin, um es ein wenig zu entlasten.

Lange konnte er sich nicht ausruhen, da klopfte es an der Tür und Louis kam herein. Seinen Kittel trug er nicht, war also als Privatperson unterwegs und lächelte ihn schüchtern an. „Hey, wie sieht's aus, soll ich dich nach Hause bringen?", fragte er und blieb erwartungsvoll im Zimmer stehen. Harry blinzelte ihn an und erwiderte das Lächeln, dann richtete er sich auf und räusperte sich: auch wenn er sich jetzt vielleicht blamierte, er musste Louis jetzt nach ihrem Beziehungsstatus fragen. „Louis? Was ist zwischen uns?" Der junge Arzt hielt inne und erwiderte Harrys Blick fragend: „Was meinst du?" - „Wie stehen wir zueinander, meine ich. Ich weiß, wir haben uns geküsst und du...." - „Ich hab dir einen geblasen, willst du sagen?", unterbrach ihn Louis und grinste verschmitzt. Harry erwiderte es nicht, dazu war er gerade zu unsicher. „Ja. Ich verhalte mich jetzt vielleicht unsicher, aber ich weiß nicht genau, wie wir zueinander stehen." Louis schob die Hände tief in die Taschen und zuckte mit den Schultern, während er sagte: „Nun, also wenn mich jemand fragen würde, ob ich in einer Beziehung bin, dann würde ich das sofort bejahen. Falls du das meinst." Louis trat näher an das Bett heran, sah auf Harry herab und strich ihm über den Arm. „Ich hoffe, du würdest dasselbe sagen, oder?" Harry sah zu ihm auf und lächelte.

Sie waren einer Meinung und das beruhigte ihn. Zwar hatte er es tief im Inneren schon gewusst, doch es war gut, es noch einmal von Louis direkt zu hören. „Was ist jetzt, soll ich dich nach Hause fahren? Ich habe noch einige Tage Urlaub und du musst ja nicht hier im Krankenhaus liegen, wenn ich auch bei dir Zuhause nach dir sehen kann."

Bis sie in der Tiefgarage ankamen, dauerte es eine Weile. Erstens, weil Harry nicht schnell zu Fuß war und zweitens wurde Louis ständig von Kollegen angesprochen, die ihm zu seiner neuen OP Technik gratulieren wollten oder an sich ihre Anerkennung ausdrückten. Louis war mit seinen 30 Jahren noch ein sehr junger Arzt und es war selten, dass man in diesem Alter bereits in einem Gebiet so gut war. Natürlich freute sich Louis sehr darüber, dass man ihn lobte, das sah Harry deutlich, doch er warf immer wieder einen Seitenblick zu ihm hin, als hätte er Angst, Harry könnte so lange nicht stehen. Als sie endlich die Tür zur Tiefgarage erreicht hatte, hielt Louis sie auf und seufzte, als Harry hindurchgetreten war. „Endlich sind wir weg. Ich dachte schon, wir kommen niemals beim Auto an." - „Du solltest die Aufmerksamkeit genießen", sagte Harry ernst und suchte Louis Blick, der die Augen verdrehte und in dem Moment wieder wirkte, wie der Assistent, den er vor drei Jahren betreut hatte. „Nein ich meine es wirklich so. Du hast hart gearbeitet, viel Zeit und Energie in deine Forschung gesteckt und dafür darfst du meiner Meinung nach durchaus genießen, dass man dich lobt. Denk doch mal daran, wie jung du bist." Louis machte ein Gesicht, als schien er kurz ernsthaft über Harrys Worte nachzudenken, dann nickte er und griff wieder nach der Tür: „Gut, dann geh ich nochmal hoch und lasse mich feiern." - „Nichts da, du bringst mich jetzt nach Hause", lachte Harry, hielt die Krücken in einer Hand und packte Louis am Kragen. „Ooooch na gut, wenn es unbedingt sein muss", seufzte der junge Arzt gespielt genervt. Harry zog ihn mit dem freien Arm an sich und drückte ihm einen Kuss auf den Kopf.

Ins Auto einzusteigen, war nicht sonderlich einfach. Harrys Beine, ohnehin schon immer ziemlich lang, waren schwer im Fußraum des Beifahrers unterzubringen und er musste ein wenig hin und her ruckeln, bevor er endlich saß. Louis klemmte sich hinters Lenkrad und steuerte aus der Garage heraus.

3 Years • Part IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt