20. Staubiges Leder

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„Hach", er seufzte und stemmte sein Gesicht in seine Hände. Die Ellenbogen in seine Oberschenkel bohrend schüttelte er schwach den Kopf. Seine Nasenspitze leuchtete rot, genauso wie seine Lippen. „Wo soll ich anfangen?"

„Hast du nun den besten Sex unter uns allen, oder nicht?"

Amor weitete leicht die Augen und jetzt stieg ihm die Röte auch in die Wangen. „Diese Frage hätte ich eher von Cal erwartet, aber nun gut. Um es gleich aus dem Weg zu räumen: Wir schlafen nicht miteinander. Nicht das und sonst auch nichts sexuelles. Selbst knutschen tut sie nicht so gerne", er presste kurz die Lippen aufeinander. „Ich werde nächsten Sommer 18. Sie möchte warten, bis ich meinen Abschluss habe und wow, ich werde mit 18 immer noch Jungfrau sein, aber ich denke mal, es gibt schlimmeres."

Ich versuchte ihn nicht allzu überrascht anzustarren und nickte langsam. Jetzt tat es mir leid, diese blöde Frage gestellt zu haben, also versuchte ich es erneut etwas milder: „El meinte, dass ihr seit zwei Jahren zusammen seid?"

„Ja", er seufzte. „Das denkt sie wirklich, aber es stimmt nicht. Sie hat da irgendwas durcheinander geworfen, denn wir feiern bald gerade mal unser Einjähriges."

Ich betrachtete ihn stumm und nachdenklich, darum bemüht nicht noch mehr Fragen zu stellen. Er blies die Wangen auf und lehnte sich seufzend zurück.

„Du schuldest mir das hier nicht", wollte ich eben deutlich machen, doch Amor lachte nur trocken.

„Unser nicht vorhandenes Sexleben macht's wieder uninteressant, oder?"

„Denkst du das?", fragte ich mit hochgezogener Augenbraue. „Über eure Beziehung?"

„Nein", widersprach er hastig. „Nicht ansatzweise. Aber es ist mir ja schon irgendwie peinlich. Einmal habe ich mich nach dem Sportunterricht in ihre Umkleide geschlichen und sie in Unterwäsche erwischt. Seitdem haben wir ein geheimes Klopfzeichen."

Er ließ ein verbittertes Lachen hören und machte mich mit jedem Wort nur noch neugieriger. Ich wollte nicht wirklich über meine Schwester und ihr trockenes Sexleben mit ihrem Freund nachdenken, weshalb Amor guten Ersatz leistete. Keine Ahnung, ob ich das könnte, was die beiden taten... so ganz ohne.

„Aber man gewöhnt sich irgendwie dran. Wie ein altes Ehepaar", er nickte sich selbst zu und blickte mich dann amüsiert an. „Du kannst von Glück sprechen, dass du meine Schwester nagelst, denn ansonsten dürftest du nicht so schweigsam dasitzen."

Ich lachte auf. „Wie wärs mit ein paar Horrorgeschichten über meine Ex?"

Das weckte sein Interesse. „Mach mich bloß nicht eifersüchtig."

Die Augen verdrehend lehnte ich mich zurück. „Sie hat mir mal in die Hose gegriffen, als wir hinten im Wagen meines Dads gesessen haben. Naja, wir waren auf dem Weg zum Psychologen und das war das erste und letzte Mal, dass sie mich begleitet hat. Meine Jugendprobleme, die eigentlich nicht der Rede wert waren, wurden zu Eheproblemen und ich glaube, der Psycho Doc hat sich später auch bei ihren Eltern gemeldet."

Amor lachte ausgelassen und schüttelte nur den Kopf. „Heilige Scheiße. Das Wort 'Grenzen' ist ihr wohl fremd."

„Allerdings."

Er legte den Kopf leicht schief und lächelte nur noch. „Darf ich fragen, was du beim Seelenklempner gemacht hast?"

„Ich war nicht freiwillig da. Meine Eltern dachten, dass ihre Scheidung zu viel war, weil es in der Schule nicht mehr so gut lief, da ging es direkt zum Psychologen. Sie konnten nicht akzeptieren, dass ich vielleicht einfach zu blöd war."

BorderlineWhere stories live. Discover now