twenty-nine

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Der Sonnenuntergang tauchte alles in wunderbar goldenes Licht. Das Wasser spiegelte den Schein und verdoppelte somit die Schönheit des Moments. Anstatt in einem der super teuren 5 Sterne Restaurants am See zu sitzen, saßen wir auf einer Straßenbank am Wasser und aßen ein Sandwich. Ich lehnte mich an Jake und er legte den Arm um mich.

Ein vollkommen gewöhnliches Pärchen. So mussten wir aussehen, auch wenn wir alles andere waren, als „gewöhnlich".

Wir starrten auf das glitzernde Wasser, das aussah wie flüssiges Gold und schwiegen. Wir brauchten uns auch nichts zu sagen, denn wir fühlten all das, was man niemals hätte in Worte fassen können.

„Bist du fertig?", fragte Jake mich nach einer Zeit. Ich nickte und wischte mir die Hände und den Mund an einem Taschentuch ab.

„Gut, wir müssen nämlich noch was erledigen", meinte er plötzlich und zog mich hoch. Verdutzt ließ ich mich von ihm durch die Straßen Amsterdams ziehen.

„Du willst doch nicht etwa Gras kaufen oder?", fragte ich und konnte den erschrockenen und vorwurfsvollen Ton aus meiner Stimme verbannen. Ich erinnerte mich ungern an eine unserer Begegnungen nach einem meiner Konzerte.

„Nein, keine Sorge", beruhigte er mich und strich über meinen Handrücken. Ich atmete erleichtert auf. Aus zwei Gründen: Erstens, er wollte kein Grad kaufen und zweitens, er war nicht wütend auf mich, weil ich das befürchtet hatte.

„Was hast du denn vor?", fragte ich und musste mich beherrschen nicht über meine Füße zu stolpern. Der legte auch ein echtes Tempo hin.

Jake antwortete nicht. Stattdessen blieb er vor einem Mietshaus stehen. Ich runzelte die Stirn. Ein alter Freund? Oder eine alte Freundin? So ähnlich wie Dana? Mir wurde übel. Warum sollte er mich zu einer seiner Ex-Freundinnen schleppen? Das wäre absolut bescheuert und dumm und fies und so gar nicht Jake.

Ich hakte nicht erneut nach, denn ich bemerkte, dass Jake ziemlich nervös war. Und wenn ich ihn die ganze Zeit löchern würde, wäre er bloß noch genervt von mir.

Er öffnete die Eingangstür und lief zielstrebig die Treppen hoch. Ich folgte ihm ohne seine Hand loszulassen. Er blieb vor einer Wohnungstür stehen und atmete tief durch. Ich drückte beruhigend seine Hand. Egal, was ihn so nervös machte, ich war da.

Ich warf einen Blick auf das Namensschild und stutzte. Dawson? Aber Jake war doch eine Waise?

Jake klingelte und nach ein paar Sekunden wurde die Tür aufgerissen.

Der Mann war vielleicht 23 und sehr bullig gebaut. Seine Augen waren braun und die Haare hatten ein warmes dunkelblond, doch als er lächelte fiel mir die Ähnlichkeit ins Auge. Die Lippen verzogen sich genauso wie bei Jake und die Augenform war ebenfalls die gleiche.

„Jake?", fragte der Mann und starrte Jake an. Mich bemerkte er nicht, doch ich nahm es ihm nicht übel. Jake hatte behauptet er hätte keine Familie mehr, doch die hatte er.

„Shane", erwiderte Jake und ließ meine Hand los. Plötzlich umarmten sie sich fest und ich schaute gerührt weg. Das war ihre Privatsphäre und die wollte ich nicht stören.

Sie lösten sich wieder und ich entdeckte Tränen in ihren Augen.

„Kommt rein", meinte Shane und deutete in seine Wohnung. Also hatte er mich doch bemerkt. Jake blieb noch überrascht stehen. Wegen der herzlichen Umarmung? Weil er sich getraut hatte?

Ich nahm sanft seine Hand und zog ihn hinter mir her, während ich Shane folgte. Die Wohnung war ziemlich eng. So eng, dass ich mich wunderte, wie Shane durch die Türen passte.

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